Kapitel 8

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Als ich aufwache ist der nächste Morgen bereits angebrochen. Die Sonne strahlt durch das Fenster im ersten Stock und lässt den ganzen Raum in einem tristen Orange erstrahlen. Ich stehe wie mechanisch vom Bett auf, wasche mein Gesicht und lasse mir von Emily in das unbequeme Korsett helfen. Schließlich sitze ich mit Guiseppe und den anderen am Frühstückstisch. Damon würdigt mich, wie erwartet, keines Blickes und auch nach dem Essen, scheint er mich gezielt zu ignorieren.

Ich fühle mich schrecklich. Ich kann mich an viele Auseinandersetzungen mit ihm erinnern, doch Damon hat mich noch nie vollkommen ignoriert. Normalerweise schaffe ich es immer schnell mich mit ihm auszusprechen. Ich schaffe es immer schnell, ihn zu durchschauen. Doch hier und jetzt erweist sich das als ziemliche Herausforderung. Er liebt Katherine und nicht mich. Es klingt egoistisch, das ist mir bewusst. Gott, vielleicht ist es egoistisch, aber ich ertrage das nicht. Ich brauche ihn und ich brauche sein Vertrauen.

Ich sitze nun am Stamm der Weißeiche, an dem ich auch schon in der gestrigen Nacht gesessen habe und denke nach. Vielleicht hasst Damon mich nicht komplett. Er hat Katherine und den anderen schließlich nichts von unserem Gespräch erzählt. Wenn er es getan hätte, wäre ich sicher nicht mehr hier. Guiseppe hätte mich aus seinem Haus geschmissen, wenn ich nicht schon vorher von Katherine getötet worden wäre.

Ich bin so in meinen Gedanken gefangen, dass ich Stefan erst wahrnehme, als er direkt vor mir steht. Sein braunes Haar ist leicht zerzaust und die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes sind geöffnet. Zu meinem Erstaunen hat sein Anblick nicht mehr denselben Effekt auf mich, wie es früher der Fall gewesen war.

„Bist du wieder auf der Suche nach Katherine? Ich muss dich enttäuschen. Ich weiß nicht wo sie ist", sage ich schnippisch und sehe ihn kalt an. Ich kann mir meine plötzliche Wut ihm gegenüber nicht erklären.

„Eigentlich nicht." Er schenkt mir ein warmes Lächeln und setzt sich neben mich in das trockene Gras. „Ich dachte du kannst Gesellschaft gebrauchen." Ach, kommt da etwa tatsächlich etwas, von dem Stefan, den ich kenne, zum Vorschein?

„Oh...Tut mir leid." Ich schenke ihm ebenfalls ein leichtes Lächeln. „Mir geht es nicht besonders gut."

„Wegen deinem Streit mit meinem Bruder?" Ich zucke aufgrund dieser Worte zusammen und sehe Stefan ungläubig an. Woher wusste er das? Damon hatte ihm doch nichts erzählt, oder?

„Damon und ich reden genau genommen über alles", antwortet er auf meine unausgesprochene Frage. Ich schlucke. Normalerweise, wäre ich fröhlich aufgrund der Tatsache, dass Damon und Stefan sich so nahe stehen. Schließlich weiß ich, dass Katherine das zerstören wird. In diesem Moment kann ich mich über ihr gutes Verhältnis jedoch eher weniger freuen. Das Letzte was ich gebrauchen kann, ist noch eine Person, die Fragen stellt. „Was hat er dir gesagt?", frage ich schließlich.

Stefan zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Nichts Konkretes. Nur, dass ihr eine Auseinandersetzung hattet. Aber ich habe auch nicht weiter nachgefragt." Ich stoße erleichtert die Luft aus. Danke, Damon.

„Du magst ihn, oder?", fragt Stefan jetzt und erwischt mich damit völlig unvorbereitet. Wie zum Teufel kommt er darauf? „Ich, ähm..." Ich kann nicht weitersprechen, denn ich weiß, dass das was er sagt die Wahrheit ist. Ich mag Damon, oder? Natürlich mag ich ihn. Schließlich ist er in der Zukunft mein Freund. „Ja, ich finde, er ist ein guter Freund", sage ich nun zögerlich und bin ziemlich stolz auf meine Antwort.

„Du weißt, dass das nicht das ist, wovon ich gesprochen habe." Stefan hat sich nun zu mir umgedreht und mustert mich abschätzend. Er sieht sehr ernst aus. „Damon ist mehr als ein Freund für dich. Ich bemerke, wie du ihn ansiehst. Er muss nur den Raum betreten und du scheinst glücklicher zu sein."

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