55. In dem es um Sterne geht

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Wie eine Irre rieb ich mir grinsend die Hände und warf mich mit Schwung auf mein Bett, mein Laptop vor mir. Es gab wenig Momente, die ich mehr feierte, als sich nach einer Toilettenpause, die zur Unzeit kam, wieder ins Bett zu pflanzen und den Film weiter zu gucken. In diesem Fall „Herr der Ringe", mitten bei der Schlacht um Helms Klamm. Die Schreie des Todes und Verderbs nahmen gerade wieder Fahrt auf, als es an meinem Fenster klopfte. Entnervt seufzte ich auf.

Es gab nur einen Lurch, der auf die beschissene Idee kommt, mitten in der Nacht an mein Fenster zu klopfen.

Bereits mit unangenehm aggressiver Stimmung öffnete ich das Fenster. Niemand. Wirklich NIEMAND störte mich bei Herr der Ringe, ohne ernsthafte Konsequenzen. Ohne zu zögern, hüpfte Lockwood lässig in das Zimmer. „Hast du mal auf die Uhr gesehen?", schnauzte ich ihn an und sah in mein Spiegelbild, sobald ich mein Fenster wieder schloss. Ich trug einen kanariengelben Minions Schlafanzug, der mir mittlerweile an den Ärmeln viel zu kurz war. Sofort schoss mir die Hitze in die Wangen. Grinsend sah Lockwood an mir auf und ab.

„Klappe" Ergeben, doch trotzdem dämlich grinsend hob er die Hände. „Ich habe auf die Uhr gesehen, du auch?" Verständnislos über die schiere Absurdität dieser Frage, sah ich zur Uhr. 0:02 Uhr. Und? Soll ich ihm jetzt die Uhrzeiten beibringen?

„Es ist 0:02 Uhr nachts", entgegnete ich trocken, was offensichtlich war. Langsam dämmerte es mir, wieso er hier mit so einem bescheuertem, nach einer Ohrfeige förmlich bettelndem Grinsen vor mir stand. „Warte mal-", fing ich langsam an, doch er warf sich schon freudig auf mich, wie es sonst nur ein Hund tun würde. Ineinander verhakt segelten wir unsanft auf mein Bett. Wenigstens nicht der Boden.

„Alles Gute zum Geburtstag, McFlurry!" Sein Duft umhüllte mich, während er meine Organe zerquetschte. Genüsslich sog ich ihn ein. Er hatte recht. Ich habe Geburtstag und es noch nicht einmal gecheckt. Es war in letzter Zeit einfach zu viel losgewesen, um sich über sowas Gedanken zu machen. „Danke", sagte ich gerührt. Er hatte sich daran erinnert. „Könntest du deinen Revue-Körper vielleicht trotzdem von mir heben? Du malträtierst meine Innereien."

Grinsend rollte sich Lockwood von mir herunter, stand auf und ging erneut zum Fenster. Erst jetzt viel mir auf, dass dort ein quadratisches Geschenk lag. Mit einem liebevollen Grinsen reichte er es mir. Gerührt starrte ich ihn an. „Das wäre doch nicht nötig gewesen!", sagte ich, während ich mit freudigen Augen das Geschenkpapier musterte. „Doch war es", entgegnete Lockwood leichthin und streichelte mir in einer leichten Geste über den Arm. Ein altbekanntes Kribbeln breitete sich dort aus.

Seine unvergesslich goldenen Augen musterten mich. Eine Wärme breitete sich in meinem Bauch aus und ich begann langsam das Geschenk auszupacken. Ein Buch rutschte mir auf den Schoß. Es war der Sternwanderer. Eine wunderschöne illustrierte Ausgabe.

„Weißt du, was ich mich gefragt habe?" Ich hob meinen Kopf von seiner Brust. „Wenn du Autorin werden willst. Was ist dann dein Lieblingsbuch?" Strahlend lächelte ich ihn, was er sofort erwiderte. „Es ist der Sternwanderer"

Er hatte es sich gemerkt. Gerührt und geschockt zugleich öffnete ich das Buch an einer Stelle und strich mit den Fingern über die umwerfende Zeichnung. Vorsichtig legte ich das Buch beiseite und sprang Lockwood in die Arme. „Du weißt es noch" flüsterte ich selig in sein Ohr. Ich sah, wie sich eine Gänsehaut auf seinem Nacken ausbreitete und grinste. „Danke, Xander"

Er drückte mich von sich und sah mich mit großen Augen an. Xander. Der Name, den ich mir seit des Vorfalls verwehrt hatte in den Mund zu nehmen. „Natürlich nicht. Das bist doch du", flüsterte er außer Atmen.

Sanft löste ich mich von ihm. Grüne Augen trafen auf goldene. Seine Hand umschloss meine. Ich spürte etwas kaltes, metallisches, was er in sie legte. Vorsichtig sah ich hinab und öffnete meine Hand. Es war eine feine Silberkette mit einem kleinen filigranen Sternenanhänger. „Die ist für dich." Tränen schossen mir in die Augen. Er war so unfassbar süß. Zitternd gab ich ihm sie zurück und drehte mich um. Er verstand sofort und legte sie sanft um meinen Hals. Seine Finger streiften meinen Nacken und hinterließen ihre brennende Spur. Die Hitze, die von seinen Fingern ausging verbreitete sich augenblicklich in meinem gesamten Körper.

Sein Atem ging stoßweise, genau wie meiner und kräuselte meine Haare. Ich konnte die Wärme und die Aufregung spüren, die von ihm ausging. Mein Herz machte einen Satz. Ich drehte mich stürmisch zu ihm um, packte ihn am Kragen und vollendete endlich meine Lippen mit seinen.

Ein Feuerwerk explodierte in mir. Est jetzt merkte ich wie sehr ich mich nach ihm gesehnt hatte. Wie sehr ich seine Lippen auf meinen Spüren wollte. Mein gesamter Körper hatte sich nach ihm gesehnt. Mein Unterleib zog sich zusammen, als ich mich an ihn presste, wie eine Ertrinkende. Xander schien ähnlich zu fühlen, denn er klammerte seine Arme so stark um meinen Körper, als hätte er Angst, ich könnte mich sonst in Luft auflösen. Unsere Lippen bewegten sich rhythmisch aneinander. Er war alles, was für mich in diesem Moment zählte. Er war alles, was sich in meinen Gedanken befand.

Xander Lockwood. Mein Xander Lockwood. Seine Zunge stupste an meine Lippen und bat um Einlass. Ich gewährte, ohne zu zögern. Seine Zunge schob sich in meinen Mund und begann ein Spiel mit der meinen. Wir waren wie Blitz und Donner.

Schnappend holten wir Luft, sobald wir uns lösten. Erstaunt sah ich in seine Augen. War das gerade wirklich passiert? Seine Pupillen waren geweitet und seine Atmung ging schnell. Meine Atmung, die genauso schnell ging, prallte gegen seine. „Versprich mir, dass wir nie wieder sowas durchstehen müssen!", flüsterte ich. „Ich verspreche es" Er zog mich zu sich. Diesmal zu einem kurzen und unglaublich sanften Kuss.

Sobald wir uns lösten, brachen wir in Lachen aus. Ein berauschendes Glücksgefühl, dass mein Gehirn fernab von jeglicher Realität schweben lässt, durchfuhr mich. Ich konnte einfach nicht anders, als vor Freude zu lachen, genau wie Xander. Als sich unsere Atmung wieder beruhigte, strahlte er mich überglücklich an. „Wärst du ein Stern, wäre ich dein Sternwanderer!".
Lachend schlug ich ihm auf die Schulter, auch wenn das der beste Anmachspruch war, den ich je bekommen hatte.

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