7 Alltag?

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Den restlichen Abend ignorierten Taylor und ich uns gekonnt. Er bediente alle unsere Gäste und meine Familie als würde er in einem 5 Sterne Wellness-Hotel arbeiten, nur mich schien er zu übersehen, wenn er mit Getränken oder Snackplatten durch den Salon lief. Wenn er erwartete, dass ich mich entschuldigte, dann konnte er lange warten. Ich sah nicht ein, was ich falsch gemacht haben sollte.

Als Taylor jedoch genau neben mir stand um meiner Schwester ein Getränk zu geben und er mich trotz unserer Nähe vorhin einfach wie Luft behandelte, spürte ich einen kleinen Stich in mir. Ich konnte die Kälte fast schon fühlen, mit der er mich ansah, besser gesagt, wenn er durch mich hindurchsah, als ob ich wirklich nur Luft wäre.

Arschloch.

Ich gab meiner Schwester ein Zeichen, dass ich nach oben gehen würde, aber sie lachte gerade über irgendeinen charmanten Witz, den Taylor gemacht hatte und bemerkte mich nicht.

"Viel Spaß noch, Linn." unterbrach ich also ihr Gespräch und verzog mich dann in Richtung Tür.

Allerdings stand davor meine Mutter, die mich schon seit einiger Zeit beobachtete.

"Alles in Ordnung, Engel? Was hat dieser Junge gemacht?"

"Nur seinen Job." erwiderte ich. Es fiel mir nicht einmal im Traum ein, meiner Mutter von meinen Gefühlen zu erzählen. Früher hatte ich das sehr oft gemacht und sie hatte sich immer Zeit für mich genommen und mir manchmal sogar hilfreiche Tipps gegeben. Bis ich eines Tages mitbekam, wie sie eines meiner Geheimnisse im Kreis der Familie ansprach und von allen Seiten Ratschläge bekam, die sie mir später gab. Von da an behielt ich persönliches lieber für mich. Oder redete mit Linn. Nur die war gerade zu beschäftigt.

Ich drückte mich an meiner Mutter vorbei zur Treppe und stieg immer zwei Stufen auf einmal hinauf in mein Zimmer. Nachdem die Tür fest verschlossen war, zog ich mich um und warf mich auf mein Bett. Einige Sekunden später war ich schon eingeschlafen.

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Am nächsten Morgen wurde ich nicht von den Vögeln und dem sanften Sonnenlicht geweckt. Es war noch dunkel und selbst die Vögel schliefen noch. Ich schlug meinen Wecker aus, zog mir eine Jeans und ein schlichtes Shirt aus dem Schrank und ging duschen.

Erst unter dem heißen Wasserstrahl fielen mir die Ereignisse von gestern Abend wieder ein und ein Stöhnen entfuhr mir. Was war los mit mir? Erst die Obdachlosen und nun auch noch Taylor?

Ich betrachtete mich im Spiegel und beschloss lieber auf Nummer sicher zu gehen und zog mir ein übergroßes Sweatshirt über mein enges Shirt. Meine langen Haare band ich zu einem hohen Zopf, schnappte mir meine Tasche und lief nach unten.

Im Esszimmer saßen nur Linn und mein Vater. Linn sah aus wie eine Leiche, sie war kein Morgenmensch. Ich kam dagegen nach meinem Vater, der egal zu jeder Uhrzeit topfit war und auch jetzt fröhlich summend die Zeitung las. Anscheinend war der Abend gestern gut für ihn verlaufen und er hatte einen neuen Auftrag.

An meinem schwarzen Kaffee nippend ging ich aus der Tür. Mein Vater bot uns zwar regelmäßig an, uns zum College zu fahren, aber ich sagte ihm immer ab. Ich brauchte die Ruhe und vor allem die frische Luft am morgen.

"Kate!" rief jemand von hinten meinen Namen

Als ich mich umdrehte stand da Jakob Smith alias Jake mein Kindergartenfreund. Ich lächelte ihn an und blieb am Straßenrand stehen bis er mit seinem Longboard vor mir halt machte.

"Wie gehts?" fragte ich ihn mit einem echten Lächeln. In letzter Zeit hatte er immer wieder Streit mit seiner Freundin gehabt, die einfach nicht einsehen wollte, was für ein toller Typ Jake war.

Er war aufgrund seiner Größe und seinem sportlichen Körpers sofort ins Basketballteam des Colleges aufgenommen worden, aber sein Gesicht war wie das eines Engels. Sanfte braune Augen und dieses süße Lächeln, das die Mädchenherzen schmelzen ließ. (Das behauptete er jedenfalls, meistens war er es, der mit einem gebrochenen Herzen zu mir kam.) Trotzdem war er einer der beliebtesten Typen der Schule.

Jake nahm mir vorsichtig den Becher aus der Hand und nahm einen Schluck. Daraufhin hustete er und verzog das Gesicht.

"Schon mal was von Zucker gehört? Der macht den Kaffee genießbar"

Über diesen Satz musste ich wieder lachen. Wieso war es so voraussehbar, dass ein Junge wie er Süßes liebte? Obwohl ich bemerkt hatte, dass er meiner Frage ausgewichen war, ging ich nicht weiter darauf ein. Manchmal war es besser jemanden in Ruhe zu lassen, als ihn mit Fragen zu löchern. Er fühlte sich wahrscheinlich schon leer genug.

Zusammen gingen wir das letzte Stück bis zum College, wo sich unsere Wege trennten. Ich hatte einen anstrengenden Tag vor mir und dank dem turbulenten Wochenende, hatte ich mich nicht genügend vorbereitet.

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8 Stunden später warf ich das Sweatshirt auf einen Haken und mich auf eines der weißen Ledersofas. Bevor ich auch nur irgendetwas tun konnte, musste ich mich kurz hinlegen und nichts denken. Aber kurz bevor ich einschlief holte mich mein Handy zurück in die Realität. Ich hatte eine neue Nachricht erhalten meldete der Signalton und sofort öffnete ich diese.

"7 Uhr. Pub."

Ohne, dass er seinen Namen dazu geschrieben hatte, wusste ich dass die Nachricht von Taylor war. Aber warum er seine kalte Mauer mir gegenüber aufgebrochen hatte war mir ein Rätsel.

Seufzend nahm ich meine Tasche und Essen aus dem Kühlschrank mit in mein Zimmer, wo ich (fleißig) meine Arbeiten erledigte und mich auf den nächsten Tag vorbereitete. Als ich das nächste mal auf die Uhr sah, war es schon halb sieben.

Hektisch zog ich mich noch einmal um, diesmal in eine schwarze Destroyed-Jeans und ein einfaches Top, über das ich wieder mein Sweatshirt zog. Dann rannte ich die Treppe runter, schnappte mir ein Fahrrad, das vor unserem Tor stand und fuhr so schnell wie möglich in die Altstadt.

Vor dem Pub erwartete mich Taylor schon und bei seinem Anblick, zog sich etwas in mir zusammen.

"Ich wusste doch, dass dir mein Anblick den Atem nimmt" kommentierte er meine Atmung, die nach der anstrengenden Fahrt sehr schnell ging.

Ich wollte meine Augen verdrehen, als er mich plötzlich in seinen Arm nahm. Sofort spürte ich seine durchdringende Wärme und sein Geruch strömte mir in die Nase.

Aber er ließ mich nicht wieder los, sondern trug mich in eine Seitenstraße und drückte mich grob gegen eine Mauer. Ich würde definitiv blaue Flecken entlang der Wirbelsäule bekommen, aber das war mir egal.

Das einzige was in diesem Moment zählte, war Taylor, der mir jetzt endlich in die Augen sah.


Uund hier ist noch ein neues Kapitel, diesmal etwas länger.

Ich hoffe es gefällt euch.

Danke Danke Danke (!) für über 100 Reads <3




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