Kapitel 8

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Mir wurde schlecht.
Normalerweise haut mich fast gar nichts um aber das hier war zu viel. Es drehte sich einfach alles und ich konnte nur noch wirre Farbverläufe sehen. Sie gingen von pink zu blau dann zu grün später zu violett, gelb, rot und zu guter letzt zu einem entspannenden weiß über, das meinen Bauch ein wenig beruhigte. Außerdem wurde ich die ganze Zeit herum gewirbelt und hatte nach kurzer Zeit schon keine Ahnung mehr wo oben und unten war.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich mich fast 5 mal übergeben musste, hörte es auf sich zu drehen und ich landete unsanft auf meinem Allerwertesten.
Neben mir hörte ich einen dumpfen Aufschlag und schloss daraus, dass es sich um Henry handeln musste. Er sah auch nicht gerade gesund aus, konnte sich aber beherrschen um nicht zum nächsten Mülleimer zu laufen.
Ich blickte mich um und musste einen Aufschrei unterdrücken. Es war so wunderschön hier. Nagut, das hatte ich in der Bibliothek zwar auch gesagt aber...das hier war tausendmal umwerfender!
Wir waren auf einem Forum gelandet aber da es Nacht war konnte sich keiner über unseren Auftritt wundern. Denn außer einem Mädchen in meinem Alter, welches auf den Po gefallen war, konnte ich keine Menschenseele entdecken. Mitten auf dem Platz spie ein großer Drache aus Stein eine Wasserfontäne in ein Wasserbecken. Und die Häuser...von denen fange ich gar nicht erst an. Sie waren altmodisch und prachtvoll gebaut und hatten alle mindestens drei Etagen.
Ich kam einfach nicht mehr aus dem Staunen heraus. Die ganze Stadt war so schön und riesig und prächtig. Aber vor allem wunderschön. Fühlte es sich etwa so an, wenn man verliebt war? Wenn ja dann hatte ich nichts mehr gegen die Liebe.
Miliana führte uns um Ecken, durch schmale Gassen, an riesigen Brunnen und an Parks vorbei. Am liebsten wäre ich in einem der Parks geblieben und hätte mir die Sterne angeschaut. Aber sie lief einfach weiter und ich hatte Angst sie aus den Augen zu verlieren.
Außerdem war da noch dieses Mädchen, dass ich vorhin auf dem Marktplatz gesehen hatte. Sie schlich uns die ganze Zeit hinterher und versuchte verzweifelt sich zu verstecken. Aber das misslang ihr kläglich: sie schmiss einen Eimer runter, der mit lautem Scheppern in die nächste Gasse rollte, lief gegen eine Mauer und wimmerte kurz auf und trat einer Katze auf den Schwanz die sich rächte, indem sie ihr das Gesicht zerkrazte.
Miliana hat anscheinend versucht sie zu ignorieren aber nach dem Vorfall mit der Katze riss ihr der Geduldsfaden.
"Komm sofort hinter der Ecke hervor!"
Ein kurzes Wimmern ertönte und das Mädchen kam hervor.
Sie war echt hübsch. Die langen, glatten, schwarzen Haare hatte sie zu zwei Zöpfchen gebunden, die auf der Höhe ihrer Ohren waren. Ihr Pony betonte ihre braunen Mandelaugen und verlieh ihr ein niedliches Auftreten. Außerdem hatte sie ein schwarzes Tattoo auf ihrer linken Gesichtshälfte. Ich glaubte, dass sie durchaus nicht harmlos war. Das ließ sich damit begründen, dass sie ein Schwert an ihrer Seite hängen hatte. Und das sah nicht gerade 'freundlich' aus. Außerdem hatte sie sich mit einem Gurt noch ein Messer oder Dolch um den Oberschenkel ihres, von mir aus gesehen, linkem beim geschnallt. Und das sah mehr als nur gefährlich aus. Kurzum sie war eine typische Asiaschönheit.
Nur hatte sie ihren guten, gefährlichen Eindruck damit zerstört, dass sie sehr tollpatschig war.
"E-es t-t-tut m-mir Leid. Ich w-wollte euch n-nicht na-na-nachschleichen." Das arme Mädchen starb ja schon fast vor Peinlichkeit. Deswegen hatte ich durchaus Mitleid mit ihr.
"Das Nachschleichen liegt dir nicht wirklich. Vielleicht solltest du es mal mit ... Ähm mit Fragen versuchen." Ich musste mich beherrschen damit ich nicht anfing zu lachen sonst würde sie wirklich noch sterben.
"Und außerdem, warum bist du uns überhaupt gefolgt?" mischte sich jetzt auch Henry ein, der die ganze Zeit über auf den Boden gestarrt hatte.
"Wer bist du und was willst du?" er sprach bedrohlich leise und die Asiatin zuckte zusammen.
"I-ich bin Sa-sa-saphira." ihren Namen benickte sie noch einmal so, als ob sie glaubte jemand könnte daran zweifeln.
"U-und i-ich mö-mö-möchte euch be-begleiten." sagte sie mit einem nervösen und mehr als ängstlichen Seitenblick auf Miliana. Erst jetzt ging mir auf das Saphira Angst vor unserer mysteriösen Begleiterin hatte. Könnte es sein...
"Meinetwegen. Aber wehe du bringst uns in Situationen die nicht so gut für uns sind. Lass mich überlegen...zum Beispiel Kämpfe mit starken  Monstern. Okay?" sogar mich schüchterne Miliana's Gesicht ein. Und ich fragte mich ob sie das war, was sie uns erzählt hatte. Nämlich...ehrlich gesagt hatte sie uns rein gar nichts über sich erzählt und wir ihr auch nichts über uns. Aber trotzdem schien sie alles zu wissen.
"Arigatougosaimasu.(ありがとうごさいなす)" sie verbeugte sich kurz und lief dann zu mir. Sie fasste mich am Arm und stellte sich halb hinter mich. Wahrscheinlich damit ich sie vor Miliana beschützte.
"Was hast du da eben gesagt? Irgendwas mit Ali...aligator?" flüsterte ich. Sie schüttelte den Kopf.
"Nein. A-ri-ga-to-u-go-sa-i-ma-su. Das ist japanisch und bedeutet 'Vielen Dank'." Jetzt war ich erstaunt.
"Du kannst japanisch?! Aber Japan ist in der Welt der Menschen. Nicht hier in...in...in wo sind wir denn überhaupt nochmal?"
"Diese Land heißt 'Igirisu'(いぎりす) Ich glaube das bedeutet 'Groß Britannien'."
"Das ist auch japanisch? Oh Mann. Reden alle hier japanisch? Muss ich auch japanisch lernen? Sprechen noch mehr englisch? Und warum gibt es dieses Land?" mir schwirrten noch etliche andere Fragen im Kopf herum.
Saphira wollte mir gerade antworten als ich volle kanne in Henry reinlief.
"Aua. Mann Henry! Bleib bitte nicht einfach steh..." er hielt mir den Mund zu.
"Psht. Ich höre Schritte. 20 vielleicht auch 30. ich weiß nicht genau. Auf jeden Fall schwer bewaffnet." Ich fing einfach an zu zittern. Bewaffnet? Weder ich noch Henry hatten etwas zum kämpfen, wenn wir nicht mit einem Stock mehrere Soldaten angreifen wollten.
"W-w-was wollen die von uns?" jetzt war ich diejenige, die sich hinter jemand anderem versteckte. Und zwar hinter Saphira, die mindestens genauso zitterte. Sie versuchte tapfer auszusehen aber die Hand mit der sie den Dolch hielt wackelte hin und her. So stark, dass es unmöglich sein sollte damit ordentlich zu zielen.
Nachdem ich jetzt fertig bin damit das zu beschreiben muss ich noch festhalten: Ich will wieder nach Hause.

Drachenblut I - Die Hüterin der Ewigkeit ~Abgebrochen+NeuanfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt