49 Happy End

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Nervös saß ich auf dem Sofa. Vor lauter Aufregung schaffte ich es nicht einmal, mich gemütlich anzulehnen. Irgendetwas war im Gange und ich hätte zu gerne gewusst, was los war. Mein Vater hatte die gesamte Familie im Wohnzimmer zusammengetrommelt und von einer großen Verkündung gesprochen. Aber mehr wussten niemand. Nicht einmal meine Mutter schien eine Vorahnung zu haben, obwohl sie ihn sonst immer sofort durchschaute. Wenn ich länger darüber nachdachte, wozu ich netzt auch die Zeit hatte, waren sie ein tolles Team. Nach außen hin eiskalt, doch ich hatte sie noch nie in einer inneren Krise erlebt. Egal, in was für einer Situation die Familie steckte, sie hielten immer zusammen. Jedenfalls wirkte das so. Und ich wollte das auch.

Mein Blick, der ruhelos im Raum umherwanderte, blieb an der Wanduhr hängen. Schon seit Stunden hatte sich Taylor nicht mehr bei mir gemeldet und langsam machte ich mir Sorgen. Nicht, dass ich mir die nicht vorher auch schon gemacht hätte. Nur diesmal waren sie begründet.  Wir wollten uns nicht nur zum Essen treffen, sondern auch zusammen nachhause laufen. Doch wieder hatte er sich nicht sehen lassen. 

Bevor ich zum dritten Mal fragen konnte, auf was mein Vater eigentlich wartete, erhob er sich. Seine schnellen Schritte führten ihn zum Fenster, das auf den Hof führte und er lächelte zufrieden. Jetzt hörte auch ich, dass ein Wagen mit knirschenden Reifen vorfuhr. 

Wenige Minuten später betrat Taylor den Raum, hinter ihm drängten sich seine Mutter und seine Geschwister in den Saal. Meine Augen glichen Tennisbällen. Sollten sie nicht in Venezuela sein? Wie waren sie so schnell nach Dublin und vor allem hier zu uns gekommen? Und warum schien meinen Vater das zu freuen? So viele Fragen, doch die Antwort sollte ich schnell bekommen, denn mein Vater schlug an die Außenseite seines Glases, um das anschwellende Raunen zum Schweigen zu bringen.

"Nachdem wir nun alle versammelt sind, möchte ich euch einige Dinge sagen. Zu allererst begrüße ich Seniora Sanchez und ihre Kinder herzlich in unserem Heim. Sie sind heute aus Venezuela angereist, weil ich sie darum gebeten habe. Taylor ist uns ja allen bekannt. Obwohl es meinen Gewohnheiten widerspricht, habe ich beschlossen, in diese Familie zu investieren. Sie werden ein kleines Haus am Stadtrand beziehen und ein Teil unserer Gemeinschaft sein. Bei den ganzen Geschäften, die ich täglich betreue, habe ich eins nie aus den Augen gelassen: Das Wohl meiner Familie. Und Kate hat mich aus der Reserve gelockt."

Taylors Mütter schien peinlich berührt von dieser Ansage, aber sie war erleichtert, tatsächlich aufgenommen worden zu sein. Auch ihre Kinder blickten stolz zu meiner Vater, der ihnen wohl hiermit einen Traum erfüllte. Ein sicheres Heim zu haben und zusammen zu sein.

Ich sah hinüber zu Taylor und unsere Blicke trafen sich. 

"Danke" 

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Nach Stunden des Kennenlernens rief Seniora Sanchez zum Aufbruch auf. Immerhin wollten sie noch heute ihr neues Haus besichtigen und ihr weniges Gepäck dort unterbringen. Meine Mutter hatte einen Narren daran gefressen, ihr bei der Inneneinrichtung zu helfen, sodass sich die beiden wohl noch öfter treffen würden. Komischerweise schienen sie sich trotz aller Differenzen und dem noch schlechten Englisch von Taylors Mutter gut zu verstehen. Die beiden Frauen blühten fast sichtbar auf, während sie immer mehr Parallelen in ihren Familien entdeckten.

Sogar Ada taute langsam auf, nachdem sie die Piercings an Linns Ohren entdeckte und schüchtern fragte, ob man sich die hier einfach so stechen konnte. Obwohl meine Mutter sie dabei missbilligend ansah, kamen sie ins Gespräch. Natürlich gab es das in Venezuela auch, doch die Gesellschaft, in der sie sich sonst bewegte, war wie ihre Mutter streng dagegen. Vielleicht hatte es also doch ein paar kleine Vorteile, nach Irland gekommen zu sein.

Während also Taylors Familie von meiner verabschiedete, zogen wir uns in den Flur zurück. Taylor strich mir eine Strähne aus dem vor Aufregung gerötetem Gesicht und küsste sanft meine Lippen. 

"Jetzt bin ich angekommen."

"Und ich hoffe, du gehst nie wieder" flüsterte ich bevor ich wieder in seinem Kuss versank.

Viel schneller als uns lieb war, wurden wir unterbrochen. Es klopfte mehrmals an der Hintertür, vor der wir standen und da niemand vom Personal in der Nähe war, öffnete ich schulterzuckend die Tür, vor der niemand anderes als Kyle mit einem Blumenstrauß stand. Schockiert sah ich Taylor an, da ich davon ausging, dass Kyle mir die Blumen geben wollte. Doch der drängte sich nur eilig an uns vorbei und steuerte auf den Saal zu. Taylor zwinkerte mir zu.

"Ich glaube, Linn hat dir Blondie ausgespannt" neckte er mich, doch ich lachte nur erleichtert. Jetzt ergab das Gespräch der beiden von heute Mittag Sinn. Zwar konnte ich ihn mir noch nicht mit meiner großen Schwester vorstellen, doch wer sah schon von außen, wer wirklich zusammenpasste?

Bevor wir allerdings wieder gestört werden konnten, schnappten wir uns unsere Jacken und machten uns auf den Weg. Es gab nämlich einen Ort, an dem wir das Happy End feiern mussten. Der klare Himmel entschuldigte den kalten Wind, der uns um die Ohren blies, als wir Hand in Hand durch die Straßen Dublins liefen.

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In der Bar angekommen, bestelle Taylor bei seinem ehemaligen Kollegen zwei Gläser Sekt. Als sie uns noch prickelnd serviert wurden, hoben wir sie und stießen an. Hier begann alles.

"Ich liebe dich."

"So wie du bist."


So wie du bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt