Ich spürte die Wärme seines Körpers durch die Schichten unserer Kleider und irgendwie fühlte es sich merkwürdig intim an. Schnell ließ ich ihn wieder aus der Umarmung los, lächelte und hielt ihm die Türe auf. Er lächelte scheu und etwas überraschte zurück und verschwand in der Dämmerung. Ich sah ihm kurz nach, bevor ich die Türe schloss und mich gegen sie lehnte. Es war schön gewesen. Heute hatte es so natürlich und offen gewirkt. Ich hatte bloß zum Beginn ein paar langweilige, einfallslose Fragen stellen müssen, bevor es dann eigentlich wirklich lockerer geworden war. Dennoch fühlte ich mich müde und erschöpft, als wäre ich die ganze Zeit angespannt und auf der Hut gewesen. „Octavian?", hörte ich Cherry aus dem Wohnzimmer rief ich und stieß mich von der Türe ab. „Hättest du nicht einmal nicht so asozial benehmen können, wie sonst immer?", fragte ich genervt und schenkte ihm einen hoffentlich genervten Blick. Er kaute an etwas und ich fragte mich, ob er immer etwas essen musste und wie er dennoch so dünn bleiben konnte, Dann fuhr er sich mit der flachen Hand über die kurzrasierten Haare, als müsse vergewissern, dass seine Haare auch tatsächlich ab waren. Ich hörte sein wenig ernstzunehmend klingendes „Sorry" und entdeckte die Tasche neben seinen Beinen. „Willst du schon wieder los?" Man hörte die Überraschung in meiner Stimme und mein Ärger war verraucht. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nate will mich sehen und ich hab noch Training." Das altersschwache Sofa quietschte leise, als ich mich darauf fallen ließ und meine Beine zum Schneidersitz kreuzte. „Achso..." Ein kurzes Schweigen trat ein und wenigstens besaß er so viel Taktgefühl nicht einfach so zu gehen. „Und wie fandest du ihn?" Er sah eine Augenbraue hoch und ich konnte die Frage förmlich in seinem Gesicht ablesen. Ernsthaft? Willst du jetzt eine Bewertung von 1 bis 10 mit Begründung? Und das Schlimmste war, dass ich das am liebsten tatsächlich gehabt hätte. Ich hörte sein leises Seufzen, als er sich auf den Sessel fallen ließ. Er bevorzugte dieses Gespräch wenigstens noch seinem Bruder. Außerdem kannte er mich schon so gut und lange, um zu wisse, dass so etwas bei mir dauern würde. „Ich weiß ja nicht mal wie er heißt." „Du hast ja auch nicht gefragt. Keys." Seinen Blick konnte man mit nichts anderem als missbilligend beschreiben. „Und jetzt sag schon!" Ich klang und fühlte mich wie ein Teenager Mädchen, das wissen wollte, wie ihr bester Freund ihren Schwarm fand und ich wollte nicht darüber nachdenken, ob Keys das tatsächlich war... „Er ist auf jeden Fall besser als dein jetziger Freund.", begann er und ich starrte ihn weiter erwartungsvoll an. Es war nicht schwer für ihn irgendjemand mehr zu mögen als Hektor. Er verdrehte die Augen. Er hasste es, wenn ich ihn in die Rolle des besten Freunds drängte und in seinen Augen über belanglose Kleinigkeiten sprach. „Aber ich verstehe wirklich nicht, wieso du so jemand geküsst hast, wenn du doch ach so verliebt in Hektor bist." Aus seinem Mund klang dieser Name wie ein schlimmes Schimpfwort. „Was hat dir Liam nicht erzählt?" Er runzelte die Stirn, als sei der Satz vollkommen unnötig und entgegnete nichts. Sein letzter Satz bedeutete bloß so viel, dass er Keys zu langweilig und unbesonders fand, um für ihn eine Beziehung zu riskieren. Was kein sehr großes Kompliment war, aber netter als die meisten anderen Sachen, die er über Menschen sagte, „Glaubst du Hektor hat davon erfahren, dass er so ausgerastet ist?" Er meinte, dass Hektor mir eine gescheuert hatte und ich schüttelte den Kopf. „Nein." „Ah..." Dieses Interesse war unschlagbar. Ich spielte an einem Faden an meiner Jeans. „Wie läuft es eigentlich mit Nate?" Er schnalzte mit der Zunge und ich ignorierte die Tatsache, dass er dieses Thema noch mehr verabscheute, als Smalltalk oder beste Freunde Gespräche. „Ich habe ihn vor kurzem zum Essen eingeladen." Er setzte einen Blick auf, als gäbe es nicht mehr zu sagen oder als fiele ihm zumindest nichts mehr ein. Ich seufzte und hasste es, dass es nichts was in seinem Leben vor sich ging, als wichtig genug erachtete zu erzählen. Bei ihm lag es nicht an Verschlossenheit, sondern einfach an dem Prinzip, dass er stets mehr über sein Gegenüber wissen wollte, als dieser über ihn wusste und zudem niemand langweilen wollte. „Gut. Dann hau schon ab." Er nickte knapp und mir fiel auf, dass die kurzen Haare seinem Gesicht etwas kantig Vogelhaftes verliehen, stand auf und schob die Hand in eine Jackentasche, aus der er die graue Mütze zog, mit der er die Stoppeln auf seinem Kopf verbarg. Ich stand auf und es entstand eine unsichere Situation, da wir nie wussten wie wir und verabschieden sollten. Er ließ Luft zwischen seinen Lippen heraus zischen, drehte sich um und stapfte zur Türe, als wolle er demonstrieren, dass ich so etwas zu doof war. „Ich finde die Türe." und kurz darauf hörte ich die Türe ins Schloss klacken. Irgendwie ärgerte ich mich, irgendwo tief in mir, darüber dass er sich nicht einmal die Mühe zu machen schien mir zuzuhören. Aber was hatte ich erwartet? Ja wohl nicht, dass er hin und weg war von Keys. Ich stand auf, tapste in die Küche und setzte mir die Milch für einen Kakao auf. Zwar war es mitten im Sommer, aber ich dennoch brauchte ich das gerade. War immerhin besser, als Alkohol. Und vielleicht hätte Cherry auch mit seinen wenigen Sätzen recht gehabt. Wieso setzte ich meine Beziehung für einen Jungen aufs Spiel, den ich erst seit gestern kannte? Ich musste zuerst wissen, wie ich Hektor mittlerweile gegenüber stand, bevor ich Dinge tat und Entscheidungen traf, die ich im Nachhinein bereute. Ich hatte Keys nicht einmal gefragt, was das heißen sollte, dass er „in der Theorie" vergeben war und wahrscheinlich ging es mich auch gar nichts an. Ich sollte ihn vielleicht einfach in Ruhe lassen, zumindest so lange, bis ich wusste, was ich wollte oder wenigstens meine Finger von ihm lassen und bloß mit ihm befreundet sein. Aber das Problem war, dass ich nicht wusste, ob ich das tatsächlich konnte...
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2 refracted Boys.
RomanceOctavian & Keys. »Ich kann auch ohne dich unglücklich sein.« Octavian steckt in einer Beziehung, von der er nicht weiß, wie es weitergehen soll und ob er damit noch glücklich ist. Keys ist unglücklich verliebt und hat sich geschworen seine alte Lieb...