Keys #13

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Ich sah aus dem Augenwinkeln wie Hektor Octavian einen Kuss auf die Stirn gan und ein leichtes Ziehen legte sich auf meine Brust. Ich wusste nicht, woran es lag, aber es machte mich traurig es zu sehen und dennoch wollte ich es ihnen nicht missgönnen. Ich biss mir auf meine Lippe und sah zu Nate und Marian, die über irgendetwas tuschelten. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn Charles noch da wäre. Dann wäre ich wenigstens nicht alleine zwischen den ganzen Pärchen. Hektor flüsterte Octavian erwas ins Ohr und machte sich nicht die Mühe seine Augen von mir zu wenden. Ich wusste nicht, was ich von ihm halten sollre. Jedes Mal, wenn ich sein Gesicht sah, musste ich an die Szene im Café denken und Wut kochte meine Brust hoch. Octavian sah ihn an, schüttelte den Kopf und lächelte mich an. Ich fragte mich, was Hektor hatte und spürte wie meine Ohren rot anliefen, als mir bewusst wurde, dass sich das Gefühl in meinem Bauch ziemlich genau wie Eifersucht anfühlte. Schnell biss ich mir auf die Innenseite meiner Wange und sah weg. "Heute ist Mittwoch.", stellte Hektor fest und stand auf. Octavian zog seine Beine an und verschränkte seine Finger vor den Schienbeinen. Hektor gab ihm einen Kuss auf die Lippen und verschwand durch den Flur. Marians Blick folgte ihm. Man merkte wie begeistert sie von seinem Aussehen war. Man hörte kurz Hektor etwas sagen, als er schon aus der Türe heraus war. Charles lachte hohl. "Glaubst du ernsthaft ich sei eifersüchtig?", wehte seine verächtliche Stimme durch den Flur ins Wohnzimmer und man merkte wie die Stimmung angespannt wurde. "Ich kann dich nicht ausstehen, weil du Octavian blockierst." Es waren die meisten aneinander gereihten Worte, die ich Charles bisher hatte sagen hören und jedes klang spitzer und abweisender, als das vorige. "Ich muss mich nicht vor die rechtfertigen, dass ich dich nicht mag, wenn du ihn schlägst." "Ich denke, er kann gut auf sich selbst aufpassen.", entgegnete Hektor bloß ruhig und unbeeindruckt. Octavian kaute unbehaglich auf seiner Unterlippe herum und sah blicklos an eine Stelle hinter dem Wohnzimmertisch. "Kann er nicht. Weil er völlig verrück nach dir ist." Durch die Wortwahl könnte man daran zweifeln, dass Charles gerade auf Octavians Seite stand. "Das wird ja wohl einen Grund haben.", sagte Hektor und eine Spur von Selbstgefälligkeir schwang in seiner Stimme mit. Die Antwort von Charles bekam ich nicht mit, denn Octavian war aufgestanden, hatte mich am Handgelenk geschnappt und zog mich den Flur entlang. Er schlug die Haustüre zu, sperrte seinen besten Freund und seinen Freund aus und stapfte eine Holztreppe hoch, die mir noch gar nicht aufgefallen war. "Was hast du vor?", fragte ich verwirrt hinter ihm herstolpernd. "Lass dich überraschen." Er lächelte mich über seine Schulter hinweg an, doch man erkannte in seinen Augen immer noch die Andeutung der Leere, die vorher in ignen gelegen hatte. Hektors und Charles Stimmen waren bloß noch dumpf durch die Türe zu erahnen. Er zog mich in ein Zimmer, in dessen Mitte mit einer Kopfseite an der and ein Himmelbett stand und es nach Räucherstäbchen roch. Er stellte Norah Jones auf laut und setzte sich auf das Bett. Ich stand vor der Türe und fühlte mich fehl am Platz. "Komm." Er klopfte auf den Platz neben sich auf der purpurnen Bettdecke, die zu dem Balldachin passte und beugte sich über seine zum Schneidersitz verschränkten Beine vor, wo er eine Holzkiste hervorzog, die über und pner mit Schnitzereien verziert war. Zögernd ließ ich mich neben ihm nieder und lugte neugierig in die Kiste in der sich Wollfäden in alle erdenklichen Farben aneinander schmiegten. Er stellte die Kiste zwischen uns und drehte sie zu mir. Auf der Straße ging etwas zu Bruch und Norah Jones sang What am I to you. Es rief die Erinnerungen an das Café wach und Octavians Ungläubigkeit, nachdem er Hektors Hand auf der Wange gespürte hatte. Ich wurde aus der Erinnerung gerissen, als er an einer meiner Haarsträhnen zupfte. "Was tust du?", fragte ich erneut. Er lächelte leicht abwesend und ich bemerkte den marineblauen Faden zwischen seinen Fingern. "Ich mache dich noch eine Spur interessanter.", erwiderte er nachdenklich und befestigte den Faden mit einem Knoten in einer Haarsträhne. ""illst du das reinflechten?", fragte ich skeptisch und versuchte auf den Faden zu schielen, ohne meinen Kopf zu bewegen. Seine Finger fielen mir auf. Sie waren blass, lang und jedes Gelenk war eine leichte Wölbung für sich. Meine Kopfhaut begann zu Kribbeln und ich spürte ein leicht aufgeregtes Kitzeln im Bauch. "Sei nicht so ungeduldig.", ermahnte er mich und ich gab es auf einen Blick darauf zu erhaschen, was er mit meinen Haaren anstellte. Ich betrachtete nachdenklich den Perserteppich, der vor seinem Bett lag und versuchte die Reaktionen meines Körpers auf seine Finger zu ignorieren. "Streiten sie sich oft?", traute ich mich sachte zu fragen. Seine rechte Hand stöberte in der Wollkiste, während seine linke die geflochtene Strähne festhielt. "Es wird gut aussehen.", stellte er desr, aks wolle er mich ein für alle mal überzeugen. "Jedes Mal, wenn sie sich sehen, endet es so.", sagte er schlussendlich etwas leiser. "Du bist ein ignorantes Arschloch! Und er ist viel zu gut für dich!", hörte man Charles' Stimme ein paar schweigende Augenblicke später und dann war ein Moment Stille. Nicht einmal Gemurmel. Bloß die Musik spielte unberührt weiter. Octavian hatte anscheinend den Faden gefunden, ein schöner hellroter, der mit Lila und Bordeaux durchwirkt war und machte sich wieder an meinen Haaren zu schaffen. Ein Auto startete und ich war mir sicher, dass Hektor wer war. "Sie benehmen sich wie Kinder.", seufzte Octavian und sein Blick war auf die Strähnen und Fäden in seinen Hönden gerichtet. Ich konnte ihm leider nicht widersprechen. Er hatte sich einer neuen Strähne gewidmet und ich fragte mich, ob er erwartete, dass ich die eingeflochten behielt. "Ich kann das nicht einschätzen.", sagte ich bloß vage. Es hätte ihm vermutlich nicht sehr weitergeholfen, hätte ich ihm zugestimmt. "Ich bin seit über anderthalb Jahren mit Hektor zusammen und noch länger mit Cherry befreundet." Ich musste kurz nachdenken, bevor mir einfiel, dass Charles Cherry war. Der Kosename passte so wenig zu ihm. "Cherry beschwert sich beu mir über Hektor und Hektor sich bei mir über Cherry. Als könnten sie das nicht selbst klären. Und wenn sie sich nicht ausstehen können, sollen sie es doch einfach lassen und sich aus dem Weg gehen." Eine kurze Pause entstand, in der ich nach Worten suchte, die nicht zu heuchlerisch klangen. "Wenigstens meinetwegen.", fügte er matt hinzu und seine Finnger gielten inne, als Schritte auf der Treppe erklangen. Jemand murmelte "Enfoiré." auf der Treppe, mein restliches Französisch reichte gerade noch so, um mich daran zu erinnern, dass er Arschloch hieß und die Türe ging auf. "Du solltest ihn in meiner Anwesenheit nicht beledigen.", sagte Octavian kühl und konzentrierte sich wieder auf meine Haare. Langsam wurde ich hibbelig und wollre wissen, wass genau er an meinen Haaren machte. "Ich meinte meinen Bruder.", entgegnete Charles, schloss die Türe und ließ sich auf den Teppich fallen, genau an die Stelle an der ich gerade versucht hatte das Muster zu entschlüsseln. "Er soll endlich aufhören, sich in alles einzumischen.", sagte er genervt und starrte an die Decke. "Charles! Viens!", hörte man von unten. "Tu as ta fille." "Elle n'est pas ma fille!", entgegnete Nate und Cherry antwortete nicht mehr. Charles klang zu abweisend für diese sanfte Sprache. "Ihr sprecht Französisch miteinander?", wagte ich es Charles zu fragen. Sein Blick war zu lang und stechend und wirkte ein wenig, als erinnere er sich jetzt erst daran, dass ich ja auch noch existierte, aber ich zwang mich dazu ihn ruhig zu erwidern. "Ja, etwas dagegen?", sagte er schlussendlich in seinem üblichen feindseligen Ton und bohrte seinen Blick immer noch in meinen. "Nein. es hat mich gewundert." "Eigentlich spricht man auch seinen Namen französisch aus.", ergänzte Octavian immer noch in verschiedenen Haarsträhnen vertieft. Charles warf ihm einen knappen Blick zu. "Aber er mag ihn nicht.", fügte Octavian hinzu und fischte ein kleines, leise schellendes Glöckchen aus dem Fadensammelsurium. Der dunkle Junge auf dem Boden sah finster weg. "Wie kommt es dazu?", fragte ich neugierig weiter. Charles ließ sich auf den Rücken fallen, fischte einen Flummi aus den Tiefen der Taschen seiner Jeans und warf ihn an die Decke. Ich fand ihn immer noch etwas gruselig, aber er war weniger angsteinflößend, als gestern, was vielleicht auch an der pinken Farbe des Flummis lag. "Meine Großmutter ist wegen des zweiten Weltkriegs nach Frankreich geflohen, wo sie meinen Großvater kennenlernte und erst spät sind sie zurück gekehrt. meine Mutter ist mit Französisch aufgewachsen und mein Vater hat nichts dagegen uns bilingual aufzuziehen." Seine Stimme klang durch das Geräusch des zwischen der Decke und seiner Hand hin und her schnellenden Balles hindurch ruhiger und entspannter, als ich erwartet hatte ihn jemals zu hören. Octavian lächelte leicht. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass er mit seinem Werk an meinen Haaren zufrieden oder froh war, dass wir uns langsam verstanden. Ein Schweigen trat ein, einzig durchbrochen von Norah Jones, dem Geräusch des Balles und dem leisen Klingen der Glöckchen. Octavian zog zweimal um. Einmal saß er hinter mir. Ich spürte sein Schienbein gegen meinen Steiß drücken und mir rieselte ein merkwürdiges Gefühl die Wirbelsäule herunter. Das andere Mal auf der anderen Seite, während er weiter an einzelnen Strähnen zupfte und ich langsam immer nervöser wurde. "So!", durchbrach er das Schweigen schlussendlich und strahlte. "Ich bin fertig." Er zog mich zu einem auf Kopfhöhe angebrachten Spiegel und ich klimperte und bimmelte auf den Weg dorthin. Charles' Blick bohrte sich in meinen Rücken. "Pas mal.", murmelte er nachdenklich. "Du hast zu kurze Haare dafür.", entgegnete Octavian bloß kühl und strahlte neben mir im Spiegel. Ein paar Strähnen waren mit Fäden umschlungen, andere bloß verflochten, an einzelnen waren am Ende silberne Glöckchen befestigt und es sah irgendwie schön aus. Ich musste mindestens genauso breit lächeln wie Octavian, drehte mich einmal um mich selbst, begleitet von Glöckchenklingen und sah einen Augenblick das verschwommene, vorbeiziehende Zimmer. Als ich wieder mein Spiegelbild betrachtete, das plötzlich so anders aussah, fühlte ich mich Octavian näher als die ganzen Tage zuvor. Es fühlte sich an, als sei ich mit dieser Frisur mehr Teil seines Lebens geworden, was eine Wärme in meiner Brust aufsteigen ließ und ich wusste, dass ich diesen Jungen, den ich erst so kurz kannte, nicht mehr aus meinem Leben wegdenken wollte.

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Das Französisch: 
Nate: Charles! Viens! ~ Charles! Komm!
Cherry: Tu as ta fille! ~ Du hast dein Mädchen!
Nate: Elle n'est pas ma fille! ~ Sie ist nicht mein Mädchen!
[...]
Cherry: Pas mal. ~ Nicht schlecht.

2 refracted Boys.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt