Kapitel 7

3.3K 170 17
                                    

Wer bist du? Die Worte hallen in meinem Kopf wieder, als ich Damon unsicher ansehe. Ich zögere. Ihm alles zu erzählen, könnte ein wirkliches Desaster bedeuten. Katherine darf auf keinen Fall die ganze Wahrheit erfahren, sonst bin ich ihrem Ärger hilflos ausgeliefert. Und da ich nicht weiß wie weit Damons Loyalität ihr gegenüber reicht, gibt es keine Garantie, dass nicht genau das passieren wird.

Andererseits möchte ich ihm alles erzählen. Ich möchte die volle Wahrheit wenigstens einer Person anvertrauen. Und am liebsten diesem Mann, der mir in letzter Zeit so wichtig geworden ist und dessen Freundschaft und Vertrauen ich jetzt mehr als alles andere brauche. Ich beschließe, die Initiative zu ergreifen.

„Damon, wenn ich dir die Wahrheit sage, musst du mir versprechen, niemandem, absolut niemandem, davon zu erzählen. Katherine darf nichts davon erfahren", sage ich und betone bewusst meine letzten Worte.

Damon nickt. „Ok, ich verspreche es."

„Gut." Ich nehme einen tiefen Atemzug, bevor ich weiterspreche. „Ich komme dir seltsam vor, weil ich eigentlich nicht hier her gehöre."

Ein Anflug von Verwirrung zeichnet sich in seinen eisblauen Augen ab.

„So verrückt das auch klingt, ich komme aus der Zukunft. Mein richtiger Name ist Elena Gilbert. Meine Freundin Bonnie, eine Nachfahrin von Emily, hat einen Zauber gesprochen, der mich versehendlich hier her gebracht hat." Ich spreche jetzt schnell, meine Worte überschlagen sich fast und sie sind voller Emotionen. „Ich habe an dich gedacht, anstatt an den Ort, an den ich wirklich wollte."

Erst jetzt merke ich, dass ich diese Information lieber für mich behalten hätte. Damon sieht mich eindringlich an. „Du hast an mich gedacht? Wie ist das möglich?"

Da ich weiß, dass ich es nicht wieder zurücknehmen kann, antworte ich ehrlich. „Weil ich dich in der Zukunft kenne", stoße ich hervor.

"Wann kennst du mich?" Seine Frage klingt merkwürdig, doch ich weiß, was er meint.

„Im Jahr 2011."

Damon scheint jetzt eindeutig unter Schock zu stehen. Er sitzt einen Moment lang schweigend da, dann springt er abrupt vom Ast des Baumes in das taunasse Grass. Ich schaue besorgt zu, als er vor der Weißeiche hin und her läuft und sich mit einer Hand durch sein nachtschwarzes Haar fährt. „Du kennst mich über hundert Jahre später?", schreit er jetzt fast.

„Ja, ich...wir sind Freunde", sage ich. „Und bitte, schrei nicht so laut." Ich wünschte wirklich er würde sich einfach wieder neben mich setzen und mir ein paar Fragen über unsere Freundschafft stellen. Stattdessen läuft er immer noch auf und ab. Ich springe ebenfalls vom Baum und versuche seine Hand zu nehmen, doch er schüttelt mich ab. „Ich bin ein Vampir in deiner Zeit? Hat Katherine mich verwandelt?"

Seine Stimme spiegelt sein Verlangen nach Katherine wieder und nach dem Leben, was sie ihm bieten kann. Und es ist für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich sollte nicht so fühlen, dass weiß ich, aber ich tue es leider. Es regt mich auf, dass er nur an sie denken kann.

"Hör zu, du darfst Katherine nicht sagen, dass du das weißt, Damon", sage ich jetzt und ein flehender Unterton liegt in meiner Stimme. „Bitte, versprich mir, dass du ihr nichts sagst."

"Sie wird mich verwandeln?", fragt er nun erneut. Er packt mich an den Schulterblättern und durchbohrt mich regelrecht mit seinen eisblauen Augen. So wie er mich jetzt ansieht, macht er mir Angst und das obwohl er nicht einmal ein Vampir ist. . "Ähm, ja", stottere ich schließlich

Auf Damons Gesicht erscheint ein breites Grinsen.

"Und Stefan auch", ergänze ich nun und Damons Lächeln verschwindet sofort hinsichtlich dieser Information. "Hör zu, es ist nicht so, wie du denkst. Du wirst hassen, was du bist. Du willst das nicht, glaub mir." Ich bin nicht sicher, warum ich ihm das sage. Ich schätze, ich will einfach nicht, dass er eine Ewigkeit damit verbringt, Katherine hinterherzulaufen. Andererseits kann ich sowieso nichts an seiner Zukunft ändern, oder?

"Natürlich will ich das. Das ist es, worum ich Katherine Nacht für Nacht gebeten habe!", unterbricht Damon meinen Gedankengang. Er lässt mich los und sieht mich eiskalt an. So, wie jetzt, hat er mich noch nie angesehen. "Dafür, dass wir in der Zukunft Freunde seinen sollen, kennst du mich ziemlich schlecht, Elena." Mit diesen Worten entfernt er sich von mir und geht zurück ins Haus.

Ich lehne mich an den gigantischen Baumstamm der Weiseiche und sehe zu wie er im Eingang der Villa verschwindet. Dann lasse ich mich langsam zu Boden sinken, schlinge die Arme um meine Beine und starre ziellos in die Ferne. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob Damon mein Geheimnis bewahren wird, so wütend, wie ich ihn gehen lassen habe. Doch es ist mir egal. Ich fühle mich schrecklich.

**********************************************************************************************************************

"Damon? Hey, aufwachen!"

"Bonnie?" Damon Salvatore öffnet wiederwillig seine Augen und blickt die kleine Hexe etwas genervt an, die sich neben ihm auf einen Stuhl an den Küchentisch gesetzt hatte. Er war scheinbar über den Grimoiren eingeschlafen-was man ihm bei dieser langweiligen Lektüre wohl nicht verübeln kann-und sie hat ihn nun mitten aus einem ziemlich interessanten Traum geweckt. Oder war es vielleicht kein Traum?

"Wie spät ist es?" Damon hebt den Kopf, reibt sich die Augen und sieht sich verschlafen um.

"Kurz nach drei." Bonnie deutet vielsagend auf die Uhr. "Alaric ist längst nach Hause gefahren und Jeremy schläft ebenfalls. Etwas was du vielleicht auch tun solltest. Und zwar in einem Bett."

"Bonnie Bennett, jetzt sag nicht, du machst dir Sorgen um mich", meint Damon und ein sarkastischer Unterton schwingt in seiner Stimme mit.

Bonnie sieht einen Moment verwirrt aus, doch sie scheint seinen Köder nicht zu schlucken. "Nein. Ich würde nur selbst gern nach Hause fahren und etwas schlafen. Allerdings werde ich dich und Jeremy unter keinen Umständen alleine in diesem Haus lassen."

"So wenig Vertrauen?" Damon zieht einen Schmollmund.

"Aber sicher doch." Bonnie sieht ihn abschätzend an, doch er weiß, dass sie den Satz nicht so ernst meint, wie es den Anschein hat. Er ist sich sicher, dass Bonnie ihm längst nicht mehr zutraut einem geliebten Menschen-vor allem einem von Elena geliebten Menschen-etwas anzutun.

Damon steht vom Stuhl auf, nimmt sich seine Autoschlüssel von der Kommode im Eingangsbereich und streift sich schließlich seine schwarze Lederjacke über. Bevor er jedoch das Haus verlässt dreht er sich erneut zu Bonnie um. "Meinst du, Elena will Stefan und mich immer noch aus ihrem Leben haben?" Er weiß, dass er unsicher und verletzlich klingt. Und es regt ihn auf, dass er das ausgerechnet Bonnie fragen muss. Aber wenn jemand-abgesehen von Elena selbst-eine Antwort auf diese Frage haben kann, dann ist es die kleine Hexe.

Bonnie scheint die Frage auch zu überraschen. Sie schweigt einen Moment, bevor sie schließlich antwortet. "Ich weiß es nicht. Aber wie ich es schon gesagt hatte. Sie wollte es zu dem Besten von jedem von uns. Sie wollte, dass wir alle sorgenfrei und glücklich leben können."

Damon schüttelt energisch den Kopf. "Nein, das kann sie nicht gewollt haben. Und willst du auch wissen, warum?" Er sieht sie todernst an. "Weil ich nie glücklich ohne Elena sein könnte." Mit diesen Worten verschwindet Damon in die kühle Nacht.

Sein Traum-von dem er sich inzwischen sicher ist, dass es keiner war-kommt ihm wieder in den Sinn. Elena hat ihm erzählt, dass sie aus der Zukunft kommt und betont, sie seinen in ihrer Zeit Freunde. Freunde. Das ist so klar gewesen. Sie wird in ihm nie mehr als einen Freund sehen. Wieso machte er sich eigentlich irgendwelche Hoffnungen?

Als Bonnie sagte, Elena hätte an ihn gedacht, als der Zauber gewirkt wurde... nun, war das ein Schock für ihn gewesen. Wenn er ehrlich ist, weiß er immer noch nicht, was er von dieser Information halten soll. Er, Damon Salvatore, war Elena Gilbert, dem Mädchen in das er so schrecklich verliebt ist, in diesem Moment tatsächlich wichtiger als sein kleiner Bruder. Der ach so tolle und ach so heilige Stefan, der natürlich keine Fehler macht.

Damon steigt wütend in sein Auto ein und fährt aus der Ausfahrt. Er ist jetzt ungefähr genauso wütend wie er es in seiner Erinnerung gewesen ist. Und es tut ihm plötzlich nicht mehr leid, dass er Elena am Ende des Gespräches sitzen gelassen hat. Sie soll ruhig herausfinden, wie es ist, wenn sich seine ganze Welt nicht um sie dreht.

Hättest du mich 1864 kennengelerntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt