Diese Frage hätte er sich jetzt echt verkneifen können, oder zumindest selbst beantworten. Die Königin ist krank vor Sorge. Der König hat Suchtrupps losgeschickt. Sein Zimmer liegt im Palast. Und Wiebke hatte uns heute morgen erzählt, dass der Kronprinz der Elfen verschwunden wäre. Wenn man hier eins und eins zusammen zählen würde...
Also kicherte ich. Eher gesagt lachte ich Henry leise aus. Er sah nämlich gerade ziemlich bleich aus, was dem Blick Wiebkes zuzuschreiben war. Als ob sie ihn am liebsten erwürgen würde. Und wie man so schön sagt: Schadenfreude ist die schönste Freude.
"Wiebke... Könntet ihr Amachi bitte suchen und heil zurück bringen? Mir wäre es auch recht, wenn ihr ihn mitnehmt. Er war noch nie außerhalb der Stadtmauern. Ihr müsst auf ihn aufpassen!" Aya sah Wiebke flehend an, "Rettet ihn!"
"Na klar helfen wir dir!" Wiebke umarmte ihre Cousine, "Baer wir können ihn leider nicht zurück bringen. Es gibt noch eine weitere Angelegenheit, die so schnell wie möglich geklärt werden muss." Sie sah mich an.
"Ich verstehe das. Nehmt ihn mit und zeigt ihm die Welt. Vielleicht bringt er ja ein Mädchen mit." Aya lachte leicht.
"Wir werden ihn beschützen." Die braunhaarige Elfe drehte sich zu uns um, "Wir werden sofort aufbrechen und nach ihm suchen! Mira du kommst mit mir! Ich hab noch etwas mit dir zu bereden!" Ich musste schlucken und nickte. Wenn sie diesen Ton hatte, wagte es nicht einmal Saphira ihr zu widersprechen.
"Henry und Sam, ihr sucht im südlichen Wald! Und Saphira und Tim, ihr geht in den nördlichen Teil! Alles klar?" Eifriges nicken von jedem, "Los gehts!"
Alle liefen Richtung Ausgang. Nur ich stand neben Wiebke und wartete auf Befehle. Diese wandte sich noch einmal zu der Königin um und versicherte ihr, dass sie gut auf Amachi aufpassen würde, wenn sie ihn gefunden hatte. Mit Schwung drehte sie sich zu mir und schob mich auch zum Ausgang.
"Du hast 10 Minuten um etwas zu essen! Dann treffen wir uns am Tor! Verstanden?"
"Yes Ma'm!"
"Und hör auf mit dem Quatsch!"
"Yes Ma'm!" Sie sah mich strafend an.
"Ok" ich versuchte nicht allzu ängstlich zu wirken.
So schnell ich konnte stopfte ich mir belegte Brote in den Mund. Wenn ich zu spät kommen würde, würde mich Wiebke umbringen. Auch, wenn ich nur eine Sekunde zu spät sein würde! Nagut... Das war etwas übertrieben... Bei meinem Glück würde ich genau eine Minute zu spät sein und Wiebke würde mir den Kopf abreißen.
Und Tatsache! Ich war eine Minute zu spät! Nur, dass Wiebke mir den Kopf nicht abreißen konnte, weil sie selbst noch nicht da war. Und kaum spricht man vom Teufel erscheint er! Sie lief auf mich zu.
"Sorry! Ich musste noch mit jemandem Informationen austauschen! Hat etwas länger gedauert!" keuchte sie. Und dann merkte sie, dass sie mit mir sprach und mich nicht leiden konnte. Sofort wurde ihr Tonfall wieder hart, "Auf dem Weg erklärst du mir das, was du weißt!" Ich nickte nur.
Seit einer Ewigkeit liefen wir nun im Wald herum und ich antwortete auf Wiebkes Fragen. Ich erzählte ihr, was das Werreptil gesagt hatte und wie wir Miliana kennengelernt hatten. Wie wir mein Zuhause vorgefunden hatten und wie ich das Zeichen an der Wand der Bibliothek entdeckt hatte. Auch wenn mir letzteres etwas peinlich war. Und dann geschah etwas unglaubliches...
Wiebke fing an zu lachen! Seit wir die kennengelernt hatten, hatte sie kein einziges mal in meiner Gegenwart. Sie hatte nur ab und zu mal gruselig gegrinst, aber gelacht? Nie!
Ich war so erstaunt, dass ich sie nur noch anstarrte und nicht mehr auf den Weg achtete. Und jetzt ratet mal was passierte! Richtig! Ich lief gegen einen Baum. Und dieser kippte um. Und das erstaunte mich. So viel wie ein Elefant wog ich nun wirklich nicht!
Und Wiebke? Nun ja... Die lag nun vor lachen auf dem Boden und hielt sich ihren Bauch.
"Henry hatte zwar schon erzählt, dass du überall gegen läufst, aber aus deinem Mund ist es einfach noch lustiger! Und das du jetzt auch noch gegen eine Baum gelaufen bist..."
"Hahaha! Sehr lustig!" meine Stimme triefte ja gerade so vor Sarkasmus, "Können wir uns jetzt bitte um den umgefallenen Baum kümmern? Bevor er wegkriecht?" ich sah Wiebke genervt an und setzte mich auch den "Baum", der tatsächlich angefangen hatte wegzukriechen.
"Hahahahahahha! Das ist zu lustig! Bäume die wegkriechen!" Wiebke rollte inzwischen auf dem Boden hin und her. Hatte sie was genommen?
Langsam wurde es mir zu bunt. Ich stand auf, schnappte mir eine Ast vom Baum, ging zu Wiebke, zog sie hoch und gab ihr eine saftige Ohrfeige. Mit einem mal war sie still. Sie sah mich erschrocken an. Dann sah sie zum Baum. Dann wieder zu mir. Dann machte sie den Mund auf. Und schloss ihn wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Ich seufzte.
"Darf ich vorstellen? Das ist ein Baum der keiner ist! Baum der keiner ist, Wiebke. Wiebke, Baum der keiner ist!" Sie sah den Baum immer noch fassungslos an. Inzwischen war ihr Mund wieder aufgegangen. Wieder seufzte ich.
"Sollen wir gucken wer im Baum ist?" fragte ich und sie nickte. Wiebke trat vor und drehte den Baum um. Auch von dieser Seite sah er auf den ersten Blick aus wie ein normaler Baum. Wären da nicht die beiden kleinen Schlitze, die in Augenabstand, zu einander, ins Holz geschnitzt waren, gewesen wären.
"Kommst du von alleine raus oder soll ich dir helfen?" fragte die alte, weitgehend emotionslose Wiebke, auch wenn ihre Auffassung von Hilfe anders aussah, als meine.
Ein kurzes genervtes Schnauben seitens des Baumes und schon befreite sich der jenige, der noch gerade eben im Baum war, von seinem Kostüm. Auch wenn es mir ein Rätsel war, wie er es gemacht hatte, weil ich weder Knöpfe noch eine Reißverschluss sah.
Trotz des fehlenden Verschlusses, kam der Jemand aus seiner Verkleidung und vor mir stand nun ein junger Mann mit braune Haaren und, ebenfalls, braunen Augen. Auch er war größer als ich. Er sah genervt zu Boden und Wiebke japste wütend auf.
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Drachenblut I - Die Hüterin der Ewigkeit ~Abgebrochen+Neuanfang
FantasyMira ist ein 14 jähriges Mädchen, dass zusammen mit ihrer Mutter nach London gezogen ist. Als sie den gutaussehenden Henry auf ihrem Weg zur Schule trifft und kurz darauf ihr Mutter verschwindet, steht ihr Leben Kopf. Wenn schon alles drunter und dr...