Wieder saß ich alleine in einem Abteil im Hogwarts-Express. Wieder lag mein Blick auf den vorbeiziehenden Landschaften.
Es war die selbe Situation wie ein halbes Jahr zuvor.
Doch war ich noch die selbe Person?
Ich seufzte und wünschte mir, dass sich wie damals Ariana zu mir setzen würde. Ich hatte den Rest der Ferien bei meiner Familie verbracht, ohne irgendetwas von Severus Snape zu hören.
Nun war ich zurück auf dem Weg nach Hogwarts und ich ging nicht davon aus, dass wir weiter zusammenarbeiten würden.
Erst einmal würde ich den Ball am Abend überstehen müssen.
Wie war Professor Dumbledore eigentlich auf eine solche Idee gekommen?
Draußen tanzten Schneeflocken, durcheinandergewirbelt vom eisigen Wind, der die Scheiben klappern ließ.
Ich wollte mir gerade ein Buch aus meinem Rucksack ziehen, da betrat William mein Abteil, begrüßte mich ein wenig schüchtern und fragte mich, ob er sich setzen könne.
"Klar", sagte ich und versuchte ein nettes Lächeln.
Ich war immer gut mit ihm ausgekommen. William war eher unauffällig, gehörte aber in der inoffiziellen Rangordnung der Slytherins zu denen, die weit oben standen. Seine Eltern waren keine Todesser - zumindest soweit ich wusste - trotzdem war seine Familie angesehen, mächtig, einflussreich und zutiefst reinblütig.
"Ähm...", begann er.
"Ja?", fragte ich freundlich. "Hau raus!"
"Ok", sagte er. "Ich hoffe, du verstehst das jetzt nicht falsch..."
Ich schüttelte lächelnd den Kopf: "Quatsch!"
"Gut... Heute Abend ist ja dieser Neujahrsball und eigentlich wollte ich mit meiner Freundin gehen... Aber sie hat mich sitzenlassen... Ich weiß nicht, ich glaube, du hast noch niemanden... Und ich wollte dich fragen, ob du vielleicht so nett wärst, mit mir zu gehen? Nicht, dass du jetzt nur zweite Wahl wärst, oder so! Natürlich meine ich das alles eher freundschaftlich, weil ich dich echt gerne mag, nicht als letzte Möglichkeit, weil alle schon weg sind..."
Ich dachte kurz nach. Ich hatte es gar nicht in Betracht gezogen, mit einem Partner am Ball zu erscheinen. Mir war niemand eingefallen, mit dem ich gehen wollte - und der auch meine Begleitung ertragen konnte.
"Ja, warum nicht?", sagte ich schlicht.
Er wollte etwas erwidern, doch ich kam ihm zuvor: "Keine Angst, ich versteh das nicht falsch! Ich freu mich tatsächlich. Dann kannst du deiner Ex-Freundin wenigstens zeigen, dass sie keine allzu große Lücke hinterlassen hat!"
Ich zwinkerte ihm grinsend zu und beobachtete, dass er durchaus entspannter wirkte.
"Wie war dein Weihnachten?", fragte er schließlich.
"Ganz gut", antwortete ich und entnahm seinem skeptischen Blick, dass er mir nicht ganz glaubte.
Also seufzte ich und fuhr fort: "Geschenke gibt es bei uns immer schon am 24., das war auch ziemlich nett. Am 25. hatte ich mich ein bisschen verletzt, das war weniger nett - aber keine Panik, ich wurde fachmännisch verarztet.
Wie war es bei dir?"
Meine Antwort stellte ihn noch immer nicht zufrieden, doch war er höflich genug nicht weiter zu fragen, sondern meine Frage zu beantworten und so vom Thema abzulenken.
Also erzählte er mir von seiner Familie, die an Feiertagen immer bis auf den letzten Urgroßonkel zusammen kommt: "Wie jedes Jahr ging es natürlich wieder nur darum, wer am erfolgreichsten und besten ist, dass man sich vor den anderen profiliert. Ich habe mich wie immer zurückgehalten. Aber meine Eltern mussten wieder damit anfangen, dass ich ja Klassenbester in Verwandlung bin und ich habe ihr gesagt, dass zum Beispiel du auch gut bist, teilweise sogar besser! Das wollten sie natürlich nicht hören."
Er seufzte und verdrehte die Augen: "Familie halt. Aber ansonsten war es auch recht witzig, ich habe so gut wie den ganzen Abend mit meinem Onkel Zauberschach gespielt und Plätzchen gefuttert - ich habe gefühlt 20 Kilo zugenommen. Tanzen heute Abend wird ein großer Spaß!"
Er lachte. Mir wurde plötzlich klar, dass das etwas war, worüber ich noch gar nicht nachgedacht hatte: Tanzen?!
"Du...", begann ich. "Mein Fuß ist immer noch nicht ganz verheilt... Also, es geht, aber tanzen wird bestimmt... Eine Katastrophe!", schloss ich mit einer - zumindest nach meiner Meinung - realistischen Einschätzung.
Er lachte wieder: "Hey, da passen wir gut zusammen! Aber keine Panik, es wird sicherlich schlimmere Tänzer als uns geben!"
Ich war mehr als skeptisch.Ich zog das Kleid, das mir meine Mutter besorgt hatte, aus dem Koffer und musste feststellen, dass es noch schöner war, als ich es in Erinnerung hatte.
Ich wollte den Abend genießen, wenn ich ihm schon nicht entkommen konnte, wollte die vergangenen Monate vergessen und mich wie eine Prinzessin fühlen.
Ich war keinesfalls eines dieser tussigen Klischee-Mädchen, doch jede Frau wollte sich ab und an einfach mal hübsch machen und sich gut fühlen.
Meine Freundinnen hatten mir kurz vor meinem Unfall im Drachenreservat sündhaft teure und meiner Ansicht nach viel zu übertriebene Unterwäsche geschenkt. Sie wollten mich unauffällig mit irgendeinem Kerl verkuppeln - weder der Teil mit dem unauffällig noch der Teil mit dem verkuppeln hatte funktioniert. So blieb mir nur die Unterwäsche, die ich vorher noch nie getragen hatte. Zwar erschien sie mir auch für den Abend übertrieben, doch wenn ich mich schon aufstylen wollte, dann würde ich auch alles auspacken, was mir zur Verfügung stand.Der Stoff des Kleides auf meiner Haut fühlte sich überraschend gut an.
Meine sonst lockigen Haare glättete ich mit einem praktischen kleinen Zauber, den Ariana mir mal verraten hatte.
Am Ende betrachtete ich mich im Spiegel und stellte wieder überrascht fest, dass ich mich nicht mal allzu hässlich fand.
Ich fühlte mich wohl und sogar in den Schuhen, die meine kleinen Schwestern für mich ausgesucht hatten, konnte ich besser laufen als erwartet.
Gut gelaunt machte ich mich auf den Weg in die große Halle, da William dort auf mich warten wollte. Er war um einiges schneller fertig geworden als ich und so hatten wir vereinbart, dass er einfach schon mal vorgehen sollte.
Ich verstaute noch schnell meinen Zauberstab in meiner Tasche und kletterte aus unserem Gemeinschaftsraum in die Kerkergänge.
Meine Haare fielen mir ins Gesicht, ich stolperte leicht und fast hätte ich eine vorbeigehende Person umgestoßen.
"Entschuldigung", murmelte ich, während ich mir meine Haare aus dem Gesicht strich.
Erst da bemerkte ich, dass die Person niemand geringeres als Severus Snape war.
"Ein bisschen vorsichtiger, Miss!", sagte er ausdruckslos.
"S- Professor...", begann ich.
Ich musterte ihn kurz. Er war wenig festlich gekleidet, trug wie immer schwarz. Doch wirkte er gesünder als sonst. Auch schien er etwas Sonne und ordentlich Schlaf abbekommen zu haben. Seine Haare waren im Gegensatz zu sonst nicht fettig, sondern sahen frisch gewaschen und voluminöser aus.
Es freute mich, dass er sich anscheinend mehr um sich selbst kümmerte als zuvor. Doch wusste ich nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte.
Er nahm mir die Entscheidung ab, indem er sich einfach umdrehte und weiterging.
Verwirrt folgte ich ihm mit einigem Abstand, da wir beide das selbe Ziel hatten."Hey", sagte ich grinsend zu William, als ich mich zu ihm an einen Tisch stellte.
"Hey - oho!", antwortete er, als er mich sah. Er umarmte mich und betrachtete mich kurz.
"Du siehst gut aus!", sagte er lächelnd.
"Äh... Danke", gab ich etwas verlegen zurück.
"Du siehst auch nicht übel aus", grinste ich dann. Er verdrehte die Augen und wollte mir spielerisch in den Arm zwicken, doch ich wich geschickt aus und grinste nur noch breiter.
Tatsächlich hatte ich es so gemeint, wie ich es gesagt hatte. Er sah nicht übel aus mit seinem hellbraunen Haar und den strahlenden blauen Augen. Trotzdem betrachtete ich ihn nicht auf diese Weise. Er war ein Jahr jünger als ich, wir verstanden uns gut und waren Freunde."Deine Ex starrt uns böse an!", kicherte ich, als ich ihren Blick auf mir ruhen sah. Demonstrativ klammerte sie sich noch fester an den Arm ihrer neuen Begleitung.
"Soll sie doch", gab William ein wenig verärgert zurück.
Langsam kamen sie auf uns zu. Ich verdrehte die Augen. Auf so einen Kindergarten konnte ich gut verzichten.
"Schon'ne Neue gefunden, was?", fragte sie mit abschätzigem Blick auf mich, jedoch an William gewandt.
"Ja", sagte er schlicht und drehte sich von ihr weg.
"Hast wohl nur noch ein Schlammblut abbekommen, was?", zischte ihre Begleitung. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Er war einer derjenigen, die vor so langer Zeit - zumindest schien es mir so - beim Frühstück den Tod einer Muggelstämmigen zelebriert und mich indirekt bedroht hatten. Ich hoffte, dass die beiden einfach wieder gehen würden. Doch den Gefallen taten sie mir nicht.
"Blutsverräter!", zischte er William mit unbändigem Hass in der Stimme zu.
"Ist das jetzt nicht ein bisschen albern? Und ist das vor allem nicht ein bisschen der falsche Anlass?", fragte ich seufzend.
Nun ereilte sein hasserfüllter Blick mich: "Pass auf was du sagst, Drecksschlampe! Rede so nicht mit mir!"
Ich wurde wütend. Doch versuchte ich mich zu beherrschen, sodass man es mir nicht ansah. Natürlich wollte er uns provozieren. Diese Genugtuung konnte und wollte ich einem wie ihm nicht gönnen.
"Gibt es ein Problem?", hörte ich plötzlich eine barsche Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte Professor McGonagall, die schnellen Schrittes auf uns zukam.
"Nein, ich denke nicht", antwortete ich ihr.
"Sehen Sie das auch so, Mr Avery?", fragte sie mit hochgezogener Braue und betrachtete ihn feindlich.
"Natürlich... Professor", fügte er zischend hinzu und ging grollend zurück zu seinen Freunden, die uns alle wütende Blicke zuwarfen.
Professor McGonagall lächelte mich kurz an und bedachte mich mit einem Gesichtsausdruck, der mir zu verstehen gab, dass ich vorsichtig sein sollte.
Ich nickte kurz. Sie nickte kaum merklich zurück, ging weiter zum Lehrertisch und setzte sich neben Dumbledore, der gerade in diesem Moment aufstand:"Schüler - und Lehrer - von Hogwarts!
Es ist mir eine außerordentliche Freude, euch alle auch im neuen Jahr wieder hier willkommen zu heißen.
Wer sich fragt, warum ich gerade zu solchen Zeiten auf die Idee kam, einen Neujahrsball zu veranstalten - wann sollte es wohl einen besseren Zeitpunkt geben, um Angst und Schrecken hinter sich zu lassen und zu feiern?
Mehr möchte ich fürs Erste auch nicht sagen, denn ich höre eure Mägen bis hier her knurren!
Demnach... Lasset uns Essen!"_____
Ich möchte nicht spoilern aber ich glaube, das nächste Kapitel wird euch gefallen... hrrhrrrr...
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Deep down inside me.
Hayran Kurgu1980. Severus Snape beginnt auf Hogwarts zu unterrichten. Der Krieg in der Welt der Zauberer erlebt seinen Höhepunkt. Die Hauptfigur dieser Geschichte kehrt für ihr finales Jahr an die Schule für Hexerei und Zauberei zurück. Sie lebt in einer Zeit...