Kapitel Dreißig - Schock

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Das Dröhnen des Flugzeugs drückte schon vor dem Start auf meine Ohren. Die letzten Fluggäste schoben sich durch die Gänge und nahmen hastig ihre Sitzplätze ein. Die einen waren gerade erst in die Maschine gestolpert, andere suchten verzweifelt den richtigen Platz. Das alles zog an mir vorbei, während ich abwesend aus dem Fenster starrte. Der Dreh hatte mir ganz schön zugesetzt. So etwas unprofessionelles hatte ich an einem Set noch nie erlebt. Schwerwiegende Drehbuchänderungen am Drehort, Erpressung mit unterschrieben Verträgen und das nur, um zwei Schauspieler zu einem Kuss zu zwingen. Na gut, hat ja funktioniert und ich will nicht sagen, dass es mir nicht gefallen hat, Florian ganz legal noch einmal küssen zu dürfen. Jetzt würde ich wieder zurück fliegen in die Geborgenheit meiner Familie und das sichere Miteinander. Und das war auch gut so. Ich merkte, wie ich versuchte, den Kuss zu verdrängen. Machte man sowas nicht nur dann, wenn es einem viel bedeutet hatte? Florians Gesicht nach dem "Danke aus!" hätte man als Werbebild für ein Romantik-Wochenende verwenden können, nach dem man sich unheimlich sehnt. Wahrscheinlich hatte auch ich ziemlich verwirrt aus der Wäsche geguckt und ich weiß nicht einmal warum. Ich hatte gedacht, ich wäre über die damaligen Schwärmereien für Florian hinweggewesen. Alles Grübeln hatte keinen Sinn. Es würde alles so bleiben, wie es war und das war auch der beste Weg, um eine sichere Zukunft zu haben. Um mit den Stunden von Gedanken-Wirrwarr abzuschließen, nahm ich die Klatsch-Zeitschrift zur Hand, die ich mir kurz vor Abflug noch für viel zu viel Geld gekauft hatte. Eigentlich hielt ich nichts von dieser Art von Medium, weil sowieso 80% gelogen und erfunden war. Ich überflog das Inhaltsverzeichnis dennoch. Schließlich würde ich bei einem Inlandsflug nicht annähernd genug Zeit haben, um den ganzen Mist komplett durchzulesen und mir rundherum meine eigene Meinung zu stricken. Meine Augen blieben auf einem Artikel kleben. Wie Fliegen an diesen abartigen Klebestreifen, die als Fliegenfänger verkauft wurden. Das hatte ja gut geklappt, mit dem Abschließen. "FLORIAN DAVID FITZ MIT FREUNDIN" Was hatten die aus den Bildern vom Dreh gemacht? Welche verdrehten Artikel würden jetzt wieder in aller Munde sein? Was würde Arne von solchen Schlagzeilen halten? Unglaublich! Wie unverschämt das war. Ich musste den Artikel lesen. Sonst hatte ich mich bewusst von alledem ferngehalten, weil es mir nicht guttat. Aber jetzt konnte ich mich nicht zurückhalten. In mir fing schon alles an zu kribbeln. Presse und Informationsverbreitung war die eine Seite, aber wenn Informationen derart verdreht wurden, hatte ich dafür kein Verständnis. Vor allem dann nicht, wenn es mich selbst oder gute Freunde betraf, was nun vermutlich beides der Fall war. Ich sah mich kurz um, um sicher zu gehen, dass mich niemand beobachtete, wenn ich einen Artikel über mich selbst laß. Dann schlug ich die Seite auf. Was ich sah, erschreckte mich. Kein einziges Bild von mir. Zum Glück. Aber eine ganze Bildersammlung von Florian mit einem anderen Mädchen. Viel zu jung für ihn. Das konnte gar nicht stimmen. Ich laß die wenig informativen Textzeilen. Der ganze Artikel bestand nur aus einzelnen Sätzen, die mir einzig und allein die Information mitteilten, dass Florian eine Freundin hatte und sie jetzt nicht mehr hatte. Der Grund dafür sei ein Kuss mit einer anderen Frau. Viel mehr Platz als der Text nahmen die Bilder ein, die in einer enormen Größe abgedruckt waren und mir damit einen ordentlichen Stich versetzten. Florian stand an einer Haustür und küsste dieses Mädchen unheimlich innig und verliebt. Das nächste Bild zeigte ihn, wie er ihr nachsah und der Abschied ihn beinahe zerriss. Auf noch einem anderen Bild sah man das Mädchen allein zusammengekauert auf einem Bett und bitterlich weinend. Sie wirkte furchtbar verletzt und in einer sehr privaten Situation abgelichtet. Ich suchte nach dem Journalisten, der solche Fotos aufnahm und abdrücken ließ. Ganz unten in der Ecke stand fast unlesbar klein "Leila Ammer". Sagte mir gar nichts, aber ihr Artikel verrührte einmal ganz kräftig meine gesamte Gedankenwelt. Brachte Florian in den Vordergrund, zusammen mit meinen Gefühlen zu ihm und der bröckelnden Ehe mit Arne. Mein Herz schlug schneller. Ich wusste nicht mehr was ich glauben konnte und was nicht. Hektisch sah ich mich um. Mir war übel. Mit nassen und zitternden Händen öffnete ich meinen Sicherheitsgurt und stolperte wie in Trance zur Bordtoilette. Normalerweise vermied ich den ungemütlichen und erdrückenden Metallkasten, aber ich konnte nicht mehr sitzen. Musste die Bilder erst einmal verarbeiten. Sacken lassen, was ich gerade gesehen hatte. Ich stützte meine Hände auf den kalten Rand des Waschbeckens und sah mich in den winzigen Spiegel an. Alle Farbe war mir aus dem Gesicht gewichen und mich sag eine Frau an, die völlig zerstört war. Warum nahm mich das so mit. War es, weil mir Florian so leid tat? An solchen Schlagzeilen hing immer so ein langer Rattenschwanz an Problemen. Und das in einer emotionalen Ausnahmelage. Ehrlich gesagt glaubte ich aber eher, dass mein Körper so verrückt spielte, weil ich unglaublich eifersüchtig auf dieses Mädchen war. Der bloße Gedanke an Florian ließ Schmetterling in meinem Bauch flattern, bis die Bilder, die sich in meinen Kopf einbrannt hatte, sie alle zerschlug und vertrieb. Plötzlich wurde mir eiskalt. Die Schweißperlen in meinem Nacken erkalteten. Ich bekam eine Gänsehaut und mir ging es auf einmal noch schlechter. Mein Kopf dröhnte und schmerzte. Meine Finger zitterten. Ich wusste nicht, was mit mir los war. Blitzschnell drehte ich mich Richtung Toilette, übergab mich und entleerte mich dabei sämtlicher Gedanken, die auf mir gelastet hatten. Mir ging es schon etwas besser. Ich richtete mich wieder auf, benetzte mein Gesicht mit ein wenig Wasser und spülte meinen Mund aus. Ich warf mir einen letzten aufmunternden Blick zu. Schließlich sollten die Leute ja nicht denken, dass es mir total schlecht ging. Was ja genau genommen auch stimmte. Ich musste unbedingt mit Florian reden. Solche Medien-Geschichten sollte man nie einfach so glauben. Sonst wäre ich genau, wie all die kreischenden Fangirls, die jetzt wahrscheinlich komplett druchdrehten. Erschöpft aber etwas zufriedener ließ ich mich auf meinen Sitz fallen und warf der Frau neben mir einen unauffälligen, freundlichen Blick zu. Hoffentlich hatte sie nicht gemerkt, wie durcheinander ich gewesen war. Aber eigentlich war es mir egal. Ich wollte nur, dass der Flug schnell vorbei war und ich Florian anrufen konnte. Ein Kribbeln zog sich bei dem Gedanken durch meinen Körper und ich fragte mich wieder, ob es nicht eher etwas mit meinen Gefühlen zu Florian zu tun hatte als mit seinen Problemen. Einfache Antwort: Es musste letzteres sein. Anders ging es ja gar nicht. Ich war verheiratet, also bitte? Ich war glücklich und daran würde auch ein einfacher Zeitungsartikel nichts verändern. Na gut, das sagte ich vielleicht nur, weil es in meinem Kopf vernünftig klang.

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Hey 😊
Ich bin gerade in Stockholm und habe hier das Kapitel geschrieben. Ich hoffe es ist trotzdem ok geworden, auch wenn ich meine Notizen zu Hause vergessen habe. Schreibt mir gern ein Kommentar. Wer es noch nicht mitbekommen hat: das hier ist übrigens aus Dianas Sicht geschrieben.
Euch wünsche ich einen schönen Tag 🐼
Liebe Grüße ✨

Soll ich mal pusten? (Florian David Fitz FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt