One day in Spring

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Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und schien hell durch die Plexiglasscheiben des gelben Schulbusses. Es war ein wunderschöner Frühlingstag in Phoenix, Arizona und warm war es gewesen, doch uns allen war das nun egal. Ein schöner Tag in einer Stadt. Ihre schönen hellblauen Augen schauten verzweifelt zu Boden, als wollte sie jeden Moment anfangen zu weinen. Sie war das hübscheste Mädchen, das ich je gekannt hatte und nun würdigte sie mich keines Blickes mehr. Blutspritzer klebten überall auf ihrer Kleidung genau wie auch auf meiner. Auf ihrem weißen Rock, auf ihrer zartrosanen Bluse und sogar auf ihren seidigen blonden Haaren befand sich die rote Flüssigkeit. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten zusammen und kniff die Augen fest zusammen. So wollte ich sie eigentlich nie sehen aber nun konnte selbst ich es nicht verhindern. Dafür war es bereits geschehen. Den anderen um uns herum, erging es auch nicht besser. Die Mädchen hielten sich gegenseitig an den Händen und winselten erbärmlich. Die Jungs, die taffen Sportler aus dem Footballteam der Schule, saßen fassungslos da und schauten aus den Fenstern. Da liefen ihr die Tränen über die Wangen und ich wollte nichts lieber, als sie in meine Arme zu schließen und ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde. Das konnte ich leider nicht. Ob sie überhaupt je wieder ein Wort mit mir sprechen würde war fragwürdig. Sicher würde sie mich immer hassen, für das was ich tuen musste! Unsere jetzige Situation schien aussichtslos, denn wir standen bereits seit einer Stunde im Stau fest. Alle waren verzweifelt und wussten absolut nicht, wie es weiter gehen sollte. Die Tatsache, dass wir es aus der High School raus geschafft hatten, grenzte schon an ein Wunder, jedoch gab es zu viele Verluste, die jeder von uns zutiefst bedauerte. Das war alles zu viel für Teenager und überhaupt für Menschen. Verloren schaute ich mich zuerst im Bus um, und die Atmosphäre war leise, betroffen und still. Dann starrte ich auf die digitale Uhr des Busses, die dreiuhrzweiunddreißig anzeigte. Der Stau, der fliehenden Menschen nahm kein Ende. Dabei verstand ich es nicht. Vor genau vier Stunden war ich noch in der Schule und hätte es nie für möglich gehalten, dass mein Leben so enden konnte! Das hatte, so dachte ich, keiner von uns...


11: 32 Uhr Phoenix Highschool (USA)

Die ersten vier Stunden waren rasch vergangen und was die Lehrer uns heute vermitteln wollten, hatte mich nicht die Bohne interessiert. Denn ohne sie... gab es für mich keinen Grund mehr Schule oder überhaupt etwas zu machen. Alles schien einfach trostlos und sinnlos. Langsam, schlenderte ich in Gedanken zu meinem Spint. Ich öffnete ihn und unser Foto sprang mir sofort als erstes ins Auge. Dort stand meine beste Freundin aller Zeiten neben mir, lächelte und zeigte das „Peacezeichen" vergnügt in die Kamera. Das Bild war vor drei Monaten auf dem Rummelplatz entstanden. Meine Finger glitten langsam über das Bild und ich war wieder in Gedanken. Traurig und seufzend schlug ich die Tür zu und traute meinen Augen nicht. „Jake! Wir müssen reden!"  Genau sie stand jetzt vor mir und sah wie jeden Tag umwerfend schön aus. Ihre so klaren blauen Augen funkelten mich nicht gerade freundlich an und ihr blondes Haar hing glatt über ihre Schultern. „Hey... was gibt's denn?", wollte ich wissen und lehnte mich lässig gegen den Spint. Meine Gefühle verbarg ich gekonnt vor ihr und gab mich lässig und cool. Natürlich wusste ich bereits, warum sie mich ansprach in diesem Ton. „Du Idiot, das weißt du ganz genau! Sag mir jetzt, was dein Problem ist, klar!" Natürlich wollte sie auf gestern Abend hinaus. „Ich habe kein Problem. Hast du eins?", fauchte ich sie an, obwohl ich doch ein ganz großes hatte. „Nein. Wieso benimmst du dich dann so geistesgestört?!", fragte sie böse. Den letzten Abend hatte ich schon lange verdrängt, oder ich wollte es zumindest. Mir kam eine Erinnerung wieder in den Sinn und ich vergaß, dass sie vor mir stand. Wir beide standen zusammen auf dem Spielplatz, bei ihr in der Straße und schaukelten in der großen Hängeschaukel hin und her. Ihre klaren Augen funkelten, sie sagte zu mir: „Hey Jake! Wenn ich groß bin... dann heiraten wir ja?!" Dies sagte sie so laut, sodass die anderen Eltern mit ihren Kindern auf dem Spielplatz ganz doof aufschauten. „Ja sicher! Wir sind doch Freunde!", lachte ich und wir gaben uns die Hände. Diese Zeit war Vergangenheit und wahrscheinlich hatte sie unseren Schwur bereits vergessen. Schließlich waren wir da ja erst acht Jahre alt gewesen, aber ich wusste das noch ganz genau. 

Dann kam auch das furchtbare Geständnis in meinen Kopf zurück, von dem ich mich nie erholen würde. „Jake... ich kann das nicht mehr! Ich habe dir schon oft gezeigt, was ich für dich empfinde, doch du... hast es nie bemerkt und jetzt... Jake... ich bin jetzt mit Jeremy zusammen. Doch ich hoffe, dass wir Freunde bleiben können", meinte sie vor drei Monaten plötzlich und meine Welt brach zusammen, denn ich wusste... wenn ein Mädchen zu dir sagt: „Lass uns Freunde bleiben." Dann bedeutete das übersetzt, dass sie nichts mehr von dir wissen will, nicht mal in tausend Jahren wieder! Ihre Worte hatten mir das Herz gebrochen... Zu allem Überfluss war Jeremy mein aller bester Kumpel und ich fragte mich immer noch, wie sie mit ihm zusammen sein konnte. „Hallo?! Erde an Jake! Ich rede mit dir! Hörst du mir eigentlich zu?!", fragte sie wütend. Gott, warum musste ich mich auch auf Jers Party nur so betrinken? Mein erstes Ziel war die hauseigene Bar gewesen und dort trank ich mehrere Bierflaschen hinter einander weg. Dann warf ich die teure chinesische Vase von Jeremys Mum um, und beschimpfte ihn schrecklich. Vor Wut verprügelte ich ihn vor ihren Augen. Demnach hatte sie allen Grund, um auf mich böse zu sein. „Es... es tut mir Leid. Das wollte ich doch...", wollte ich mich entschuldigen, doch sie fiel mir ins Wort. „Ach weißt du was, dein Ego nervt mich! Entschuldige dich gefälligst bei Jeremy und nicht... bei mir", meinte sie und starrte mich unverständlich an. Dann ging sie kopfschüttelnd zurück in den Unterricht. Wütend auf mich selbst, schlug ich mit meiner Faust gegen das Aluminium, woraus mein Spint bestand und flüchtete mich auf das Schuldach.

Für den Matheunterricht hatte ich jetzt keinen Kopf mehr. Eigentlich durfte hier keiner hoch, doch das interessiert mich auch nicht. Sollten sich doch alle erschießen gehen und mich in Ruhe lassen! Schon lange hatte ich mein Image als guter Kerl abgelegt. Mit beiden Händen umklammerte ich das Eisengeländer und starrte runter auf den leeren Schulhof. Keine Menschenseele war unten, da alle Unterricht hatten. Es war das schönste Frühlingswetter und die Vögel zwitscherten ihre Arien. Verdammt! Warum war ich nur so dumm gewesen und hatte sie gehen lassen?! Im Prinzip war ich selber schuld daran, dass sie mich nicht mehr um sich haben wollte. „Hey! Du da!" Hinter mir hörte ich eine hohe Stimme und jemand stellte sich neben mich. „Was willst du hier Püppchen?", lachte ich genervt und abwertend, drehte mich zu ihr um. Es war ein Mädchen mit wasserstoffblondem Haar und klaren dunkelblauen Augen, die ganz anders strahlten als die von ihr. „Wie redest du denn?! Mr. Conway wollte, dass ich dich suchen gehe. Ich wusste natürlich, wo du steckst", entgegnete Sophie Evans, ihres Zeichens Modeprinzessin und Kapitän des Cheerleaderteams. Unsere Eltern waren zusammen aufgewachsen und deshalb gut befreundet. Ihre Gegenwart war mir ganz gleich und ich hegte für eine Sekunde sogar den Gedanken...direkt vor ihre Füße... mich vom Dach in die Tiefe zu stürzen. Wenn mein Kopf auf dem kalten harten Asphalt aufschlagen würde, dann würde ich ganz sicher tot sein und keiner konnte mir dann das Herz rausreißen! Keiner würde mich vermissen... „Ist ja ganz nett von dir. Verschwinde jetzt, verstanden!? Ich brauche dich nicht!", brüllte ich sie böse an und schaute wieder in die Tiefe. „Wenn du meinst! Mir doch egal! Dann schmeißen sie dich von der Schule", meinte sie schulterzuckend und wollte gehen. „Das interessiert mich nicht...", murmelte ich und auf einmal schossen mir die verärgerten Gesichter meiner Eltern ins Gedächtnis. Mein Dad (Der gerade in England unterwegs war) würde sicher ausrasten, wenn aus mir nichts werden würde und über Mum wollte ich erst gar nicht nachdenken. Erst recht wenn ich tot wäre, würde mir das nichts bringen. Meine Mutter musste schon so viel wegen mir durchmachen. Sie hatte das nicht verdient. Also seufzte ich und gab auf. „Hey... Soph. Warte ich komme... mit", gab nach und folgte ihr. Weg vom Dach. Was für ein Fehler war.

Jetzt dachte ich mir... ich hätte doch springen sollen, dann wäre ich wenigstens schon tot gewesen...

Keep Calm And Kill ZombiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt