Er strahlte sein Spiegelbild an, dann sah er zu mir und mir wurde ganz warm ums Herz. Ich hatte Angst gehabt, es könnte ihm nicht stehen oder -noch schlimmer- nicht gefallen. Aber es schien seine Augen leuchten zu lassen und ich war erleichtert und begeistert. Er hatte etwas an sich, das etwas in mir bewegte. Er erinnerte mich an Gedichte, die einem etwas in der Brust schmelzen, Lieder, die einen weinen und lachen gleichzeitig ließen. Für einen Augenblick hätte ich beinahe vergessen, dass Charles noch da war, dass er in der Theorie vergeben war und dass ich einen Freund hatte. Am liebsten hätte ich ihn einfach in den Arm genommen und seine Wärme gespürt. Ich fühlte wie mir das Blut in die Wangen schoss. Ich hatte ihm die ganze Zeit in seine strahlenden Augen gesehen. Schnell wandte ich meinen Blick ab. Wie lange war das gewesen? Charles runzelte skeptisch die Stirn und legte den Kopf schief. Hatte er es auch bemerkt? "Willst du noch etwas trinken?", fragte ich etwas holprig und wich Keys' Blick aus. Was war dieses Gefühl gewesen? Wieso raste mein Herz so? "Nein, danke.", sagte er beinahe überschwänglich und ließ sich wieder aufs Bett fallen. Falls er meinen Blick gerade bemerkt hatte, ließ er sich nichts davon anmerken. Kurz trat Schweigen ein. Jeder hing seinen Gedanken nach. "Wenn du Gras haben willst; er hat unter seiner Matratze immer für Notfälle welches.", sagte Charles ungerührt und musterte Keys skeptisch. "Was für Notfäll?" Charles grinste verschwörerisch, aber es erreichte nicht seine augen. "Charles! Hör auf damit!" Charles' Augen wanderten kritisch zu mir, aber er erwiderte nichts. Keys ließ den Blick zwischen uns beiden hin und her huschen. In seinem Blick stand eine Frage, doch er schwieg. "Wohin musste Hektor eigentlich?", fragte er schlussendlich zögerlich nach einem Moment Stille. "Bandprobe.", antwortete ich ihm und versuchte mir nicht anhören zu lassen, wie wenig Geduld ich gerade mit allem hatte. Nicht einmal seine Haare hatten mich wirklich beruhigen können. Cherry nickte und verengte ein wenig die Augen. "Du bist verstimmt.", stellte er fest und ich bemerkte den überraschten Blick von Keys, da es ihm wohl gar nicht aufgefallen war, genau wie es jedem anderen nicht aufgefallen wäre. Manchmal überraschte mich Charles' Feingefühl Regungen und Stimmungen von Menschen zu bemerken, die anderen entgingen, obwohl er sie dennoch die meiste Zeit überging und mit Füßen trat. Es stand seinem sonstigen Desinteresse und der Ignoranz entgegen. Ich biss meine Zähne zusammen und sah ihn nicht an. Stattdessen beobachtete ich Keys ein wenig besorgt. Ich wollte es nicht vor Keys klären. Cherry ging vor der Stereoanlage in die Knie und sah meine Schallplatten und CDs durch, die sich darunter in einer alten Weinkiste aneinander reihten und in kleinen windschiefen Stapeln herumstanden. Er legte Dexy's Midnight Runners auf und Come on Eileen schallte los. Das Lied zerrte an meinen Nerven. "Ich verstehe wirklich immer noch nicht, dass du etwas Rauchen kannst, aber nichts gegen Cannabis.", sagte Charles wie nebenbei und stand wieder auf. Die Gelenke seiner Knie knacktenm. "Ich habe dir schon oft genug gesagt, dass ihr euch zusammen reißen sollt." Cherry sah mich böse an. "Ich bekomme zur Zeit Aggressionen, wenn ich daran denke, was er getan hat und was er dir vielleicht noch antun wird." Er machte einen schritt auf mich zu. "Melodramatisier die Lage doch nicht unnötig!" "Außerdem solltest du froh sein, dass ich ihn nicht geschlagen habe.", sprach er ungerührt weiter. Ich verdrehte die Augen. "Hör auf ihn als Monster darzustellen." "Es geht dich nicht bloß um die Ohrfeige!" Seine Stimme zitterte. "Du bist nicht mehr du selbst! Du bist ein liebeskranker Idiot, der sich freiwilliug zerstören lässt!" "Er zerstört mich nicht.", widersprach ich. "Seit wann machst du dir überhaupt solche Sorgen um mich, wenn du mir nicht einmal sagst, dass du Athma hast?" Er lachte kalt. "Ach, darum geht es dir? Das ist lächerlich." "Das ist nicht lächerlich! Ich dachte wir seien beste Freunde. Wie kommst du auf die Idee, so etwas sei unwichtig?" Keys spielte verlegen mit einer seiner neuen Haarsträhnen und hatte plötzlich ein überraschend großes Interesse an der Bettdecke. "Ich kann es nicht auch noch gebrauchen mit dir zu streiten, nach diesem Idioten und meinem Bruder.", wich Cherry aus und ließ seine Hand unter die Matratze gleiten, nachdem er vor meinem Bett in die Knie gegangen war. Keys versuchte such so klein wie möglich zu machen und ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Er kramte die Tüte, in der sich ein paar selbst gemachte Filter, eine Zigarettenpackung, Zigarettenpackung, ein Feuerzeug und in einer kleineren Türe grünbraune Cannabis Krümel befanden. Er setzte sich damit auf den Boden und breitete alles vor sich aus. Keys' Augen beobachteten neugierig, wie Cherrys Finger flink den Tabak aus einer Zigarette heraus holte. "Du bist der Idiot.", entgegnete ich kühl, jedoch ebenfalls ohne meinen Blick von ihm zu wenden. Es hatte etwas Professionelles an sich, wie er den Joint vorbereitete. Er schenkte mir bloß ein spöttisches Lächeln, ohne mich anzusehen. "Sogar diese Ankatrin mochte ich mehr, als ihn." "Wer ist Ankatrin?", wagte Keys zu fragen. Cherrys Zunge fuhr beinahe provokant langsam an dem Zigarettenpapier entlang, das er sorgfältig zuklebte. Er hatte es schon viel zu oft gemacht. "Die Freundin, die er vor Hektor hatte." Wow, er hatte einmal meinen Freund beim Namen genannt, statt ihn durch Schimpfworte zu ersetzen. "Still und hatte nie eine eigene Meinung." Aus seiner Stimme klang Abneigung heraus. Er hatte sie zu langweilig gefunden. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er je jemanden gemocht hatte, mit dem ich zusammen war und vielleicht hatte Marian auch ein wenig recht hatte... Ich wusste ja nicht einmal welche sexuelle Orientierung Charles hatte... Mir wurde heiß und ich versuchte den Gedanken zur Seite zu schieben. Das Licht des Feuerzeugs beleuchtete sein Gesicht von unten und ließ seine hohen Wangenknochen noch ausgeprägter wirken. Die kurzen Haare irritierten mich immer noch. Ich ließ mich ihm gegenüber in den Schneidersitz fallen und klopfte neben mich auf den Teppich, während ich Keys aufmunternd ansah. Unter leisem Klingeln ließ er sich neben mir auf dem Teppich nieder. "Du hattest einmal eine Freundin?", fragte Keys beinahe überrascht und sah mich an. Cherry atmete den sich weiß kräuselnden Rauch mit geschlossenen Augen aus. "Er ist pan." "Sag das nicht so.", entgegnete ich scharf und er reichte mir nur den Joint, mit einem provoksanten Blitzen in den Augen. Ich zog an ihm und spürte den stechenden Rauch in meinen Lungen. Ich atmete ihn aus und hielt Keys den Joint zwischen meinen Fingern hin. Er schüttelte den Kopf und schien sich selbst ein bisschen über das Bimmeln zu erschrecken. "Ich nehme keine Drogen.", fügte er unter dem langen, stechenden Blick von Charles hinzu. "Sage.", murmelte dieser und inhalierte noch einmal den Rauch. Er ließ die Tasche auf das Plastik der Tüte rieseln. Ich spürte wie ich mich entspannte und leichter wurde. Hektor würde sich darüber aufregen, dass dir Hanf rauchten. "Wie kommt es eigentlich, dass du in dieser Luxus abteilung warst?" Ich legte den Kopf schief und musterte Cherry genbau. Er zuckte mit den Schultern. "Privatpatient?", war seine vage Antwort. Ich musste aus irgendeinem Grund lächeln. "Und jetzt ernsthaft." "Weil meine Eltern reich sind.", sagte er nach einer Pause ohne mir in die Augen zu sehen. Keys' Blick ruhte konzentriert auf ihm, als wolle er herausfinden, worüber wir genau sprachen. "Aha. Und das soll heißen?" "Dass sie in einer spießeigen Villa wohnen, in Markenklamotten rumrennen und immer noch halb Afrika kaufen könnte, wenn sie alle Olivenbäume in Italien vergolden lassen würden." Ich sah ihn überrascht an. "Wieso wusste ich nichts davon?" "Was sollte daran wichtig sein? Es macht bloß dekadent." Er zog ein letztes Mal an dem Joint und drückte ihn aus. Der Rauch stieg in dünnen, weißen Fäden auf und verlor sich. "Ich verachte meine Eltern, für das was das Geld aus ihnen gemacht hat." Ich sah ihn eindringlich an, doch er schien vergessen zu haben,. dass er nicht alleine war. Seine Augen waren geschlossen und seine Finger zitterten leicht. Er redete sonst nie -niemals- über seine Eltern. Lieber tat es so, als habe er keine. Keys schien ebenfalls an seinen Lippen zu hängen. Ich beobachtete ihn. Seine Augen huschten über Cherrys entspanntes Gesicht, als wollten sie sich den Ausdruck der darauf lag einprägen, damit er nicht vergaß, wenn Charles wieder verschlossen und spöttisch war. Seine Hände hatte er im Schoß gefaltet und seine Beine waren zum Schneidersitz gekreuzt. In dem Moment wurde mir klar, dass ich ihn viel zu sehr mochte und ich mir fiel wieder der Moment ein, in dem ich ihm in die Augen gesehen hatte, in denen das Leuchten lag und in dem mein Herz mir bis zum Hals geschlagen hatte. Wann hatte mein Herz das letzte Mal bei Hektor so gerast? Nicht einmal in dem Wals, der schon so viel länger in der Zeit zurück zu liegen schien, als heute morgen und ich wandte meinen Blick ab, als ich das schlechte Gewissen sich in meiner Brust ausbreiten spürte.
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sage: (Franz.) brav
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2 refracted Boys.
RomanceOctavian & Keys. »Ich kann auch ohne dich unglücklich sein.« Octavian steckt in einer Beziehung, von der er nicht weiß, wie es weitergehen soll und ob er damit noch glücklich ist. Keys ist unglücklich verliebt und hat sich geschworen seine alte Lieb...