Kapitel 6

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Als Damon und ich den großen weißen Speiseraum betreten, bemerke ich als erstes den riesigen, von der Decke hängenden, Kronleuchter. Dann fällt mein Blick auf die verzierten Wände, an denen sich auch ein paar alte Gemälde befinden, bevor ich Katherine, Stefan und Guiseppe wahrnehme, die bereits am Tisch sitzen und uns etwas entgeistert anschauen. Wir nehmen schweigend neben ihnen Platz, bevor der erste Gang serviert wird.

Das Abendessen verläuft erstaunlich angenehm. Hat Guiseppe mich Anfangs noch etwas missbilligend gemustert, scheint er mich inzwischen akzeptiert zu haben. Ich weiß, dass ich diesen Mann nie wirklich mögen werde, also ist mir Akzeptanz mehr als recht. Spätestens als ich anfange ziemlich kreative-und frei erfundene-Geschichten aus der Kindheit von Katherine und mir zu erzählen, habe ich seine volle Aufmerksamkeit.

„Ach, was für herrliche junge Frauen ihr zwei doch seid. Was hat Katherine gemacht, nachdem du ihr ein Stück ihrer Haare abgeschnitten hast?", fragt Guiseppe mich, gerade als der Koch eine riesige Torte auf den Tisch stellt.

Ich lächle ihn warm an, deutlich amüsiert aufgrund seines Interesses an meiner kleinen Geschichte. Katherine sieht nicht sehr begeistert aus. Sie packt sich wütend ein Stück Blaubeertorte auf ihren Teller und schneidet es mit einer ziemlichen Gewalt in kleine Stücke.

Ich muss noch mehr grinsen. „Sie ist schreiend zu unserer Mutter gelaufen und hat sie angefleht, ihr die fehlende Locke wieder anzunähen. Das hat sie sonst immer gemacht, wenn ihre Stofftiere kaputtgegangen sind. Meine Mutter musste ihr erklären, dass man Haare nicht wieder annähen kann."

Guiseppe verfällt einmal mehr in lautes Gelächter. „Katherine, wieso hast du uns die Geschichte nicht schon früher erzählt? Deine Schwester hat wirklich viel Humor."

„Ja, das hat sie", meint Katherine bissig. Guiseppe scheint von der Bitterkeit in ihrer Stimme nichts zu bemerken, derweil er sich von einem der Angestellten ein weiteres Glas Wein eingießen lässt.

Damon dagegen nimmt die Spannung zwischen uns beiden wahr, sobald er Katherine und mich ansieht. Er spricht, offensichtlich um zu verhindern, dass Katherine noch saurer auf mich wird, und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf sich. „Das erinnert mich daran, als Stefan und ich klein waren. Er hat damals einen Wassermelonenkern mitgegessen und ich hab ihn davon überzeugt, dass nun eine Wassermelone in seinem Bauch wächst." Damon grinst. „Und dann ist er schreiend zu Vater gelaufen und wollte wissen, ob er platzen könnte, wenn die Wassermelone zu groß wird. Stimmt doch, oder Stefan?"

"Ja, sicher." Jetzt sieht Stefan leicht genervt aus. Als ich kichere, wirft er seinem großen Bruder einen vernichtenden Blick zu. Doch Damon zuckt nur unschuldig mit den Schultern. Erstaunlich, dass sich manche Sachen in hundert Jahren nicht ändern werden.

Das Essen ist schließlich schnell beendet. Guiseppe Salvatore verlässt als erstes den Tisch und bedeutet Damon es ihm gleich zu tun. Katherine erhebt sich ebenfalls und lädt Stefan - ein bisschen zu offensichtlich für meinen Geschmack - ein, ihr in ihr Zimmer zu folgen. Ich sehe, wie Stefans grüne Augen aufleuchten und spüre wieder diese schreckliche Wut in mir. Ich wiederstehe jedoch dem Drang ihn zurückzuhalten und gehe stattdessen aufgebracht in mein Zimmer zurück. Ich weiß genau, was sie tut-sie will sich für das rächen, was ich am Tisch gesagt habe.

„Elena?" Emily steht plötzlich neben mir im Raum. Sie sieht besorgt aus. „Was ist denn los?"

„Gar nichts. Katherine, sie ist nur so..." Ich kann nicht weitersprechen, sonst weiß ich nicht ob ich mich beherrschen kann. Meine Hände sind inzwischen zu Fäusten geballt.

„Manipulativ, gemein, herrschsüchtig?", ergänzt Emily zu meiner völligen Überraschung. Ich sehe sie verwirrt an.

Emily lächelt leicht. „Ich weiß wer Katherine Pierce ist. Ich glaube, ich weiß es besser, als irgendjemand sonst. Sie ist keine nette Person und das sage ich, obwohl sie mich wahrscheinlich irgendwie als ihre Freundin sieht."

Hättest du mich 1864 kennengelerntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt