Das Anwesen der Salvatores haben wir lange hinter uns gelassen. Wir laufen Feldwege entlang, überqueren einen Acker und streifen schließlich durch hohes Gras. Damon legt ein enormes Tempo vor. Ich biege genervt die Grashalme zur Seite und versuche gleichzeitig ihn nicht aus den Augen zu verlieren. „Damon, das ist kein Wettrennen“, bringe ich atemlos hervor. Die Grashalme verfangen sich ständig im Stoff meines Kleides, sodass ich ihm inzwischen nur noch hinterher stolpere.
Damon schaut zurück und schmunzelt aufgrund meines scheinbar sehr amüsanten Laufstils. Ich sehe ihn streng an. „Verkneif dir einen Kommentar. Du trägst nicht so ein nerviges Kleid.“ Er hebt verteidigend die Hände.
„Gut. Aber wir müssen uns beeilen, wenn wir noch rechtzeitig ankommen wollen.“ Damon läuft leichtfüßig weiter durch das hohe Graß.
„Was bedeutet rechtzeitig?“, schreie ich ihm hinterher.
„Vor Sonnenuntergang“, gibt er zurück ohne sich umzudrehen. Ich stoße einen frustrierten Laut aus, folge ihm jedoch trotzdem.
Ungefähr fünfzehn Minuten später scheinen wir unser Ziel erreicht zu haben. Damon bleibt stehen. Er blickt in Richtung Himmel und grinst triumphierend. Die Sonne beginnt gerade am Horizont zu verschwinden. „Komm mit“, meint er und führt mich die letzten zehn Meter des Berges hinauf. Ich glaube ich habe ihn noch nie so aufgeregt gesehen.
Schließlich stehe ich am Rand eines großen Felsens und traue meinen Augen kaum. Ich blicke über eine beeindruckende Landschaft aus Bergen und Tälern, die durch den Sonnenuntergang in ein leuchtendes rotorange getaucht wird. Ein riesiger Wasserfall befindet sich direkt vor meiner Nase. Er wühlt das Wasser verspielt auf und führt einen gigantischen Felsen hinab, wo er in einen kleinen Bergsee mündet. Auch das Wasser des Sees glitzert wunderschön im Dämmerungslicht.
Ich bin sprachlos. Es ist das Beeindruckenste, was ich je gesehen habe. Ich drehe mich zu Damon um und bemerke, dass er nicht, wie ich, die Landschaft bewundert. Er mustert stattdessen mich. „Es ist wunderschön“, sage ich schließlich.
„Ja, das ist es.“ Damon lächelt, ein echtes verträumtes Lächeln. „Ich komme oft hier her, wenn es mir schlecht geht, oder ich Probleme mit meinem Vater habe. Wenn ich mich ins Gras lege und die Landschaft genieße, kann ich alles um mich herum vergessen.“
Ich nehme ihn beim Wort und lasse mich rückwärts in das weiche Gras fallen. Damon setzt sich neben mich. „Du hast oft Streit mit deinem Vater, nicht?“, frage ich nach einer Weile.
Damon lacht bitter. „Ja, das habe ich wohl. Sagen wir einfach, ich teile nicht sonderlich oft seine Ansichten.“ Er ballt die Hände zu Fäusten. „Er will stets die Kontrolle haben und hat meine Zukunft daher schon lange im Voraus geplant. Leider hat er dabei vergessen, mich nach meiner Meinung zu fragen. Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, was ich aus meinem Leben zu machen habe, auch nicht von meinem Vater.“
Damon klingt jetzt sehr ernst und überzeugt. „Meinem Vater bin ich egal. Er möchte nur, dass die Familie gut dasteht. Ich habe zwanzig Jahre damit verbracht, zu versuchen, es ihm recht zu machen. Doch damit ist jetzt Schluss. Ich lasse mich nicht mehr herum schubsen wie ein Strafgefangener."
Ich schüttele fassungslos den Kopf. Kein Wunder, dass Damon nie über seinen Vater gesprochen hat. Eigentlich ist es traurig.
"Und deine Mutter?", frage ich nun. Ich habe mich noch nie an dieses Thema heran gewagt. Irgendwie schien es immer heikel zu sein, einen der beiden Salvatores auf ihre Mutter anzusprechen. Doch hier und jetzt erscheint es für mich aus irgendeinem Grund passend.
Damon schaut ziellos in die Ferne. Er schweigt so lange, dass ich befürchte, er würde überhaupt nicht mehr antworten. „Sie ist tot", flüstert er schließlich und als er mich ansieht, bemerke ich, dass Tränen in seinen Augen brennen.
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Hättest du mich 1864 kennengelernt
RandomDurch einen falsch verlaufenen Zauber landet Elena im Jahr 1864, wo sie neben den menschlichen Salvatore Brüdern, auch Katherine, Guiseppe und Emily vorfindet. Wie wird sie sich in dieser Zeit zurecht finden? Wird sie je wieder zurück in die Zukunft...