8 Dirty Dancing

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Seine sonst so herzlichen, braunen Augen waren eiskalt. Wie ein schmerzender Eiszapfen bohrte sich sein Blick in meinem, und obwohl ich am liebsten weggesehen hätte, fesselte mich der Moment. Auch an meinem Rücken spürte ich langsam die Kälte der feuchten Mauer immer weiter in mich eindringen. Auf der Straße hörte ich ein paar Jugendliche vorbeigehen und irgendwo in der Ferne fuhren Autos auf einer nassen Straße. Am lautesten aber war mein Herzschlag, den man bestimmt auch in England hören konnte.

Taylor schien das völlig egal zu sein. Immer näher kam sein Gesicht meinem, bis ich schließlich meinen Kopf wegdrehen musste, damit sie nicht zusammenstießen. Ich spürte seinen warmen Atem an meiner Wange, wie sich meine Haare bei jedem Ausatmen bewegten. Dann endlich begann er zu reden.

"Bereust du es schon?" fragte er mich, ohne seine Stimme zu heben

"Was?" gab ich unschuldig zurück, ich konnte mich nur gerade so zurückhalten, ihn näher zu mir zu ziehen. Trotz der Kälte von vorhin war sein Körper so warm, wie die Mauer hinter mir kalt war.

"Komm nie wieder in meine Nähe, Mädchen. Sonst wirst du lernen, dass man 'Leute, wie mich' nicht beleidigt."

Nach diesen gezischten Worten ließ er mich los und ging mit schnellen Schritten aus der Seitenstraße. Mit ihm nahm er seine Wärme, zurück blieb nur eine Leere vor mir.

Ich selbst ließen mich zu Boden sinken. Was hatte ich getan? Mir wollte nicht einfallen, was ihn so wütend gemacht hatte. Waren Lateinamerikaner nicht temperamentvoll und offen? Warum war er dann so kalt gewesen?

In meinem Kopf schwirrten immer noch diese Fragen umher als ich aufstand, meine Hände an der Hose abklopfte und mich auf mein Rad schwang. Während dem ganzen Weg nach hause wollten mir aber keine Antworten einfallen. Immer wieder mussten mir Autos oder anderen Radfahrern ausweichen, denn ich schaffte es nicht eine gerade Linie zu fahren, sondern schwankte hin und her.

Zuhause stürmte ich in mein Zimmer, bevor irgendjemand aus meiner Familie mich abfangen konnte und stellte die Dusche so heiß es ging. Mir war noch immer kalt und immer noch spürte ich eine warme Stelle an meinem Hals, wo Taylor mich angehaucht hatte. Um die Gedanken aus meinem Kopf zu schieben, stellte ich mich unter das Wasser.

Eine Fehlentscheidung.

Das Wasser war so heiß, dass ich mich fühlte wie im tiefsten Winter, wenn man gefrorene Hände unter warmes Wasser hielt, nur am ganzen Körper. Meine Haut kribbelte und tatsächliche war ich abgelenkt.

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Nachdem er beobachtete hatte, wie Kate mit ihrem Fahrrad weggefahren war, konnte er seinen Blick nicht von dem Fenster nehmen. Zum hundertsten mal polierte er das selbe Glas, viele Gäste sahen ihn schon seltsam an, aber das war ihm egal. Heute schon. Durch die großen Fenster, die vom Pub Sicht nach draußen verschafften, konnte man mittlerweile nichts mehr erkennen. Es war dunkel geworden und trotzdem starrte er raus, in der Hoffnung irgendetwas zu sehen.

Niemals hätte er ein Mädchen so behandeln dürfen. Es war schon unangenehm gewesen, sich mit einer Hand an der dreckigen Wand festzuhalten, wie war es dann ihr dabei gegangen, am ganzen Körper diese Kälte zu spüren. Ihr Körper war so zart... Wieso konnte er die Zeit nicht zurückdrehen? Nur anstatt sie von mir wegzustoßen, würde er sie in meine Arme nehmen.

"Reiß dich zusammen." murmelte er.

Nichts anderes, als so behandelt zu werden, wie er es getan hat, hat sie verdient. Niemand, nicht einmal ein verwöhntes Mädchen wie sie durfte ihn so behandeln. Er hatte beschlossen, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Nicht seine Familie, der er Geld schickte, sondern seine eigene Geschichte. Und vor allem sein altes Leben, in dem er es gewohnt war, wie etwas Minderwertiges behandelt zu werden. Diese Zeiten waren vorbei, seit er in Dublin war, das hatte er sich geschworen.

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Mit meinem filmreifen Augenaufschlag wurde ich wach. Viel zu spät.

Völlig in Hektik schlug ich meine Bettdecke zurück, warf meinem Wecker einen bösen Blick zu, warf mir Kleidung über und stopfte noch im Laufen meine Bücher in die Tasche. In der Küche spritze ich mir Wasser ins Gesicht und schnappte mir einen Apfel.

Schon ewig lange hatte ich nicht mehr verschlafen, meine innere Uhr war punktgenau und weckte mich normalerweise immer um die selbe Zeit. Nur heute, an einem Schultag, musste mich sowohl sie, als auch mein Wecker im Stich lassen.

Jake wartete wahrscheinlich schon lange nicht mehr an der Ecke, um die ich gerade bog, als ich gegen etwa hartes stieß. Erschrocken wegen dem plötzlichen Hindernis prallte ich zurück und landete fast auf der Straße. Im letzten Moment schob sich etwas unter meinen Rücken und richtete mich wieder auf. Ich sah auf zu dem etwas.

Taylor.

Wie konnte es auch anders sein.

Von außen musste es so aussehen, als würden wir vergeblich versuchen Standbilder aus Dirty Dancing nachzustellen. Ich lag schwer atmend in seinen Armen, konnte mich weder aufrichten, noch einfach auf den Boden fallen lassen, sodass ich ihn einfach aus großen Augen anstarrte.

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Ihr Augen war so leuchtend grün, dass er sich nicht von ihnen losreißen konnte. Sie war schwerer, als ihr zierlicher Körper vermuten ließ, aber trotzdem dachte er nicht einmal daran, sie los zulassen.

"Vorsicht" flüsterte er, woraufhin sie ihn anlächelte.

Sofort waren alle Gründe vergessen, warum er sie nicht in seiner Nähe haben wollte.

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Taylor hob mich wieder auf meine Beine, schaute mir noch kurz in die Augen und umarmte mich dann fest. Ohne zu überlegen legte ich meine Arme um seinen Nacken und genoss wieder seinen Duft. Es war mir egal, was er gestern gesagt hatte, die Ereignisse von Sonntag hatte ich ganz hinten in meinen Kopf verbannt, denn ich fühlte mich so wohl in seiner Nähe, dass ich sogar das Risiko in Kauf nahm, dass er mich wieder losließ und mir drohte.

Aber nach gefühlten Stunden, den wahrscheinlich schönsten Stunden meines Lebens, löste er sich von mir und sah auf seine Uhr. Ich tat es ihm nach, was mich zurück in die Realität holte.

Es waren nur wenige Minuten vergangen, kostbare Minuten, die ich jetzt zu spät kommen würde, wenn ich nicht zur Schule rannte. Taylor deutete meinen Blick richtig.

"Ich hab noch 5 Minuten, bis mein Professor mir den Kopf abhackt" grinste er, nahm meine Hand und zusammen stürmten los.


Schon über 150 reads *-* Danke <3

Dieses mal sind auch ein paar Szenen aus Taylors Sicht dabei, soll es mehr davon geben oder soll ich nur Kates Sicht beschreiben?

(Update 25.09.15 Taylors Sicht)




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