Der Morgen brach durch die Fenster mit einem kühlen, grauen Licht. Sami saß am Küchentisch, eine Tasse Kaffee in den Händen, während Nathan still vor ihm stand. Sie hatten nicht viel gesprochen, aber die Atmosphäre zwischen ihnen fühlte sich nicht mehr so zerbrechlich an.
„Du hast letzte Nacht nicht weggesehen," bemerkte Nathan schließlich, leise, aber bestimmt.
Sami sah ihn an, seine Finger um die heiße Tasse gespannt. „Ich wollte es nicht," sagte er schlicht.
Nathan nickte, trat näher und zog sich einen Stuhl heran. „Das ist ein Fortschritt."
Ein leichtes Lächeln huschte über Samis Gesicht. „Du redest, als wäre ich ein Projekt."
„Vielleicht bist du das auch," entgegnete Nathan, ein Hauch von Neckerei in seiner Stimme. „Aber ein interessantes."
Der Tag zog sie hinaus in die Stadt. Nathan hatte entschieden, dass sie mehr tun mussten, als nur in stillen Räumen zu sitzen und zu reden. „Du brauchst Bewegung, Sami. Ein Ziel."
„Ein Ziel?" wiederholte Sami skeptisch. „Ich habe eins – nicht verrückt werden."
„Das zählt nicht," antwortete Nathan trocken und zog ihn einfach mit.
Sie landeten in einem Trampolinpark – ein Ort, der so absurd war, dass Sami zunächst nur fassungslos dastehen konnte. „Das ist dein Plan?"
Nathan zuckte die Schultern. „Manchmal muss man sich selbst aus dem Gleichgewicht bringen, um es wiederzufinden."
Sami wollte widersprechen, aber Nathan war bereits auf einem der Trampoline und winkte ihm zu. „Komm schon, Angsthase. Oder willst du mich hier allein lassen?"
Sami biss die Zähne zusammen, stieg schließlich widerwillig auf das Trampolin und sprang. Anfangs ungelenk, dann etwas sicherer. Nathan lachte laut, und zum ersten Mal seit Tagen spürte Sami eine leichte, unbeschwerte Freude. Es war kein großer Moment, aber es fühlte sich anders an – wie ein Anfang.
Später am Abend saßen sie in Nathans Auto, der Motor noch aus. Die Dunkelheit hüllte sie ein, nur die Lichter der Straße spiegelten sich in der Windschutzscheibe. Sami hatte die Arme vor der Brust verschränkt, während Nathan ihn beobachtete.
„Du warst gut heute," sagte Nathan.
„Es war ein Trampolinpark," entgegnete Sami trocken. „Nicht gerade eine Heldentat."
Nathan drehte sich zu ihm, sein Blick ernst. „Es war mehr als das. Du hast dich auf etwas eingelassen, ohne dich zurückzuziehen. Das ist keine Kleinigkeit."
Sami schwieg, starrte aus dem Fenster. „Manchmal frage ich mich, warum du das überhaupt machst," murmelte er schließlich.
„Weil ich es will," antwortete Nathan schlicht. „Weil ich sehe, dass da etwas in dir ist, das mehr will – auch wenn du es dir selbst nicht eingestehst."
Sami spürte die Wärme in Nathans Worten, aber auch die Schärfe. Es war keine Einladung zur Diskussion, sondern eine Tatsache. Er atmete tief durch und sah Nathan schließlich an. „Und wenn ich dich enttäusche?"
Nathan lächelte leicht. „Dann enttäuschst du mich. Aber ich bleibe trotzdem."
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Whisper of the Scars
Romance⚠ Trigger Warnung ⚠ Diese Geschichte ist nichts für schwache Nerven. Sie entführt dich in die dunklen Abgründe der Seele, wo Schmerz, Sehnsucht und Angst ein gefährliches Spiel treiben. Inhalte, die dich triggern könnten: Tiefe emotionale Isolation...