Kapitel Zwei - Wie sagt man noch gleich?

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Meine Hand zitterte etwas als ich Diana in meiner gefühlt tausend Kilometer langen Kontaktliste suchte. Ob das die Aufregung war oder der Alkohol wusste ich nicht und ehrlich gesagt wollte ich es auch gar nicht wissen. Ich war mir nicht mal sicher was von beidem mir mehr Angst machen sollte. Viel mehr zu kämpfen hatte ich allerdings mit dem Gedanken an die Zukunft. Wie sollte es für mich weitergehen? Würden mich die Leute auch in 5 Jahren noch sehen wollen? Auch dann, wenn ich alt und grau war? So ganz abwegig war der Gedanke ja gar nicht, wenn ich an meinen leicht ergrauenden Bart dachte. Ich hoffte schon lange, dass mir das Altwerden mit der Zeit leichter fallen würde. Davon merkte ich allerdings noch nicht so viel. Nachdenklich sah ich mich in dem inzwischen schwarzen Handybildschirm an und fuhr mir über meinen Bart, der in den letzten Tagen auch nicht die notwendige Pflege erhalten hatte, wie ich bemerkte. Aber wen interessierte das jetzt schon? Abwesend schaltete ich das Display wieder ein und mein Blick fiel wieder auf meine Kontaktliste. Der Gedanke an Diana erinnerte mich an die Drehzeit von Doctor's Diary. Ich fühlte mich in diese ungezwungenen Dialoge zurückversetzt, die ich damals mit Diana hatte führen können. Jetzt jedoch hatte ich nicht das Gefühl, in der Lage zu sein ganz frei mit ihr zu sprechen. Ich fühlte mich ertappt. Beobachtet und ertappt. An jedem Ort und zu jeder Zeit. Es war als hätte ich ein ganz großes Geheimnis. Und das Schlimme war: Ich kannte es selbst nicht. Ich wusste selbst nicht genau was mich bedrückte und wer mir helfen konnte. Viele Leute dachten, dass es toll wäre bekannt zu sein. Viel Geld, viele Fans, viel Spaß, viele Events. Viel, viel, viel... Doch manchmal ist weniger einfach mehr. Ich sehnte mich nach weniger Trouble, weniger Stress und dafür nach mehr geregeltem Alltag, Familie und Privatsphäre. Ich konnte den ganzen verständnislosen Menschen nicht einmal etwas vorwerfen. Ich war ja früher selbst nicht anders gewesen, vor Doctor's Diary. Die Serie war für mich inzwischen zu einer Art D-Day geworden. Ab diesem "Tag" hatte ich die volle Breitseite eines höheren Bekanntheitsgrades zu spüren bekommen. Wie hatte ich mir auch einreden können, dass Prominenz eine Sache ist, die nur Vorteile bot? Es wäre jedenfalls das allererste Mal gewesen, dass es an etwas nichts auszusetzen gab. Im Grunde sollte ich mich nicht beklagen. Es hätte mich auch schlimmer treffen können. Ich war selbst überrascht von diesem plötzlichen Ausbruch aus meinem Selbstmitleid, aber schließlich musste ich mich ja schonmal auf ein selbstbewusstes Telefonat mit Diana einstellen. Telefonieren stellte immerhin eine gewisse Distanz her. Ich war weder alleine noch in Gesellschaft, wobei ich dann doch eher allein war, wenn ich mal so darüber nachdachte. Plötzlich war ich auf irgendeine Art und Weise bereit Diana von meinen Problemen zu erzählen. Es jedenfalls zu probieren, meinen Gedanken verbalen Ausdruck zu verleihen und meiner Einsamkeit einen Strich durch die Rechnung zu machen. Irgendwie wusste ich zwar selbst nicht, was eigentlich mein Problem war, aber man konnte dem Ganzen doch auch einfach mal ein bisschen waghalsig gegenübertreten und spontan nach den richtigen Worten suchen. Ich war nie einer von diesen durchgeknallten Leuten gewesen, die sich jedes Wort und jede Wendung eines Telefonates zurechtlegten. In der letzten Zeit hatte ich aber mehr und mehr begonnen mich auf mögliche Reaktionen meines Gesprächspartners vorzubereiten, nur um nicht völlig neben mir zu stehen, wenn ich eine unerwartete Antwort bekam. Aber im Gegensatz zu diesen Presseleuten, mit denen ich sonst telefonierte, würde Diana ja wohl kaum ihren Notizblock zücken und alles domumentieren, was ich sagte, nur um sich dann in irgendeinem Klatschmagazin das Maul darüber zu zerreißen. Ok, genug nachgedacht, eh schon zu viele Gedanken an unnützes Zeug verschwendet...vielleicht...oder auch nicht. Gut, wenn ich jetzt noch länger warten würde, würde ich vermutlich morgen noch hier sitzen. Mit einigen leeren Flaschen auf dem Tisch, einem mindestens genauso leeren Handy in der Hand und mit viel zu vielen Gedanken im Kopf. Ich nahm also all meinen Mut zusammen und wählte Dianas Namen aus. Natürlich ging das alles deutlich schneller als dann, wenn man es wirklich eilig hatte. Es war ja immer dasselbe. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich sofort dieses nervenaufreibende Wählen hören würde und ehe ich mich versah war es auch schon wieder verstummt. Stattdessen hörte ich eine abgelenkte Frauenstimme. Diana, würde ich mal ganz stark behaupten. Hätte ich mir mal doch lieber länger Gedanken gemacht. Super...mal wieder alles richtig gemacht. Irgendwie war ich mit der Situation überfordert, aber ich versuchte erneut entgegen meiner Gemütslage zu handeln und meldete mich mit einem aufgeweckten "Hey Diana, du hattest angerufen?".
Sagte man doch so, oder?

Soll ich mal pusten? (Florian David Fitz FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt