"Für die bin ich Dreck!"

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Es war weit nach Mitternacht, als ich nach meinem Ausflug in die Nokturngasse endlich erschöpft in mein Bett fiel.
Ich hätte den kompletten Tag durchschlafen können, doch am nächsten Morgen wurde ich von den Stimmen meiner Zimmergenossinnen geweckt.
Gähnend setzte ich mich auf und wurde direkt von der Sonne geblendet. Sofort hielt ich mir eine Hand schützend vor die Augen.
Nachdem ich mich langsam aber sicher an die Helligkeit gewöhnt hatte, streckte ich mich seufzend und wünschte den anderen einen guten Morgen.
Vereinzelt bekam ich ein "Morgen!" zurück, doch Serena - die mich an meinem ersten Tag liebevoll mit "Du bist das Schlammblut, hm?" begrüßt hatte - fragte mich mit provokativ scharfem Unterton: "Wieso bist du gestern schon wieder erst so spät gekommen?"
Nach einer kurzen Pause fügte sie verächtlich hinzu: "Auch für dich gelten die Schulvorschriften!"
Ich wusste natürlich, dass man sich nach Mitternacht nicht mehr außerhalb seines Hauses aufhalten durfte, allerdings war das den Tag zuvor weniger meine freie Entscheidung gewesen.
"Ich hatte mich verletzt und musste noch verarztet werden", antwortete ich ihr schlicht und schlug meine Decke zur Seite, um ihr mein Knie zu zeigen, das über Nacht tatsächlich gut verheilt war. Man konnte zwar noch immer gut erkennen, wo ich mich verletzt hatte, dennoch hatten des Professors Heilkünste wunderbar funktioniert.
Ich verschwieg ihr bewusst, dass ich nicht im Krankenflügel gewesen war.
Serena betrachtete mich skeptisch und redete weiter: "Ah ja, dann verletzt du dich anscheinend jeden Tag irgendwo? Mir ist schon aufgefallen, dass du immer öfter nachmittags verschwindest und immer erst spät Abends zurück kommst!"
Genervt gab ich zurück: "Und selbst wenn - dann geht dich das ziemlich wenig an!"
Sie zog ihren Zauberstab aus der Tasche und richtete ihn auf mich: "Ich warn dich, wenn du irgendeinen Plan ausheckst um uns zu schaden, dann wirst du das sowas von bereuen..."
Ich wollte nach meinem eigenen Zauberstab greifen, doch stellte ich schockiert fest, dass diesen immer noch Snape hatte. Er hatte anscheinend vergessen ihn mir zurück zu geben. Und ich hatte vergessen, ihn darauf hinzuweisen.
Ich verwünschte den Professor leise und hoffte inständig, dass die Situation nicht eskalierte.
"Wenn du mit 'uns' dich und andere Reinblüter meinst, Serena. Dann nein, glaub mir. Ich habe besseres zu tun und im Gegensatz zu euch interessiert mich der Blutstatus nicht", sagte ich seufzend.
Überzeugt schien sie nicht, dennoch senkte sie ihren Zauberstab, was mich erleichtert aufatmen lies.

Ich zog mich um und ging daraufhin mit Mary und ihren Freunden aus unserem Schlafsaal zum Frühstück in die große Halle.
"Nimm dir das nicht so zu Herzen, Serena übertreibt einfach immer ein bisschen, nimm das nicht so ernst", riet sie mir. "Sie hasst dich weniger als du denkst und keiner hier würde dir irgendwas tun!"
"Natürlich ist das ernst. Menschen... wie ich - sie sterben. Regelmäßig! Muggel sterben! Nicht wenige würden es hier beklatschen, wenn auch ich sterben würde...", antwortete ich ihr aufgebracht. Wenn die momentane Situation eines war, dann ernst!
"Natürlich sterben Menschen und das ist grauenvoll, aber der dunkle Lord und seine Anhänger wollen unsere Welt verbessern! Wie sie mit ihren Gegnern umgehen ist nicht richtig, aber im Endeffekt wird es uns nützen!", sagte sie fest überzeugt.
Ich sah Mary entgeistert an: "Was? Ihre ganze Ideologie besteht nur aus Hass und der Überzeugung, dass sie etwas besseres sind!"
"Naja... Eigentlich haben sie schon irgendwo recht. Warum sollen wir uns als Zauberer auch vor Muggeln verstecken?", versuchte sie weiter mich zu überzeugen.
"Die wollen mich am liebsten tot sehen! Für die bin ich Dreck!", ich konnte nicht glauben, dass sie wirklich das Weltbild dieser Tyrannen verteidigte.
"Du kannst ja nichts für deine Herkunft! Dass Zauberer aus Muggelfamilien kommen, das passiert halt mal, daran sind ja nicht die Betroffenen schuld!", versuchte sie mich zu beschwichtigen. Doch sie bewirkte das komplette Gegenteil, ich wurde wütend.
"Du redest, als hätte ich eine Krankheit, die man nur ordentlich auskurieren müsste!", zischte ich sie an.
Sie wollte mir erneut widersprechen, doch ich drehte mich um und lief schnellen Schrittes in die entgegengesetzte Richtung.
Ich hatte keine Lust auf solche Debatten, ich wurde oft genug damit konfrontiert.
Das Haus Slytherin hatte einen besonderen Hang dazu, solchen Ideologien nachzuhängen. Leute wie Mary wurden vermutlich einfach zu sehr von ihrem Umfeld beeinflusst und waren nicht in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Dennoch stützten auch sie damit die grauenhafte Tyrannei Du-weißt-schon-wems und der Todesser.

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