Kapitel 26

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Nathan stand auf, sein Atem flach, seine Bewegungen zielgerichtet. „Bleib hier," sagte er und verschwand in Richtung der Küche. Sami lehnte sich in die Couch zurück, seine Finger noch immer um den Stoff seines eigenen Pullovers gekrallt, als könnte er sich selbst davon überzeugen, nicht aufzustehen und wegzulaufen.

Nathan kam zurück – ein Glas Wasser in der Hand. Doch es war nicht nur das: Seine Haltung war anders. Selbstbewusst, kontrolliert. Er stellte das Glas auf den Tisch und setzte sich wieder neben Sami, diesmal näher.

„Das war ein Anfang," sagte er ruhig. „Aber wir müssen herausfinden, was das bedeutet."

Sami wich seinem Blick nicht aus. „Ich will es herausfinden," erwiderte er, die Worte schärfer, als er es beabsichtigt hatte.

Nathan lächelte, aber es war kein sanftes Lächeln. Es war ruhig, fast herausfordernd. „Gut. Dann fangen wir an."

Der nächste Abend brachte sie in ein Restaurant, das Nathan ausgesucht hatte – ein Ort mit dunklen Holztischen und gedämpfter Beleuchtung, weit weg von Samis üblichem Terrain. Nathan bestellte Rotwein für sie beide, während Sami sich unruhig auf seinem Stuhl bewegte.

„Du bist nervös," stellte Nathan fest, als der Kellner die Gläser brachte. „Bin ich nicht," log Sami, nahm einen Schluck Wein und verzog unwillkürlich das Gesicht.

„Du trinkst keinen Rotwein," bemerkte Nathan, seine Stimme ruhig, aber aufmerksam.

„Nein," gab Sami zu, stellte das Glas ab und faltete die Hände auf dem Tisch. „Aber du wolltest ihn. Also dachte ich..." Er brach ab, ärgerte sich über seinen Versuch, Nathan zu gefallen.

Nathan lehnte sich zurück, seine Augen fixierten Sami. „Hör auf, mich zufriedenstellen zu wollen. Wenn du Rotwein hasst, bestell was anderes."

Sami wollte protestieren, doch die Schärfe in Nathans Stimme ließ ihn innehalten. Nathan hob die Hand, rief den Kellner zurück und bestellte ein anderes Getränk für ihn. Die Szene war so beiläufig, aber das Gefühl, dass Nathan ihm Raum gab, schnürte Sami die Kehle zu.

„Besser?" fragte Nathan, als der Kellner weg war.

„Ja," sagte Sami leise. „Danke."

Nach dem Essen führten ihre Schritte sie an den Fluss, die Nacht kühl und klar. Sami zog seine Jacke enger um sich, während Nathan neben ihm ging, die Hände tief in den Taschen.

„Du wolltest das Herausfinden," begann Nathan schließlich. „Was bedeutet Nähe für dich, Sami? Was willst du von mir?"

Die Frage ließ Sami innehalten. Er blickte auf das Wasser, das in der Dunkelheit glitzerte. „Ich weiß es nicht. Nicht wirklich. Ich glaube, ich will einfach jemanden, der bleibt."

Nathan nickte langsam, trat einen Schritt näher und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich bleibe. Aber das reicht nicht, wenn du nicht auch bleibst."

Sami drehte sich um, sein Blick traf Nathans. Er wollte antworten, wollte sagen, dass er es versuchen würde, doch die Worte kamen nicht. Stattdessen trat er zurück, wandte sich wieder dem Fluss zu.

Nathan ließ ihn gewähren, trat an seine Seite, und die Stille, die folgte, war nicht bedrückend, sondern wie ein unausgesprochenes Einverständnis.

Zurück in Nathans Wohnung veränderte sich die Atmosphäre. Sami saß am Küchentresen, Nathan vor ihm, und die Spannung war greifbar.

„Du bist kompliziert," sagte Nathan plötzlich. Es war keine Anklage, eher eine Feststellung.

Sami lachte trocken. „Kommt darauf an, wen du fragst."

„Ich frage dich," entgegnete Nathan. Seine Stimme hatte einen schärferen Ton, und Sami fühlte, wie sich seine Schultern anspannten. „Ich will wissen, was du von mir willst. Nicht heute. Nicht morgen. Was willst du langfristig?"

„Ich weiß es nicht," platzte Sami heraus. „Warum drängst du mich so?"

Nathan trat näher, stützte sich mit beiden Händen auf dem Tresen ab und sah ihm in die Augen. „Weil ich keine halben Sachen mache. Und du?" Seine Stimme war leiser geworden, gefährlich ruhig. „Machst du halbe Sachen, Sami?"

Sami hielt dem Blick stand, fühlte, wie die Spannung zwischen ihnen unerträglich wurde. „Ich... ich will keine halben Sachen," sagte er schließlich, und die Worte fühlten sich wie eine Kapitulation an.

Nathan musterte ihn noch einen Moment, dann trat er zurück, schüttelte den Kopf und lachte leise. „Das ist zumindest ein Anfang."

Später in dieser Nacht, als die Dunkelheit sie beide umhüllte und die Stadt um sie herum schlief, saßen sie schweigend auf der Couch. Nathan hatte einen Arm über die Rückenlehne gelegt, seine Finger spielten gedankenverloren mit einer Haarsträhne von Sami.

„Du denkst zu viel," sagte er schließlich, seine Stimme ruhig, aber bestimmt.

Sami blickte auf, wollte widersprechen, doch Nathan schüttelte nur den Kopf. „Hör auf, dir selbst im Weg zu stehen."

„Und wie mache ich das?" fragte Sami leise, fast trotzig.

Nathan lehnte sich näher, bis ihre Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. „Lass los."

Sami spürte, wie sein Atem stockte. „Das klingt einfacher, als es ist."

„Es ist einfach," entgegnete Nathan und legte eine Hand an Samis Wange. „Du musst nur aufhören, dagegen anzukämpfen."

Sami wollte etwas erwidern, doch Nathans Kuss erstickte die Worte. Diesmal war es keine Provokation, kein Test. Es war ehrlich, sanft, eine Einladung. Und Sami nahm sie an.

Whisper of the ScarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt