Kapitel 31

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Nach Damons kleiner Ansprache, habe ich mich geschlagen gegeben. Ich meine, was sollte ich erwidern? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen? Nein, das ist nicht Stefan? Wohl eher nicht. Wenn ich ehrlich bin, vertraue ich Damon im Moment mehr, als irgendjemandem sonst. Er war der einzige, der in den letzten Tagen für mich da gewesen ist.

Mir ist bewusst, dass das mehr oder weniger unvermeidlich war. Trotzdem fange ich an viel mehr Dinge aus seiner Sicht zu sehen. Er hat recht, ich kenne diesen Stefan nicht und sollte ihm daher nicht einfach so vertrauen. Ich kann überhaupt nicht einschätzten, ob er gefährlich ist oder nicht.

Im Endeffekt macht es mir erstaunlich wenig aus, ihn zusammen mit Katherine in diesem staubigen Raum zurückzulassen. Alaric meint, sie könnten nicht entkommen und da das Haus außerhalb der Stadt liegt, würde auch niemand irgendetwas bemerken. Und ja, ich bin erleichtert. Damon ist in Sicherheit. Das ist das wichtigste.

Wir gehen schweigend aus dem Haus. Ich bemerke, dass Damon mich erneut aussperrt, er vermeidet Blickkontakt, und bin sofort wieder sauer. Auf ihn und, nun ja, auf mich selbst, denke ich. Ich hätte ihn vorhin fast geküsst! Ich hatte mir geschworen erst mit ihm zu sprechen, bevor ich wieder etwas zwischen uns passieren lasse. Vor allem, da ich mir immer noch nicht sicher bin, was das zwischen uns überhaupt ist.

Ich bin froh, dass wir zwei Autos haben und somit das Privileg genießen, Kolonne fahren zu können. Ich weiß nicht, ob ich im Moment eine Autofahrt neben Damon überleben würde. Da Damon offensichtlich ähnlich verunsichert ist, steigt er bei Alaric ein, während ich mich erleichtert neben Bonnie auf den Beifahrersitz fallen lasse. Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Tatsache, das er offensichtlich lieber mit dem Vampirjäger mitfährt, der ihn noch vor einer Stunde umbringen wollte, anstatt sich neben mich ins Auto zu setzen, etwas beunruhigt.

Wir fahren eine Weile schweigend die lange Landstraße entlang. Ich beobachte die Wolken und die Bäume die ab und zu in Sicht kommen und vergesse dabei fast, dass ich nicht alleine im Auto sitze. Nur bis Bonnie mich netterweise an ihre Anwesenheit erinnert natürlich.

„Sag mal…ist da eigentlich was? Damon? Du?“ Ich schlucke und sehe sie leicht geschockt an, als sie die Frage plötzlich aus dem nichts heraus stellt. Sie grinst breit, offensichtlich amüsiert. „Hey, ich bin deine beste Freundin und ob dus glaubst oder nicht, ich würde wirklich gerne wissen, ob da etwas zwischen diesem heißen Kerl und dir läuft. Ich meine, erst erzählst du uns nicht, dass er ein Vampir ist und dann vergisst du zu erwähnen, dass es sich bei ihm wahrscheinlich um den gut aussehnesten Typ auf diesem Planeten handelt.“

Man, das kann sie nicht ernst meinen, oder? Hatte Bonnie Bennett tatsächlich gerade zugegeben, dass sie Damon Salvatore heiß findet? Ich kann mir ein breites Lächeln nicht verkneifen und schüttele schließlich ungläubig den Kopf. Das würde sie in meiner Zeit definitiv zu hören bekommen. Vorausgesetzt ich schaffe es je wieder zurück.

Erst jetzt, wird mir bewusst, dass Bonnie nach wie vor eine Antwort von mir erwartet. „Ich bin, ehrlich gesagt, nicht sicher“, meine ich leise. „Weißt du, in der Zeit aus der ich komme, bin…war ich mit seinem Bruder zusammen, Stefan.“

Bonnies plötzliche Reaktion auf meine Aussage überrascht mich. Sie hätte offensichtlich vor Schreck fast das Lenkrad herumgerissen, schafft es aber in letzter Sekunde noch auf der Fahrspur zubleiben. Ich stoße einen erleichterten Atemzug aus.  „Mit Stefan meinst du doch nicht etwa den Stefan, den wir gerade in diesem Haus zurückgelassen haben, oder?“, schreit sie dann fast und wirft mir einen abschätzenden Seitenblick zu.

Ich schüttele den Kopf. „Stefan ist normalerweise nicht so. Jedenfalls war er es nicht, als wir uns kennengelernt haben. Auch in meiner Zeit hatte ich mit meinen Eltern diesen Autounfall, nur mit dem Unterschied, dass Stefan mich gerettet hat. Ich verdanke ihm mein Leben. Er wollte nicht, dass ich in seine Vampirwelt hineingezogen werde und hatte sich daher vorgenommen, sich von mir fernzuhalten. Das hat er allerdings nicht geschafft. Wir sind schließlich ein Paar geworden.“ Ich schweige kurz, bevor ich fortfahre. „Er war immer so süß und lieb. Er war der sichere Bruder. Er war das, was ich nach dem Tod meiner Eltern am meisten gebraucht habe…“

Bonnie runzelt die Stirn und hebt dann wohlwissend eine Augenbraue. „Aber?“

„Aber…“ Ich seufze und lege meinen Kopf an die Lehne meines Sitzes. „Aber die Dinge haben sich geändert. Ich habe schon früher etwas für Damon empfunden, die Gefühle allerdings gezielt ignoriert, da ich ihn immer für gefährlich hielt. Das kann und will ich jetzt nicht mehr tun. Es stimmt, er ist gefährlich.“ Ich muss schmunzeln. „Und auch unglaublich sarkastisch und arrogant. Manchmal treibt er mich damit in den Wahnsinn. Allerdings hat er auch eine total andere  verletzliche Seite und ich denke, die kann nur ich zum Vorschein bringen.“

Ich schließe die Augen. „Wenn er mich manchmal anschaut, habe ich das Gefühl, ich wäre irgendeine Art außergewöhnlicher Schatz für ihn. Ich weiß nicht warum, doch er schafft es, dass ich mich in seiner Nähe wie eine Prinzessin fühle. Es ist aufregend und erschreckend zugleich wie viel er für mich zu empfinden scheint. Dabei ist er derjenige mit diesen fantastischen blauen Augen, in denen ich mich jedes Mal verliere, wenn ich ihn ansehe. “

Ich halte erschrocken inne. Habe ich das tatsächlich gerade gesagt und das auch noch laut?! Ich war so im Redefluss, dass ich einfach alles, was in meinem Kopf herumschwirrte, ausgesprochen habe.  Oh, man. Ich werde sofort rot. Ich traue mich nicht, mich zu Bonnie umzuschauen, da ich ihren Gesichtsausdruck lieber nicht sehen will.

Meine Freundin kichert nur. „Man, du bist sowas von verliebt in ihn“, meint sie dann fröhlich. „Du konntest mir über Stefan noch nicht einmal drei Sätze erzählen, aber ich habe das Gefühl, über Damon könntest du ein Buch schreiben.“ Sie überlegt kurz. „Und außerdem hat er ja diese total tollen Augen, nicht?“ Sie betont bewusst ihre letzten Worte.

Ich werfe ihr einen vernichtenden Blick zu, kichere dann jedoch trotzdem. Bonnie hat recht. Ich liebe ihn. Ich bin verliebt in Damon Salvatore. Und ich will mit ihm zusammen sein, egal wie das hier ausgeht. Ich kann nur hoffen, dass ich diese Erkenntnis nicht zu spät hatte.

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Gut zehn Minuten später, kommen Bonnie und ich am Gilbert-Haus an. Da Alaric und Damon noch einen Abstecher zur alten Salvatore-Pansion machen wollten, gehen wir alleine nach drinnen. Sobald wir das Haus betreten haben, fällt uns auch schon Jenna um den Hals. Sie versorgt uns augenblicklich mit zwei Tassen Tee und schiebt uns anschließend in die Stube, wo sie kurze Zeit später mit einer Kaffeetasse in den Händen ebenfalls Platz nimmt. Auch Jeremy gesellt sich zu der Runde.

Mir ist bewusst, dass sie neugierig sind. Daher gebe ich mich geschlagen und erzähle ihnen die ganze Geschichte. Sie hören gespannt zu. Jeremy wirft ab und zu etwas davon ein, wie cool er das Leben finden würde, was ich in meiner Zeit führe, und Jenna blickt mich hauptsächlich nur baff an.

Ich bin plötzlich sehr stolz, ihnen von diesen Sachen berichten zu können. Und zum ersten Mal, seit ich Damon und Stefan getroffen habe, bin ich froh über dieses außergewöhnliche Leben, was sie mir geschenkt haben. Ich bin vor allem durch Damon so viel stärker und mutiger geworden und was andere faszinierend oder unglaublich finden, ist für mich Alltag.

Wir werden erst unterbrochen, als Rick mit einigen Blutkonserven unter dem Arm das Haus betritt. Alleine. „Man sollte meinen, dass der Vampir sein Essen wenigstens selbst in den Kühlschrank bringt“, murmelt er und verschwindet dann in die Küche. Wieso ist Damon nicht bei ihm? Ich springe sofort von meinem Platz auf der Couch auf und folge ihm.

„Wo ist Damon?“, frage ich sobald ich ihn eingeholt habe. Alaric schließt schwungvoll die Kühlschranktür und blickt mich dann verurteilend an. „Er meinte er brauche etwas Abstand.“ Er seufzt. „Du solltest wenn du das nächste Mal mit Bonnie ein Mädchengespräch führen und über Stefan schwärmen willst, vielleicht daran denken, dass Vampire einige Meter weit hören können.“

Ich sehe Alaric jetzt aufrichtig entsetzt an. Dann mache ich ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz kehrt, schnappe mir meine Jacke und  Jennas Autoschlüssel-sie hatte mir ihr Auto für die Zeit die ich hier verbringe überlassen-und mache mich auf den Weg nach draußen. Dieser idiotische Vampir! Er hatte nur die Hälfte gehört und musste natürlich wieder seine Schlüsse ziehen! Und anstatt mit mir zu sprechen, wie es normale Menschen tun würde, haut er einfach ab!  Ich muss ihn finden! Ich setze mich entschlossen in Jennas Wagen, trete das Gaspedal durch und fahre in Richtung Süden. Ich denke, ich weiß, wo er ist.

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