Tsubakis Sicht:
In Höchstgeschwindigkeit sprintete ich in Richtung Hotel zurück, wo ich mein Handy zurückgelassen hatte, um meine Abkömmlinge zu alarmieren. Auch wenn dadurch meine Ehre verletzt wird... alleine würde ich niemals mit dieser Killermaschine fertig werden. Ich rannte, bis meine Lungen brannten, und dennoch konnte ich hören, wie die raschen Schritte hinter mir aufholten. „Verdammt!" schnaufte ich, trat die Eingangstür des Hotels ein, eilte in den Aufzug, presste unter großen Schmerzen auf den Knopf der obersten Etage und betete, dass sich diese beschissene Tür schnell schließen würde.
Das tat sie auch – jedoch nur zur Hälfte. Ein Fuß schob sich im letzten Moment herein und drückte die Tür erneut auf. Gerade rechtzeitig konnte ich mich auf den Boden werfen, bevor die metallene Wand an der Stelle, wo sich eben noch mein Kopf befunden hatte, brutal eingedrückt wurde. Zu meinem großen Glück landete ich natürlich direkt auf meiner gebrochenen Hand. Ein schmerzerfülltes Zischen entfuhr mir, während sich mein Klon vor mir aufbaute. Jetzt war ich ihm endgültig ausgeliefert. Er holte ein letztes Mal zum Schlag aus, ich schloss die Augen.
„TSUBAKI!!" Ein Luftzug streifte meine Wange. Ich riss die Augen wieder auf. Vor mir kniete Sakuya, er hatte den Schlag abgefangen. „Sakuya! Von woher..." „Rede nicht, steh auf!" wurde ich angebrüllt. Mit letzter Kraft erhob ich mich. Hinter meiner Kopie, welche nach Sakuyas Auftreten wie erstarrt zu sein schien, konnte ich einige weitere Personen erspähen, darunter Misa und Lilly. Einen Moment lang starrten wir uns alle gegenseitig an, bevor die Stimme von Kuros Eve ertönte. „Kuro, warum beschützt du ihn? Wir sind gekommen, um ihn auszulöschen!" rief sie.
Sakuya, der noch immer in Kuros Körper steckte, erwiderte verzweifelt ihren Blick. Innerlich schien er mit sich selbst zu ringen. „Misa... es tut mir so leid... du hättest das niemals erfahren sollen, aber jetzt gibt es wohl kaum eine andere Option. Lilly, sag ihr die Wahrheit über mich." Ihm versagte die Stimme, ich konnte deutlich die Tränen erkennen, die sich in seinen Augen bildeten. Hatte Sakuya etwa vor, unseren Pakt aufzulösen? Lilly sah zu Boden. „Die Wahrheit weiß ich längst," flüsterte Misa. „Und trotzdem hatte ich die Hoffnung, du könntest dich ändern.. du warst immer mein bester Freund."
„Du... du hast es gewusst? Die ganze Zeit über?" Sie nickte traurig. Sakuya schien überfordert zu sein, was ich nachvollziehen konnte. Die ganze Zeit über hatte mein Abkömmling versucht, im Körper eines anderen die Liebe seines Lebens zu erobern, und nun war klar, dass alle seine Bemühungen umsonst waren.
Trotz dieser Tatsache gab er jedoch nicht auf. „Misa, du weißt, wie sehr ich dich liebe," seine Stimme brach, er setzte erneut an. „Alles was ich schon immer wollte, ist, mit dir ein wunderschönes, gemeinsames Leben zu verbringen, auch wenn ich dafür deinen Servamp aus dem Weg schaffen muss." Erklärte er wehmütig. „Weißt du, schon von dem Tag an, an dem ich dich das erste mal gesehen habe, wusste ich, dass du jemand ganz besonderes für mich bist." Er schniefte. „Du warst das komplette Gegenteil von mir, du warst fröhlich, aufgeschlossen... du hast mich verändert. Seit ich dich kenne, bin ich ein viel glücklicherer Mensch geworden. Und ich bin dir auch gar nicht böse, dass du mich umgebracht hast, denn dadurch hatte ich erst die Gelegenheit, dir in Kuros Körper näher zu kommen."
Sakuya holte tief Luft und ging in die Knie. Aus seiner Jackentasche kramte er zittrig ein kleines, dunkles Schmuckkästchen hervor. „Ich weiß, mein letzter Antrag ist ziemlich danebengegangen, aber ich schwöre dir, wenn du mir noch eine Chance gibst..."
Der ohrenbetäubende Knall, der den Raum wie ein Blitz durchfuhr, unterbrach seine liebevollen, verzweifelten Worte. Ich hatte mir vor Schreck die Hände vors Gesicht geschlagen. Noch immer klingelte der Schuss in meinen Ohren, als ich aufblickte und Sakuya reflexartig auffing, der vor meinen Füßen zusammensackte und fassungslos auf das neue Loch in seinem Bauch starrte. Misa stand ebenso fassungslos vor ihm, in einer Hand die Pistole, welche sie Tsujuki entwendet hatte, der verblüfft neben ihr stand. Keiner der Anwesenden hatte mit dem gerechnet, was gerade vor sich ging. „Misa, was zur Hölle!" keuchte Sakuya. Er machte keinerlei Anstalten, das herausquellende Blut zu stoppen, er wirkte nur sehr enttäuscht. „Ich wollte dir gerade einen Heiratsantrag machen," er hustete und spuckte etwas Blut. „Und du bringst mich ein zweites Mal um?!"
Erschrocken und ratlos blickte Misa erst die Waffe in ihrer Hand an, dann Sakuya, als könne sie selbst nicht glauben, was sie gerade getan hatte. Dann breitete sich ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Als ich dich das erste mal umgebracht habe, hat mir das wirklich leid getan... jetzt dagegen habe ich es gern getan. Du wolltest meine Freunde verletzen, du wolltest Kuro töten." Traurig schüttelte sie den Kopf. „Sakuya, ich mag dich wirklich sehr... aber Kuro liebe ich."
Misas Sicht:
Fassungslos hielt Tsubaki seinen sterbenden Abkömmling im Arm, umringt von seinen Feinden. Nachdem Lilly angegriffen wurde und Kuros Kugel verloren hatte, haben wir sofort alle anderen Servamps verständigt. Zusammen mit einigen Mitgliedern von C3 haben wir den neuen Roboter auf den Weg geschickt, Tsubaki zu finden, und sind ihm gefolgt. Wir wollten eine Rettungsaktion für Kuro starten. Sakuya hatte sich uns angeschlossen und versucht, den Vampir zu schützen, was zu seinem eigenen Tod führte. Er schien immer unschlüssig gewesen zu sein, zu welcher Seite er gehören sollte und letztendlich hatte er sich gegen uns entschieden.
Jetzt war eigentlich der Moment gekommen, diese ganze Geschichte zu beenden und Tsubaki zu töten, doch wir alle standen nur betroffen um Tsubaki herum, der unter Tränen den sterbenden Sakuya an sich presste. Noch nie zuvor hatte irgendjemand diesen mächtigen Urvampir weinen sehen. Wir wussten nicht recht, wie wir uns verhalten sollten. Ich selbst stand noch zu sehr unter Schock, um wirkliche Trauer zu empfinden.
Keiner von uns regte sich, als Tsubaki wieder ruhig wurde.
Keiner reagierte, als er uns ansah, in dem Wissen, dass seine Zeit gekommen war. An seinem müden, leeren Blick erkannte ich, dass er sich geschlagen gab. Die stillen Worte ‚Worauf wartet ihr noch?' schienen unausgesprochen in der Luft zu hängen.
Wir standen alle außerhalb der Aufzugkabine, in der er kniete.
Und absolut niemand reagierte, als sich die Aufzugtür langsam vor unserer Nase schloss und einen triumphierend grinsenden Tsubaki in Sicherheit brachte. Denn darauf hatte er gewartet.
*****************************************************************
Hey, 7,5K reads :) Danke, danke, danke!!!!! Womit hab das denn verdient?!
Ich will euch jetzt nicht erschrecken oder so... aber seid ihr bereit für das allerletzte Kapitel? ^-^" (Wenn genug Leser das möchten, kommt vielleicht irgendwann noch eine Fortsetzung...)
Grüßchen, eveyama ^-^
