Keys sah angespannt aus dem Fenster und mein Herz in meiner Brust fühlte sich an wie ein Stein. Wie kam es, dass er genau die richtigen Fragem stellte? Und weshalb konnte ich sie nicht mit einem entschiedenen Ja beantworten? Hatte ich es je gekonnte oder lag es an dem Kuss mit ihm? Oder hatte ich es davor auch nicht mehr sagen können, aber hatte mich nicht getraut zu fragen, da ich Angst vor der antwort gehabt hatte? Die Musik machte mich ganz nervös und ich spürte kaum noch etwas von der Wirkung des Cannabis'. Ich sah auf Marians Mund, doch hörte kein Wort. Sie hatte die gleichen Lippen wie Keys und auch die augen waren ähnlich, bloß dass seine Wimpern länger und nicht Mascara verklebt waren. Ich fragte mich von wem sie die Augen und die Lippen hatten. "Meinst du nicht auch?", riss mich Marian auf meinen Gedanken und legte den Kopf schief. "Tut mir leid, was hast du gesagt?", fragte ich kleinlaut und war für einen Moment von meinen düsteren Gedanken abgelenkt. Sie lächelte nachsichtig. "Ich habe bloß gesagt, dass Keys wie ein Hippie mit den Strähnen aussieht." Ich war Keys einen Seitenblick zu. Er hatte sich in die bunt gemusterte Decke gewickelt, die immer auf dem Sessel lag, aber so gut wie nie genutzt wurde und noch ein wenig nach Hektor duftete und sah aus dem Fenster. Ich nickte knapp und sah wieder in Marians Augen. "Stimmt." "Mach dir keine Gedanken wegen ihm.", wechselte sie lächelnd das Thema. Sie war meinem Blick gefolgt. Eine leicht besorgte Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet, aber in ihren Augen lag dennoch die Spur des Leuchtens, die auch Keys besaß, wenn auch nicht so stark. Sie war hübsch. Ich nickte. "Und du hast doch ja anscheinend super mit Nate verstanden?", fragte ich halb aus Höflichkeit, halb aus Interesse. Ich entdeckte die Spur Rot, die in ihre Wangen stieg. "Er ist völlig anders, als die ganzen Jungs, mit denen ich sonst ausgehe." Ich verschränkte meine Beine zum Schneidersitz und runzelte die Stirn. Also mir war Nate heute auch schließlich zum ersten Mal begegnet, aber er war nun wirklich nicht besonders auffällig sympathisch, charmant oder witzig. Ich bevorzugte sogar Charles und wollte gar nicht wissen, wie die Typen waren mit denen sie sonst ausging. Ich fand Nate einfach bloß verklemmt und langweilig, auch wenn ich mir oberflächlich vorkam so etwas schon nach dem ersten Tag zu denken. "Er hat mir seine Nummer gegeben und sein Lächeln ist wirklich umwerfend." Ich lächelte einfühlsam, während ich daran dachte, dass ich ihn noch nicht hatte lächeln sehen und mich fragte, ob ich genauso nervis wie Hektor geschwärmt hatte, als ich frisch in ihn verliebt war. Höchst wahrscheinlich schon und ich entschuldigte mich im Geiste bei Cherry dafür, der mich hatte ertragen müssen und wünschte Marian und Nate viel Glück. "Das freut mich für euch.", sagte ich zu ihr und es wunderte mich selbst wie sehr es von Herzen klang. Sie sprang auf und sah die CDs durch. Langsam kam es mir so vor, als stöbere jeder in meiner Musik und meinem restlichen Besitz herum, wie es ihnen recht war. Sie quietschte begeistert, als sie eine CD fand und drückte sie sich an ihre Brust, während sie einen kleinen Freudentanz auffürhte. "Das ist die Musik von einem meiner Lieblingsfilmen!" Keys sah endlich wieder so aus, als wäre er mit seinen Gedanken in dieser Welt angekommen und Marian legte hibbelig und vor Freude strahlend die CD ein, ohne dass ich es hinbekam einen Blick auf das CD-Cover zu werfen. Sie klickte bis zu einem bestimmten Lied und drehte es laut. Christina Aguilera sang Though Lover aus dem Film Burlesque und Marian deutete ein paar niedliche, ungenierte Tanzbewegungen an, bis sie sich wieder neben mich aufs Bett fallen ließ. Ich spürte ihre Haare an meinen schienbeinen und ich wusste, dass sie sich schon längst in mein Herz gestohlen hatte, genau wie ihr Bruder, der gerade merkwürdig still war und trotz ihres fragwürdigen Jungsgeschmacks, auch wenn man den anerkennenden Blick, mit dem ihre Augen Hektor gefolgt waren nicht hatte übersehen können und das gute Aussehen von ihm, konnte man nun wirklich nicht leugnen. Aber vielleicht war Nate ja ihr gegenüber nicht so verklemmt und hatte ein wirklich aufregendes Lächeln. "Hast du Geschwister?", fragte sie lächelnd und sah mit dem nich zugekniffenenen Auge, konzentriert durch einen kleinen Holzring, den ich irgendwann einmal gekauft und noch nie getragen hatte. Ich sah hoch zu dem Stoff meines Himmelsbetts, den ich so mochte. "Ja. Ich habe einen ... Bruder." Ich musste daran denken, dass Corbin sich älter als ich benahm und beinahe größer war, weswegen ich nicht sagen wollte, dass er jünger war. "Was macht er so? Studiert er auch?" Es überraschte mich für einen Moment, dass sie das wusste, aber vermutlich hatte ihr ihr Bruder davon erzählt. Ich schüttelte den Kopf. "Er macht dieses Jahr sein Abitur und dshalb habe ich ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Er hängt sich zu sehr rein. Würde mich nicht wundern, wenn er am Ende ein Burnout erleidet." "Es ist doch gut ehrgeizig und zielstrebig zu sein.", sagte sie nachdenklich und wickelte eine Kordel, die von dem Baldachin herunterhing um ihren Finger mit den knallrot lackierten Fingernägeln. Mit der Latzhose, dem gestreiften Oberteil, den nackten Füßen, durcheinander geratenen Locken passte sie perfekt in diesen Raum und schien viel zu aufgedreht für Nate. Aber der Schein konnte schließlich trügen. Plötzlich setzte sie sich auf und sah zwischen Keys und mir hin und her. "Und was ist eigentlich mit euch?" Keys runzelte die Stirn und zog die Decke fester um sich, als wolle er sich schützen. "Was meinst du?" Seine Stimme klang ungewohnt kühl. "Ich meine...seid ihr jetzt trotz Hektor zusammen oder...?" Keys lief rot an. "Nein.", sagte er dennoch entschieden und sah mich streng an. Mir wurde bewusst, dass er mir den Kuss von vorher nachtrug. Ich hatte nicht anders können... Und dennoch wusste ich, dass ich mich im Zaum halten musste. Ich hatte einen Freund und ich liebte ihn noch. Vermutlich. Ich biss mir auf die Lippe und zog meine Augenbrauen zusammen. Das Gefühl, diese Unsicherheit in meiner Brust, machte mich nervös. Wieso konnte ich es nicht mehr klar sagen? Wieso fiel mir ein simples "Ich liebe ihn" so schwer? "Was ist das Problem zwischen euch?", fragte sie neugierig weiter. War es so offensichtlich oder hatte Keys irgendetwas erzählt? Mir wurde unangenehm warm unter dem Blick der beiden so ähnlichen Augenpaare und ich brachte nicht den Mut auf auch bloß einen zu erwidern. "Hektor und ich haben keine Probleme.", sagte ich und meine Stimme klang überraschend fest, obwohl ich tief in mir spürte, dass es sich wie eine Lüge anfühlte.
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2 refracted Boys.
RomanceOctavian & Keys. »Ich kann auch ohne dich unglücklich sein.« Octavian steckt in einer Beziehung, von der er nicht weiß, wie es weitergehen soll und ob er damit noch glücklich ist. Keys ist unglücklich verliebt und hat sich geschworen seine alte Lieb...