Kapitel 9

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Aus der Sicht von Misa:

Ich konnte es einfach nicht fassen, dass Kuro freiwillig gegangen ist. Lange darf ein Servamp nicht von seinem Eve getrennt sein, sonst passiert etwas Schreckliches. Wir werden beide zu Katzen, und im schlimmsten Fall sterben wir. Zudem wusste ich nicht einmal, wo C3 sich überhaupt befindet, also kann ich nicht so einfach zu ihm kommen... Dieser Idiot! Ihm muss doch klar gewesen sein, dass wir ihn brauchen!

Ich seufzte schwer. Als hätte Jeje meine Gedanken gelesen, flüsterte er: "Er ist gegangen, um dich zu beschützen... er meint es ja nur gut, nimm es ihm nicht übel. Er hängt sehr an dir, du scheinst ja ein toller Eve zu sein..." Überrascht warf ich ihm von der Seite einen Blick zu. Normalerweise ist Jeje nicht sehr gesprächig, aber ihm scheint ebenfalls etwas an seinem Bruder zu liegen. "Danke," lächelte ich.

Wir befanden uns noch immer bei Misono Zuhause in dem gemütlichen Wohnzimmer. Misono lag inzwischen auf dem Sofa, er ist noch immer nicht aufgewacht. Seine letzten Worte, bevor Lilly ihn verzaubert hatte, waren mir ein Rätsel. 'Natürlich! Tsubaki und C3 haben Li...' Was wollte er damit sagen? Was auch immer sich hinter der Tür befindet, es scheint mit Lilly, C3 und Tsubaki in Verbindung zu stehen.

Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als Lilly den Raum betrat. Er hatte Tee gemacht. Seine Mine wirkte ernst, er warf nur einen kurzen Blick auf Misono, bevor er sich zu mir und Jeje auf das Sofa setzte. Das Tablett mit dem Tee stellte er auf dem Tisch vor uns ab. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. "Wie sollen wir Kuro da nur rausholen? Lilly, du hast doch immer so großartige Ideen!" Meine Stimme klang verzweifelt. Lilly senkte den Kopf. "Das wird nicht sehr leicht sein. Immerhin haben wir nichts gegen C3 in der Hand..." Jeje unterbrach ihn mit einem dezenten Räuspern, woraufhin Lilly ihn böse ansah. "Das kommt auf keinen Fall in Frage!" Die Neugierde stand mir im Gesicht geschrieben. Lilly seufzte. "Das ist zwar das Letzte, was ich tun würde... aber um meinen Bruder zu helfen, nun gut." Er warf einen letzten Blick auf Misono, um sicherzustellen, dass er schlief. Dann beugte er sich zu mir. "Erinnerst du dich noch an diese Tür? Am obersten Ende der Treppe? Darin befindet sich etwas, das ich vor C3 versteckt halte. Sie nennen es Zyu, es ist sozusagen ihr 'Haustier'. Aber eigentlich ist es nichts weiter als ein Monster, das die Menschen in Gefahr gebracht hätte, wenn ich es nicht eingesperrt hätte." Er schauderte bei dem Gedanken. Aha, jetzt kommt mal was über die Tür. Wurde auch Zeit.

"Wie dem auch sei... Sie haben vor, Tsubaki und seine Anhänger damit zu vernichten. Ich persönlich finde das viel zu gefährlich, wir hatten schon mal Probleme mit dieser Bestie. Ich will nicht riskieren, dass etwas Schreckliches passiert. Aber C3 will ihr Haustier wieder haben. Vielleicht haben wir doch noch einen Trumpf in der Hand."

Nach dieser Aussage saß ich erst einmal mit offenem Mund da und dachte nach. Ein Monster?! Und Misono weiß nichts davon? Wir könnten es gegen Kuro eintauschen, aber wenn dieses Wesen wirklich so gefährlich ist, ist das dann nicht ein zu großes Risiko, wenn C3 dieses Ding, oder was auch immer es genau ist, auf die Welt loslässt? Andererseits, es ist der einzige Weg, Kuro zurück zu holen.

Entschlossen setzte ich mich auf. "Lilly!" Begann ich. Er nickte. "Genau. Wir werden ihn zurückholen. Sobald wir nur wüssten, wo sich C3 aufhält." "Oh." Enttäuscht ließ ich mich wieder zurücksinken, doch da kam mir ein Gedanke. Da gab es doch diese Person, die sich bestens auskannte. Im selben Augenblick ging die Tür auf, und diese besagte Person kam von seinem Klogang zurück. Mikuni.

Aus der Sicht von Kuro:

Schon seit Stunden sitze ich auf demselben Stuhl, in demselben Raum mit denselben grauen Wänden und diesem bescheuerten kleinen Holztisch, an dem ich mir manchmal das Knie anschlug. Blöder Tisch. Die einzige Lichtquelle war das kleine Fensterchen, das sich in der eisernen Tür meiner Zelle befand. Gedankenverloren ließ ich meinen Blick über die befleckten Wände schweifen, auf denen ich schon über die Stunden hinweg Muster entdeckt hatte. Noch nie zuvor ist mir so langweilig gewesen, wie in diesem Augenblick. Wie es jetzt wohl Misa und den Anderen geht? Und wie geht es eigentlich gerade meinem Nintendo?

Während ich noch darüber nachgrübelte, hörte ich auf einmal Schritte auf dem Flur. Vor der Tür blieben sie stehen, dann öffnete sich das Schloss. Tsujuki betrat den Raum, zusammen mit so einem Typen, der mich an einen Arzt erinnerte. Ich hasste Ärzte. Die sagen mir immer, dass mein Rücken vom ganzen Zocken zu krumm geworden ist. Außerdem empfehlen die mir, dass ich meine lebensnotwendigen Nährstoffe, die aus gesunden Kartoffelchips mit dem Bio-Siegel und der gesunden, zuckerarmen Diätcola bestehen, gegen Aliens wie 'Gemüse' oder 'Obst' eintauschen sollte. Pah. Von da an bin ich dann auf Pizza umgestiegen, die hat sogar Tomaten. Und wenn ich an die frische Luft muss, mach ich einfach mal das Fenster auf, wenn ich zocke. Gesünder geht's echt nicht mehr. Ich glaube ja noch immer, dass ausreichend Schlaf auf superweichen Kissen auch viel zur Gesundheit beiträgt, lieber zu viel als zu wenig.

Zwischen diesen Gedanken bekam ich mit, wie Tsujuki hinter mich trat, um die Ketten von meinen Handgelenken zu lösen. Na, endlich. Ich streckte mich ausgiebig und ließ die Gelenke knacksen. "So, Kuro. Ich denke, du weißt, was jetzt kommt." Der Arzt-Typ grinste, und näherte sich langsam. Dabei konnte ich noch genau erkennen, wie er eine kleine Spritze hinter seinem Rücken hervorholte.

Das letzte, das ich spürte, war, wie sich die eiskalte Nadel in meinen Arm bohrte, bevor meine Sicht verschwamm und ich in der Dunkelheit versank.

Servamp - Another TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt