Kapitel 27

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Misas Sicht:

„Duell."

Kuro warf einen Blick über die Schulter auf mich, dann wandte er sich wieder an Zyu. „Sakuya will ein Duell? Das kann er haben." „Äh, worum geht es eigentlich?" wollte ich wissen. Kuro kam auf mich zu. „Er möchte um meinen Eve kämpfen. Ich bin einverstanden. Keine Sorge, ich werde diesen Drecksack Sakuya ins Himmelreich schicken, dorthin, wo er schon viel früher hätte sein sollen," lächelte er grausam. Mir gefiel diese Sache nicht, aber meine innere Stimme sagte mir, ich solle Kuro jetzt auf keinen Fall in die Quere kommen. Kuro machte einen weiteren Schritt auf mich zu, bis ich begriff, was er wollte. Ich hielt ihm meinen Arm hin und er biss kurz hinein, um seine gesamte Kraft entfalten zu können. Vom einen auf den anderen Moment schien sich mein Servamp in eine völlig andere Person zu verwandeln. Sein Blick wandelte sich von seinem typisch verpennten Ausdruck in eine hellwache, finstere Mine. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn jemals zuvor in seiner wahren Form erlebt zu haben, er schien viel mächtiger zu sein, als man es von diesem schwarzen, verpennten Kater annehmen würde.

„Äh, du musst nur an die Kabel oben am Kopf drankommen, mehr nicht! Bitte pass auf das restliche Material auf, es war sehr teuer..." rief Tsujuki noch, wurde aber durch das laute Krachen unterbrochen, als Kuro Zyu die Beine wegtrat und der riesige Roboter mit dem Asphalt kollidierte. Zyu, oder besser gesagt Sakuya, hatte keine Gelegenheit, sich wieder aufzurichten, als mein Servamp mit voller Kraft auf seinen Metallkopf eindrosch. „Bitte keine Dellen machen, das war nicht billig... nur diese Kabel an der Seite.." Tsujuki wirkte verzweifelt. Kuro schien uns gar nicht mehr wahrzunehmen, er war zu sehr seiner Kampflust verfallen.

„DU. WIRST. MISA. NIE. WIEDER. SEHEN!" Mit jedem seiner Worte riss er ein Kabel aus der zerschmetterten Brust des Roboters hervor. „Nicht die Kabel! Die anderen, am Kopf! Den Rest brauchen wir noch, nicht kaputtmachen!" kreischte Tsujuki, der am Rande eines Nervenzusammenbruchs zu sein schien. Ich selbst blickte unauffällig um mich. Tausende von Passanten hatten sich mittlerweile auf dem Platz versammelt und begafften das Geschehen. Ein kleiner Junge in der ersten Reihe wedelte begeistert mit einem Superman Fähnchen herum. „Oh Gott, was wird morgen in den Zeitungen stehen..." murmelte ich.

Mein Blick richtete sich jedoch wieder besorgt geradeaus, als Tsujuki neben mir hörbar die Luft anhielt. „Kuro!" Anscheinend ließ sich Zyu diese Niederlage nicht länger gefallen. Er hatte Kuro an der Kapuze gepackt und mit voller Wucht gegen die Freiheitsstatue gequetscht. Mein Servamp schien keine Luft mehr zu bekommen. Ich wusste nicht, was ich tun konnte, um zu helfen. Tsujuki schien meine Anspannung zu bemerken. „Du kannst nichts tun." Meinte er. „Kuro wollte alleine gegen ihn antreten, entweder er schafft das, oder..." „SAKUYA!" brüllte ich. „Ich weiß, dass du mich hören kannst! Sakuya, wir sind doch beste Freunde! Lass Kuro los, bitte!"

Für einen kurzen Moment hatte der Roboter innegehalten, er schien nachzudenken. Doch dann sah er Kuros leidenden Blick und schüttelte zufrieden den Kopf.

 „Das war erst der Anfang."

Einen Versuch war es wert, dachte ich, als Kuro wieder auf dem Boden aufkam. Er versuchte, aufzustehen, wurde jedoch mitten in der Bewegung von der gigantischen Metallstange gebremst, die sich durch seine Brust bohrte. Sakuya hatte ihn aufgespießt. Entsetzt schlug ich mir die Hand vor den Mund, als sich ein riesiger Blutfleck um Kuro ausbreitete. Seine eisblauen Haare klebten dunkelrot an seiner Jacke. Trotz der Schmerzen versuchte er ein letztes Mal, sich aufzurichten. Doch dann schien ihn die Kraft zu verlassen.

Sein Blick richtete sich bedauernd und fast schon entschuldigend auf mich, bevor er schließlich reglos auf dem Boden zusammenbrach und seine Augen nach wenigen, letzten Atemzügen völlig leer wurden.

Kuro hatte mit dem letzten Atemzug sein Leben verloren.

Kuros Sicht:

Wie konnte mir das nur passieren? Es ist vorbei. Wenigstens bin ich für eine gute Sache gestorben. Mein Blick richtete sich ein letztes Mal auf Misa. Schuldgefühle durchströmten mich, als ich ihr verzweifeltes Gesicht erkannte, welches schon leicht vor meinen Augen verschwamm. Mein Kopf sank auf den Boden zurück, ich bereitete mich auf mein Ende vor. Doch kurz bevor alles vorbei war, spürte ich einen gewaltigen Sog. Verlasse ich gerade meinen Körper? Komme ich jetzt in die Hölle?

Ich schlug die Augen auf. Mein Körper schmerzte an vielen Stellen... an den Stellen, an denen ich Zyu verwundet hatte. Warte...WAS??

Mein Blick wurde immer klarer. Ich fühlte mich so riesig und schwer. Ich lag auf dem Boden, mit dem Blick auf mich selbst. Einige Sekunden sah ich mir verwirrt beim Sterben zu, bis ich begriff, was gerade geschah. Ich beobachtete mich selbst aus der Sicht von Zyu. Meine Seele hat Zyus Körper übernommen. Aber was ist mit Sakuya?

Meine Frage wurde beantwortet, als der sterbende Körper von Kuro leicht zuckte. „Kuro!" Misa rannte auf ihn zu, als er sich aufsetzte. Hatte Sakuya es etwa geschafft, sich in meinen Körper zu retten?! War sein Überlebenswille so groß, dass er in meinen Körper geschlüpft ist? Wie zum Teufel geht das denn?!

„Kuro, du lebst!" heulte Misa, als sich mich... nein, Sakuya in mir, an sich drückte. Ein Funke Eifersucht flammte in mir auf. Sakuya schien im ersten Moment verwirrt zu sein, dann schien auch er zu begreifen, was vor sich ging. Er legte seine Arme um Misa und grinste mich fies an. „Ja, ich lebe, mir geht es gut. Sakuya ist so gut wie besiegt. Und wir beide werden für immer zusammen bleiben."

Seine Worte brachten mich zur Weißglut. Dieser Kerl hatte vor, mein Leben zu übernehmen! Doch das war momentan mein geringstes Problem, als ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie die vier Männer von C3 mit einer großen Zange auf mich zukamen.

„Kuro hat recht, Zyu ist so gut wie besiegt. Er hat ihn so weit geschwächt, dass wir ihn jetzt sofort problemlos ausschalten können. Vielen Dank, Kuro!"


Servamp - Another TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt