Entspannt, aber etwas müde wachte ich den nächsten Morgen auf. Draußen war es noch ziemlich dunkel und das Zimmer lag in kalter Stille. Ich konnte gerade so viel sehen, dass es reichte, um meine unmittelbare Entfernung zu erkennen. Mariella lag neben mir und war gerade dabei, ihre Decke noch ein gutes Stück Richtung Nase zu ziehen und dann wieder in einen unschuldigen Schlaf zu fallen. Ich blieb ruhig liegen, sah sie nur an und genoss den Moment. Ich versuchte auch noch etwas Schlaf zu finden, doch meine Gier nach ihrer Schönheit hielt mich davon ab. Ich zwang mich dazu die Augen trotzdem zu schließen. Wollte ja nicht wie ein Stalker wirken. Ich war kurz davor, noch einmal einzuschlafen, da spürte ich einen zarten Atem auf meinen Lippen. Nur wenig später berührten Mariellas Lippen meine und gleichzeitig setzte mein Herz für einen Moment aus. Ihre Nähe erfüllte mich und ich sehnte mich nach mehr. Mehr Küssen, mehr Liebe und mehr von diesem Gefühl der Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Nach einer Weile, in der all meine Wünsche vorerst erfüllt worden, zwang ich mich aus dem Bett. Nur der Gedanke daran, Mariella mit einem Frühstück im Bett zu verwöhnen, spornte mich an, motiviert in den Tag zu starten. Ich hauchte Mariella noch einen zarten Kuss auf die Stirn, mit dem ich mich ins Bad und sie in einen morgendlich leichten Schlaf verabschiedete. Inzwischen war es schon hell draußen, aber dennoch sehr verhangen. Wie schnell man die Zeit vergessen konnte, wenn alles andere wichtiger und hell strahlend war. Wie einfach es war, sich aus der Realität zu träumen, ohne dabei auch nur den Anflug eines schlechten Gewissens zu spüren. Ein Gefühl der Ruhelosigkeit. Eine penetrante Stimme, die einem alle Pflichten immer wieder in den Hinterkopf rief. Wie gut es mit den richtigen Menschen klappte, all das auszublenden. Ich benetzte mein Gesicht mit etwas kaltem Wasser und zog mir einen weiten Pullover mit einer einfachen Jeans an und stellte mich damit auf einen typischen Sonntag ein. In der Küche erwartete mich - wie immer - gähnende Leere und das Einzige, was ich finden konnte, waren zwei Aufbackbrötchen und ein angefangenes Glas Marmelade. Nun gut, die einfachen Dinge des Lebens konnten manchmal noch viel größere Zauber erzeugen als der ganze Luxus. Aus einer schrecklichen Gewohnheit heraus und vielleicht auch in der Hoffnung auf sinnvolle Post warf ich noch einen Blick in den Briefkasten. Ich war tatsächlich ziemlich überrascht als ich daran einen großen, braunen Umschlag fand. Der Absender verriet mir, dass es sich um die Arbeitsvereinbarungen für die Dreharbeiten handelte. Mit meinen Marmeladenbrötchen, der Post und zwei Tassen Kaffee betrat ich das Schlafzimmer und wartete darauf, dass Mariella von dem - mehr oder weniger - verlockenden Geruch geweckt wurde. Es dauerte nicht lange und sie schlug ihre tiefbraunen Augen auf und fuhr sich durch ihre langen Locken. Ein verschlafenes Lächeln folgte einem unterdrückten Gähnen und ich war erleichtert, dass nicht ich hatte den Wecker spielen müssen. Ich schaltete den Fernseher ein und lehnte mich tiefenentspannt an das hohe Kopfteil des edelen Bettes. Schneller als ich "Valentinstagsgeschenk" hätte sagen können, lag Mariellas Kopf auf meiner Schulter und sie stieß einen erleichterten Atemstoß aus. Den restlichen Tag verbrachten wir damit, zu kuscheln, zu küssen und zu reden. Ganz ohne peinliche Stille und mit viel angenehmem Schweigen. Wir konnten reden und schweigen, vertrauen und hinterfragen, unsicher sein und lieben. Mariella hatte mein vollstes Vertrauen und deshalb war sie es, der ich den Arbeitsvertrag zu lesen gab und einen Teil meiner Entscheidung überließ. Ehrlich gesagt, hatte mich die Firma schon gut genug überredet, aber Mariellas Meinung gab dem ganzen das I-Tüpfelchen, ein unwiderstehliches Sahnehäubchen. "Wenn es dich weiterbringt, mach das. Klingt doch nicht schlecht." sagte sie professionell und schaute furchtbar konziert auf den Papierkram, was sie unfassbar heiß wirken ließ. Vom Glück übermannt gab ich ihr einen überschwänglich Kuss, bevor ich die Papiere unterschrieb.
Es lief gut die nächste Zeit. Ich wurde nur selten von Fans angesprochen, was einfach daran lag, dass sich hier nur sehr wenige Menschen herumtrieben, noch dazu im Winter. Die Ruhe tat mir gut und gab mir Kraft. Ich freute mich trotzdem auf die Dreharbeiten im Frühjahr. Anfang März würde ich endlich wieder vor einer Fernsehkamera stehen und das gab mir eine ganz andere Motivation als ich sie von der quirligen Mariella kannte. Ich war glücklich, wie es zwischen uns lief. Ihre Jugendlichkeit gab unsere Beziehung einen frischen Wind. Es fühlte sich an wie eine ganz normale Beziehung und ich fand es schön. Wir gingen zusammen in kitschige Cafés und machten Spaziergänge am steinigen und windigen Strand, nur um danach halb erfroren übereinander herzufallen. Nahmen unsere Hände, damit wir uns nicht verloren und nicht über die großen Steine stolperten. Wie all die anderen Pärchen, denen man ab und an begegnete. Doch was wäre eine allgemein-typische Beziehung ohne die üblichen Stolpersteine, die einem in gewissen Abständen immer wieder in den Weg geschmissen wurden? Die, die nur durch einen festen Handgriff und den guten Willen nicht überwunden werden konnten. Der nächste - schon etwas größere - Stein hieß "Veröffentlichung der Beziehung", damit sich auch die kleinsten Presseblätter die Mäuler darüber zerreißen könnten. Mich hielt einiges davon ab, Mariella der Öffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen, aber sie war nicht gerade abgeneigt von der Idee. Nicht umsonst hatte ich ähnliche Dinge bislang immer für mich behalten und schlussendlich lag diese Entscheidung immer noch bei mir. Auch war es meine Aufgabe, diesen Stein aus dem Weg zu räumen. Es würde mir wahrscheinlich nicht gelingen, ihn völlig aus unserem Leben zu entfernen, aber ich nahm mir fest vor, ihn so weit wie nur möglich von uns weg zu werfen. Mit meinen Redekünsten hatte ich es immerhin schon einmal bis zum nächsten Hirngespinst von Mariella geschafft. Nicht von den kleinsten Schwierigkeiten aus der Bahn werfen lassen. Positiv denken. Immer positiv denken.
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Soll ich mal pusten? (Florian David Fitz FF)
أدب الهواةBist du schon mal durch eine Stadt gelaufen, in der Hoffnung du würdest eine Person treffen? Du suchst nach jemand ganz bestimmten, dessen Leben du meinst in- und auswendig zu kennen, der dich aber vielleicht noch nie gesehen hat, der nicht einmal v...