Nathan und Sami schlenderten durch die Straßen der Stadt, die im sanften Licht des späten Vormittags lag. Es war ein ruhiger Tag. Die Straßen waren nur schwach belebt. Die wenigen Menschen, die ihnen entgegenkamen, waren in Gespräche vertieft oder schlenderten. Nathan führte sie durch versteckte Gassen und kleine Plätze, die Sami kaum kannte. Er erzählte ihm Geschichten über die Gebäude und deren Geschichte. Das gab ihm ein Gefühl von Leichtigkeit und Geborgenheit.
Die beiden blieben an einem kleinen Brunnen stehen. Dessen Wasser sprudelte in sanften Bögen und verstärkte die Ruhe der Umgebung. Sie lehnten sich an das steinerne Becken. Sie genossen die frische Luft und die Nähe zueinander. Die Stadt um sie herum schien leiser zu werden, wie eine Kulisse, die sich nur für sie beide aufstellte.
Sami sah Nathan, der verträumt ins Wasser starrte. Sie musste lächeln. Er war fasziniert von dieser neuen Seite an Nathan. Er war entspannt und nachdenklich, als hätte er endlich Zeit gefunden, einfach nur da zu sein.
Nathan schien seinen Blick zu spüren, denn er drehte sich zu ihm um und lächelte ebenfalls, seine Augen hell und wach. „Woran denkst du?" fragte er leise. Sami bemerkte, dass Nathan ihn nun neugierig und interessiert musterte.
„Ich kann es immer noch kaum glauben, hier mit dir zu sein," gab Sami zu. Sein Herz schlug schneller, als Nathan seine Hand leicht drückte. Es war ein ruhiger, vertrauter Moment. Doch, eine Spannung lag in der Luft. Es schien, als würden sie beide langsam erkennen, wie tief ihre Gefühle wirklich waren.
Nathan nickte leicht. Er wollte etwas sagen, hielt aber inne. Er sah Sami an, als würde er nach Worten suchen, die seine Gefühle ausdrücken könnten. Nach einer Weile sagte er leise: „Ich habe so etwas wie das hier nie gesucht – oder erwartet."
„Ich auch nicht," erwiderte Sami. Dann sah er zum Wasser, das in winzigen Wellen das Licht reflektierte. „Vielleicht ist das der Grund, warum es sich so... echt anfühlt."
Nathan nickte langsam, und in seinen Augen lag ein sanftes, verstehendes Lächeln. „Weißt du, manchmal frage ich mich, ob es das ist, wonach ich all die Jahre gesucht habe, ohne es zu wissen. Eine Art zuhause – ein Ort, an dem ich einfach... ich selbst sein kann."
Sami lächelte leicht, und er fühlte, wie sich eine warme Zufriedenheit in ihm ausbreitete. Es war das erste Mal, dass er das Wort „Zuhause" in diesem Zusammenhang hörte, und es traf etwas in ihm. Für einen Moment sagte keiner von ihnen etwas. Das Schweigen war weder unangenehm noch unsicher. Es war ein stiller Ausdruck von Akzeptanz.
„Möchtest du weitergehen?" fragte Nathan schließlich und bot ihm seine Hand an. Sami nahm sie. Sie setzten ihren Spaziergang fort. Sie genossen die kleinen, nahen Momente, ohne Eile und ohne Ziel. Sie gingen nebeneinanderher, die Hände fest verschlungen. Obwohl sie nur durch die Straßen schlenderten, fühlte sich der Weg wie eine Reise an. Eine Reise, auf der sie einander immer näherkamen.
Am frühen Nachmittag kehrten sie in ein kleines Café ein. Dessen Fensterfronten waren mit Pflanzen und bunten Lichtern geschmückt. Drinnen war es gemütlich. Alte Holzstühle standen herum. Ein leichter Duft von Kaffee und frischen Croissants lag in der Luft. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch am Fenster. Dann bestellten sie Kaffee und ein paar Kleinigkeiten zu essen.
Während sie auf ihre Bestellung warteten, lehnte sich Nathan zurück. Er betrachtete Sami nachdenklich. „Ich habe das Gefühl, dich besser zu kennen, als ich sollte," sagte er schließlich leise, verwundert. „Und gleichzeitig frage ich mich, wie viel du noch vor mir verbirgst."
Sami lächelte, leicht verlegen, und sagte: „Vielleicht mehr, als du denkst." Doch, er sprach verspielt. Er spürte, dass er sich vor Nathan öffnen könnte, wenn er wollte – wenn die Zeit dafür reif war. Es war, als würden sie beide einander noch immer entdecken, ohne die Eile, alles auf einmal zu wissen.
„Dann lass uns Zeit haben," sagte Nathan. Er hatte, als hätte er Sami Gedanken erraten. In seiner Stimme lag eine Geduld, die Sami überraschte. „Wir müssen nichts überstürzen."
Sami nickte, und in ihm wuchs das Gefühl von Vertrauen. Die Spannung zwischen ihnen war da, aber nicht bedrückend. Sie war wie eine Melodie, die leise im Hintergrund spielte. Ein langsames, behutsames Näherkommen.
Als ihre Bestellung kam und sie über Literatur und Kunst sprachen, fühlte Sami eine tiefe Verbundenheit. Es war eine stille Übereinkunft, die ganz ohne Worte auskam. Nathan wollte ihm zuzuhören, wirklich zuzuhören. Jede seiner, auch banalen, Geschichten sollte wichtig sein. Sami fand sich selbst dabei, wie er lachte und erzählte, freier und offener, als er es sonst je getan hätte.
Als sie später das Café verließen, war die Sonne tiefer gesunken. Der Abend legte sich langsam über die Stadt. Sie gingen noch eine Weile schweigend nebeneinanderher. Sie genossen die Ruhe des Augenblicks. Schließlich standen sie wieder vor Nathans Wohnung.
Nathan drehte sich zu Sami um, seine Hand lag leicht auf dessen Schulter. „Es war ein guter Tag," murmelte er, und in seinem Blick lag eine sanfte Wärme.
„Ja," erwiderte Sami, seine Stimme leise, als würde er einen besonderen Moment nicht stören wollen. „Es war ein sehr guter Tag."
Nathan zögerte, und dann zog er Sami sanft zu sich, legte seine Arme um ihn und hielt ihn für einen Moment fest. Es war eine Umarmung voller Zuneigung und Vertrauen. Sami lehnte sich gegen ihn, ließ sich für einen Moment fallen. Er wusste, dass er hier willkommen war.
„Bleibst du?" fragte Nathan leise, mit unsicherer Stimme.
Sami sah ihn an. Sein Herz schlug schneller, aber nicht aus Angst. Es war der Wunsch, mit Nathan hier zu sein. „Ja," antwortete er schließlich und schenkte ihm ein kleines, scheues Lächeln.
Hand in Hand traten sie in Nathans Wohnung, die Tür schloss sich hinter ihnen, und die Welt draußen verblasste. Die Spannung und das Verlangen zwischen ihnen lagen in der Luft. Doch es ging nicht um Leidenschaft oder Begehren. Es war das Gefühl, das sie suchten: Zugehörigkeit und Vertrauen.
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Whisper of the Scars
Romance⚠ Trigger Warnung ⚠ Diese Geschichte ist nichts für schwache Nerven. Sie entführt dich in die dunklen Abgründe der Seele, wo Schmerz, Sehnsucht und Angst ein gefährliches Spiel treiben. Inhalte, die dich triggern könnten: Tiefe emotionale Isolation...