Doktorspiele

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Nach einer eher unangenehmen Reise im Flonetzwerk landete ich unsanft im Büro des Professors, direkt in seinem Kamin auf den Knien.
Toll, dachte ich mir, jetzt hab ich auch noch Asche in der Wunde. Ich beeilte mich aus dem Weg zu kommen, da Snape direkt nach mir im Kamin erschien. Er hatte anscheinend mehr Übung mit dem Reisen im Flohnetzwerk. Nicht das kleinste bisschen Asche an fand sich an seiner Kleidung.
Für gewöhnlich bevorzugte ich das Apparieren, aber wenn man direkt nach Hogwarts wollte, musste man eben zu Alternativen greifen.
Ich war müde, dreckig und hatte Schmerzen - ich wollte nur duschen und schlafen, also humpelte ich so schnell, wie es mir nur möglich war in Richtung Tür.
"Sie wollen so wirklich gehen?", hörte ich eine belustigte Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und fauchte ärgerlich: "Ja, haben Sie damit etwa ein Problem?"
"Habe ich", sagte er schlicht. "Im schlimmsten Fall enden Sie mit einer Blutvergiftung oder humpeln noch drei Wochen so weiter."
Ich sah in genervt an und sagte besserwisserisch: "Ich geh einfach im Krankenflügel vorbei!"
"Und dann behält Madam Pomfrey Sie die Nacht und den halben nächsten Tag über da", sagte er zynisch.
"Bestimmt, da ich mich ja auch riesig verletzt habe", entgegnete ich zickig.
"Setzen Sie sich einfach und überlassen Sie das mir", seufzte er und schob mir einen Stuhl zurecht.
Ich verdrehte nur die Augen und setzte mich einfach, ich hatte keine Lust auf weitere Streitereien.
Er kniete sich vor mich, sah sich meine Verletzung kurz an und versuchte mein ausgestrecktes Bein ein wenig zu knicken.
"Au-au-au-au!", stöhnte ich und verzog mein Gesicht vor Schmerz.
"So funktioniert das aber nicht, da komm ich nicht gut genug dran", erklärte er mir.
Er sah sich kurz um, überlegte und seufzte erneut resignierend.
"Kommen Sie mit", sagte er, reichte mir seine Hand, zog mich hoch und stützte mich beim gehen.
Er führte mich überraschenderweise in seine privaten Räume und drückte mich auf sein Bett, sodass ich erst gar nicht protestieren konnte.
Er wies mich an, mein Bein hochzulegen.
Ich rückte mir die Kissen zurecht, sodass ich wenigstens aufrecht sitzen konnte.
"Ziehen Sie die Hose aus", befahl er mir.
"Ähm, Nein?", entgegnete ich empört. Ich wollte definitiv nicht ohne Hose im Bett meines Lehrers liegen!
Er verdrehte die Augen und verließ den Raum.
Ich war irritiert und entschied mich nach kurzem Warten dafür, einfach zu gehen.
Doch ehe ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, kam er bereits zurück und warf eine kurze Pyjamahose neben mich auf das Bett.
"Wo haben Sie die jetzt aufgetrieben?", fragte ich skeptisch.
"Hat mir ein Hauself besorgt, keine Sorge!", antwortete er mir nur.
"Ok", sagte ich genervt. Er sah mich erwartungsvoll an. Ich sah verständnislos zurück und bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, doch bitte den Raum zu verlassen, während ich mich umzog.
Meinen Umhang warf ich achtlos auf den Boden. Schwierigkeiten hatte ich, während ich meine Hose auszog. Ich musste feststellen, dass auch mein Schienbein ein paar beachtliche Schrammen abbekommen hatte.
Schnell schlüpfte ich in die Pyjamahose, die immerhin bis zur Hälfte meiner Oberschenkel reichte und begab mich zurück in meine Ausgangsposition auf das Bett.
Als er zurück kam, hatte er zwei Fläschchen in der Hand, die er auf dem kleinen Schränkchen neben seinem Bett abstellte.
Er zog einen Stuhl zu sich heran, setzte sich direkt neben mich und betrachtete die Verletzung erneut.
Wortlos begann er, die Wunde zuerst mit Magie zu säubern und sie daraufhin mit einer Salbe aus verschiedenen Kräutern zu bestreichen.
Danach murmelte er einen weiteren Spruch und tropfte eine klare Flüssigkeit auf mein Knie und mein Schienbein.
Sofort breitete sich eine angenehme Kälte auf meiner Haut aus.
"Jetzt sollten Sie das Bein noch eine gute Stunde ruhig halten und wenn Sie Glück haben, ist bereits morgen alles verheilt", erklärte er mir.
"Sie haben nicht bedacht, dass Sie jetzt auch erstmal eine Stunde nicht ins Bett gehen können, oder?", fragte ich ihn sarkastisch. Nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen hatte er das nicht. Hach, dachte ich mir, immerhin etwas Genugtuung.

Er hatte sich ein Buch geholt und sich im Sessel gegenüber seinem Bett niedergelassen. Wir schwiegen uns eine Zeit lang an. Ich musste mich durchgehend davon abhalten einzuschlafen.
Dann sagte er plötzlich, ohne von seinem Buch aufzusehen: "Mein Verhalten heute war falsch..."
Ich wertete es einfach als Entschuldigung und antwortete mit einem schlichten "Danke".
"Das finde ich so angenehm an Ihnen...", antwortete er nachdenklich.
"Was?"
"Sie haben das als Entschuldigung gesehen, oder?"
"Ja."
"Sie haben nicht verlangt, dass ich es groß ausformuliere..."
"Nun, Sie haben eingesehen, dass Sie sich falsch verhalten haben... Ich weiß, was Sie sagen wollten aber Sie haben anscheinend Probleme damit, das wirklich auszusprechen... Solange ich das weiß, reicht mir das..."
"Jetzt bin ich an der Reihe Danke zu sagen", hauchte er mehr als das er es sagte.
"Nicht dafür", entgegnete ich und unterdrückte ein Gähnen.
Er legte das Buch beiseite und sah mich direkt an.
"Ich stand extrem unter Druck, man weiß nie, wer einem an Orten wie der Nokturngasse begegnet. Und es gibt genug, denen ich nicht begegnen will... Ich habe in meinem Leben einige falsche Entscheidungen getroffen, die ich jetzt irgendwie wieder gutmachen muss...", sagte er düster.
Wieder eine Aussage, die ich nicht verstand.
"Ich verbringe mit Ihnen mehr Zeit, als mit all meinen Freunden zusammen", sagte ich monoton. "Und doch weiß ich nicht, wer Sie sind. Sobald ich das Gefühl habe, ich wüsste es... Zack, wird dieses Bild durch irgendetwas zerstört."
Er wirkte nachdenklich: "Was denken Sie, wer bin ich?"
Ich dachte ebenfalls nach: "Ein Wahnsinniger. Ein unergründlicher Charakter. Ein durchgehend schlecht gelaunter Zyniker."
Er schmunzelte leicht: "Also durchweg positiv."
Ich nickte nur, ebenfalls grinsend.

Die weitere Zeit blieben wir stumm.
Wir waren beide müde, zu lange war der Abend gewesen.
Plötzlich sah er auf die Uhr und sagte an mich gewandt: "Sie dürfen ihr Bein nun wieder bewegen. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht!"
Steif stand ich von seinem Bett auf, griff meinen Umhang und ging zur Tür.
"Gute Nacht Professor. Vielen Dank für die kompetente Behandlung!", sagte ich zwinkernd.
"Das war doch jetzt Ironie!", entgegnete er ein wenig empört.
Lächelnd antwortete ich: "Quatsch!"
Ich öffnete die Tür, lief - beziehungsweise humpelte noch immer ein wenig - hindurch und bevor ich sie wieder hinter mir schloss fügte ich hinzu: "Das war Sarkasmus."

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Verzeiht mir den Kapitelnamen, ich musste - ich hoffe, ihr hattet jetzt nicht sonst irgendwelche Vorstellungen :D
Der Professor ist schließlich keiner von der schnellen Sorte!

Deep down inside me.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt