Kapitel Einunddreißig -Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

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Als ich die Tür zu unserer Wohnung aufschloss, sah alles noch genauso aus wie vor ein paar Tagen, als ich Richtung Ostsee aufgebrochen war. Bis auf ein paar weitere herumliegende Spielsachen im Wohnzimmer hatte sich nichts verändert. Mein erster Gedanke fiel auf Lennja. Ich hatte sie schrecklich vermisst und ich hoffte, dass auch sie mir beim ersten Zusammentreffen lachend um den Hals fallen würde. Das Gleiche hätte ich mir auch von Arne gewünscht, aber bei ihm war ich mir sicher, dass es nicht passieren würde. Wir sahen uns schon seit einer Weile kaum noch und wenn, dann nur um zu besprechen, wer Lennja wann aus der Kita abholen würde. Alle Gespräche, die dieses Thema überschritten, arteten meist in heftigen Diskussionen aus und sorgten dafür, dass ich meinen Mann noch ein paar Stunden länger nicht zu Gesicht bekam. Allein der Gedanke daran drohte mich zu ersticken. Die Zeiten, als wir noch eine durchaus glückliche Ehe geführt hatten, waren lange Vergangenheit.

"Lennja?" rief ich in die Leere und unterbrach damit den Gedankengang, der mich alles andere als glücklich machte. Ich hörte nichts, nur leises Gemurmel, das aus ihrem Zimmer zu kommen schien. In mir machte sich eine Illusion breit, in der Arne als perfekter Familienvater mit seiner Tochter auf dem Kinderzimmerteppich saß. Meine Vorstellung vermittelte mir ein Bild von Harmonie und väterlichem Verantwortungsbewusstsein. Ich streifte mir die Schuhe von den Füßen und ließ meine Jacke auf dem Weg in Lennjas Zimmer auf die Couch fallen. Als ich die Tür vorsichtig aufstieß, verpuffte meine Illusion unheimlich schnell, denn Lennja hockte allein auf dem Boden und malte in einem neuen Malbuch. Ich hatte Arne schon so oft gesagt, dass er Lennja keine Geschenke zwischendurchdurch machen sollte. Wir könnten doch damit bis Weihnachten warten. Aber inzwischen hatte ich das Gefühl, dass wir getrennt voneinander völlig unterschiedliche Erziehungskonzepte verfolgten. Nichtsdestotrotz freute ich mich unglaublich, meine Tochter wieder in die Arme schließen zu können. Als Lennja mich sah, sprang sie auf und rannte lachend auf mich zu. Ich griff unter ihre Arme und wirbelte sie einmal kräftig durch die Luft. "Na, mein kleiner Engel." sagte ich als ich sie auf meinem Arm wieder zur Ruhe kommen ließ. "Mami. Endlich bist du wieder da." grinste Lennja und schmiegte ihren Kopf eng an meinen Hals. Ich gab ihr einen zärtlichen Kuss auf den Haaransatz und genoss ihre Nähe, während sie sich an mir festkrallte. Man könnte ja meinen, ihr Vater hätte in meiner Abwesenheit ganz lausige Arbeit geleistet. Wo war er überhaupt? "Schatz, wo ist Papa?" fragte ich und setzte Lennja dabei vorsichtig auf dem Boden ab. Mit ihren großen blauen Augen erklärte sie mir, dass Papa gerade ganz leckeres Mittag kochte. "Ach so, dann werde ich mal herausfinden gehen, was es heute leckeres gibt, ja?" Aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass Lennja dabei war, wenn Arne und ich uns wiedersahen. Wir führten alles andere als eine heile Beziehung. Langsam gab ich tatsächlich die Hoffnung auf ein Happy End unserer Ehe auf. Gespielt herausfordernd drehte ich mich noch einmal zu Lennja um. "Wenn ich wiederkomme, will ich sehen, wie toll du schon ausmalen kannst, ok?" Sie lachte und wendete sich wieder ihrem Malbuch zu. Auf dem Weg durch das Wohnzimmer schnappte ich mir meine Reisetasche und trug sie ins Schlafzimmer. Auf Arnes Nachtschrank lag eine Zeitschrift. Nicht irgendeine, sondern genau die Zeitung, die Florian und mich anscheinend als vermeintliches Liebespaar outete. Ich hoffte, dass Arne über genug Verstand verfügte, dass das nicht der Grund für eine Ehekrise sein würde. Als ich die Küche betrat, stand er mit seinem Handy vor mir. Lässig lehnte er an der Arbeitsfläche und beaufsichtigte flüchtig eine Pizza im Ofen. So viel zu einem "ganz leckeren" Mittagessen. Zugegebenermaßen sah er schon ziemlich heiß aus. Wie er da stand, konnte ich fast annehmen, er wäre wieder der Mann, in den ich mich damals verliebt hatte. Sein abfälliger Blick als er mich sah, ließ mich diesen Gedanken allerdings sofort wieder vergessen. "Was ist das für ein Artikel?" Hey, Schatz. Ich habe dich so vermisst. Ich habe schon von dem Artikel gehört. Alles Schwachsinn. Komm erstmal an und verarbeite den Schrecken... Schön wär's. "Welcher Artikel?" sagte ich kalt und scheinbar ahnungslos. "Du weißt genau, welchen ich meine!" Sein Gesichtsausdruck wurde zorniger: "Der, in dem steht, was zwischen dir und Florian läuft." Ich konnte es nicht fassen. "Du glaubst das, was die schreiben? Nicht wirklich, oder? Als ob ich etwas mit Florian anfangen würde. Das war ein Dreh und überhaupt steht da doch gar nichts von mir. Verdammt, Arne, gerade du müsstest das doch verstehen." Ich konnte nicht glauben, dass Arne da einfach nicht hinter mir stand. "Hörst du dir eigentlich selbst zu? Du erzählst so einen Bullshit. Ich weiß genau, was zwischen euch abgeht. Ist doch klar, von welcher Frau in den Nachrichten die Rede ist." Na klar, stimmte natürlich. Arne wusste selbstverständlich mehr über meine Gefühle als ich selbst. Ich öffnete den Mund, um mich weiterhin zu rechtfertigen. Jedoch unterbrach mich Arnes energisches Gerede: "Diana, ich habe da keine Lust mehr drauf. ICH bin dein Mann. Kein anderer. Also verhalte dich gefälligst auch so!", hauchte er mir abfällig mitten ins Gesicht. Die Worte schmerzten genauso stark, wie ein Faustschlag. "Ich lasse mich von dir nicht so behandeln! Wer gibt dir das Recht mich so anzumachen?", meine Stimme zitterte etwas unter der enormen Lautstärke, die ich hervorbrachte. Arne ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken: "Du willst es nicht verstehen, oder? So ein dummes Stück!" Seine Worte schmerzten in meinem Herzen. Wo war der Mann hin, den ich geheiratet hatte? Verletzt wendete ich mich ab und wollte aus der Küche gehen. Arne packte mich am Oberarm und riss mich herum: "Du wirst doch jetzt nicht wieder einfach abhauen! Wohin willst du überhaupt? Zu deinem Florian? Weißt du was, dann geh doch!" Er ging mir entschieden zu weit. "Sag mal, spinnst du jetzt völlig. Was ist denn mit dir los? Wir haben uns ewige Liebe geschworen. Das, was du hier an den Tag legst, ist genau das Gegenteil. Arne, wir haben eine Tochter zusammen, aber wenn du nicht einmal respektvoll mit mir umgehen kannst... Guck dich doch an. Du machst ihr Pizza, wahrscheinlich sogar eine aus dem Gefrierschrank. Und was gab es gestern? Nudeln?" ich machte eine kurze Pause und dachte über meine nächsten Schritte nach. "Arne... ich glaube, es wäre besser, wenn du erstmal ausziehen würdest.", ich nahm all meinen Mut zusammen und tat das, was ich in diesem Moment für richtig empfand. Es tat mir weh, diese Worte auszusprechen, aber so konnte das nicht weitergehen. Ich brauchte Zeit für mich. Ruhe und heile Familie spielen. Mit meiner Tochter. "Ich bin sprachlos, Diana.", sagte Arne unglaublich herablassend. "Weißt du? Ich gehe wirklich! Und willst du noch 'was wissen? Lennja nehme ich dann aber mit!" Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Er hatte mir schon mein ganzes Leben genommen. Er würde mir jetzt nicht auch noch mein eigen Fleisch und Blut nehmen. Das würde ich nicht zulassen. "Lass uns bitte noch eine Nacht darüber schlafen.", bat ich, um kein weiteres Risiko einzugehen. "Aber in getrennten Betten!", schickte Arne noch hinterher. Klar, er musste immer das letzte Wort haben.


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Hey Leute :)

Hier ist mal wieder ein Kapitel. Es ist mal etwas anderes und eigentlich wollte ich mich mit dem Diana-Arne-Streit auch gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen... :D Aber irgendwie ist das einfach so passiert.. Ich bin auch ein bisschen aus der Übung, glaube ich.

Jedenfalls bin ich froh, endlich ein Kapitel zusammen geschustert zu haben. Ich hoffe, es gefällt euch und ihr lasst mir etwas Feedback da :)

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 01, 2017 ⏰

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Soll ich mal pusten? (Florian David Fitz FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt