Kapitel 9

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Ich bin echt dumm.
Sorry, aber das musste sein. Der Blick von Miliana, als sie uns vorgeschlagen hat uns zu helfen, hätte deutlich genug ausdrücken sollen, dass sie nichts gutes im Schilde führte. Und jetzt? Jetzt saßen wir im Gefängnis. Miliana diese falsche Katze! Aber vielleicht sollte ich erstmal erklären wie das alles passiert war.

Die Wache hatte uns innerhalb von Sekunden umstellt. Und was tat Miliana? Na? Ratet mal. Genau! Sie hatte rein gar nichts gemacht! Weder uns geholfen noch irgendwas zu unserer Verteidigung gesagt. Sie stand einfach außerhalb des Ringes und grinste diabolisch. Die Wachen hatten uns eingekreist, und mit uns meine ich Saphira, Henry und mich. Ich hätte diese Schlange am liebsten erwürgt. Oder mich. Aber das spielte jetzt keine Rolle.
Saphira zitterte so doll, dass der Dolch seh bar auf und ab wippte. Aber auch Henry zitterte vor Angst...und von mir muss ich gar nicht anfangen.
Aber die Wachen sahen wirklich bedrohlich aus. Bis an die Zähne bewaffnet und in voller Rüstung.
"W-w-was wo-wo-wollen die vo-von u-u-u-uns?" Saphira klang sehr ängstlich und ich schämte mich dafür mich hinter ihr versteckt zu haben.
"K-keine Ahnung. Vi-vi-vielleicht kö-kö-können wir se-sie ja f-f-f-fragen." sogar Henry fing an zu stottern.
Eine Wache wollte mich gerade festhalten um mich abzuführen aber ich konnte gerade noch ausweichen. Und plötzlich formte sich in meinem Kopf ein Plan. Riskant und äußerest dumm. Ohne darüber nach zu denken fing ich an zu sprechen,
"Sie müssen uns mit irgendwem verwechseln! Wir sind gerade erst in dieser Stadt angekommen, weil wir durch das ganze Land gezogen sind. Carolina, wie lange waren wir nochmal unterwegs?" auffordern grinsend sah ich Saphira an. Diese blickte mich erst ungläubig an aber nach ein paar Sekunden ging ihr ein Licht auf. Wenn man sehr viel Fantasie hatte, sah man fast die imaginäre Glühbirne die über ihrem Kopf aufleuchtete.
"Wi-wi-wir sind jetzt g-g-glaube ich f-fast seit 3 J-j-jahren unterwegs." Die Soldaten sahen sich verwirrt an und wanden sich dann an Miliana:
"Miss Miliana. Haben sie uns falsch informiert? Wenn ja, dann gilt dass als Hochverrat." Unglaublich wie nervös Miliana gerade wurde. Fast fing ich an zu lachen.
"A-a-aber...", jetzt fing sie sich langsam wieder, " sehen sie denn nicht, dass dieses kleine Mädchen lügt? Glauben sie einer Göre eher als einer ehrlichen Bürgerin Igirisus?" Verdammt, wenn das so weiter ging...ich wollte lieber nicht im Gefängnis landen!
"Wir glauben natürlich ihnen Miss." die Augen des Hauptmannes leuchteten kurz grün auf. Es hätte auch sein können, dass ich mich irrte...aber da war einfach etwas anders...an der Art wie der Soldat sich bewegte, wie er sprach und wie er Miliana ansah...fast ehrfurchtsvoll. Da war eindeutig was faul.
"Gut. Dann nehmen sie diese kleinen Kinder fest Hauptmann!" Miliana's Art war jetzt richtig herrisch, "Sie sind Verbrecher. Sie wollen den König stürzen. Sie gehören ins Gefängnis!"

Und jetzt? Wie schon gesagt: wir saßen im Gefängnis. Seit ca. 5 Stunden taten wir nichts anderes als rumsitzen. Es war langweilig.
Saphira war eingeschlafen und Henry saß mit gesenktem Kopf in einer Ecke. Da niemand was zu sagen hatte fing ich an zu zeichnen. Es war eher Bilder in den Boden ritzen. Nach einer Weile, als ich schon unsere halbe Geschichte in den Boden geritzt hatte, kam Henry zu mir rüber und setzte sich neben mich.
"Das sieht gut aus. Wo hast du das gelernt?"
"Mein Vater hat es mir beigebracht. Er war Künstler."
"Wieso 'war'?" Ich hatte eigentlich nicht vor meine ganze Lebensgeschichte mit ihren Hoch- und Tiefpunkte zu erzählen, aber Henry ließ mir keine Wahl.
"Mein Vater verschwand als ich gerade mal 7 Jahre alt war. Mama und ich haben ihn nie wieder gesehen. Die meisten Leute meinten wir sollen ihn vergessen aber Mama hat nie auch nur einen Augenblick daran gedacht, dass er tot sein könnte." Henry schwieg eine Weile, denn erwiderte er:
"Mein Dad ist auch verschwunden. Ist auch an die 7 Jahre her. Den Grund weiß ich auch nicht, aber meine Mutter hat ihn nach einem Jahr schon für tot erklärt und das ganze Geld vom Konto meines Dad's eingeheimst."
"Meine Mom ist auch vor 7 Jahren verschwunden." Saphira war aufgewacht und kam zu uns rüber gerutscht.
"Ich lebe jetzt allein, da mein Vater vor einem Jahr gestorben ist." Bewundernd sah ich sie an.
"Du wohnst wirklich ganz allein?"
"Ja. Aber ich hab nie genug Geld um mir Luxusgegenstände zu leisten. Es reicht immer gerade so für Essen und Wasser."
"Wie verdienst du dir das Geld? Gehst du arbeiten?" Ich kam mir reichlich blöd vor, als ich fragte ob sie arbeiten ging.
"Ich arbeite mal hier mal dort. Bin immer in Bewegung. Das ist die einzige Möglichkeit, dass ich nicht komplett durchdrehe. Zu sehen wie der letzte Bestandteil deiner Familie kaltblütig von Soldaten des Königs ermordet wird ist einfach zu viel." sie fing an zu weinen und ich konnte die Tränen auch nicht mehr unterdrücken.
Ich hatte gedacht, dass ich die einzige bin, die ein schlimmes Leben hat, aber jetzt? Jetzt wurden mir die Augen geöffnet. Ich war nicht allein. Es gab  Menschen, die schlimmeres erlebt hatten, die mitansehen mussten wie ihre Familie getötet wurden, die Eltern hatten die sich nicht für einen interessierten. Das alles wurde mir klar und ich war froh, dass ich diesen Menschen helfen konnte, weil sie meine Freunde waren. Auch wenn ich sie heute erst kennengelernt hatte waren sie mir vertrauter als alle meine anderen Freunde auf der alten Schule. Wir teilten ein gemeinsames Schicksal. Bei jedem von uns war  ein Elternteil verschwunden und ohne uns groß zu verständigen gab es ein großes Versprechen. Wir würden immer zusammen bleiben, egal was passieren mochte. Egal wie schwer uns das Leben gemacht werden würde. Egal wie weit wir gehen mussten um endlich wieder glücklich zu sein. Um endlich unsere Familien wieder zu sehen, denn wir waren uns sicher: sie leben! Wir würden das gemeinsam durchstehen.
"Hey wisst ihr was?" Henry lächelte leicht, "Das ist das erste mal, dass wir so wirklich miteinander gesprochen haben. Wir alle drei zusammen."
"Ja" ich lächelte jetzt auch, "und so soll das auch sein: wir drei zusammen."
"So denke ich auch." Saphira sah auf, "Wir sind und gehören zusammen."

Drachenblut I - Die Hüterin der Ewigkeit ~Abgebrochen+NeuanfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt