Sofort loggte ich mich ein, öffnete das Internet und gab „Ed Sheeran" ein. Mir sprang ein grinsender Rotschopf entgegen und ich schluckte. Auf dem ersten Blick sah er ziemlich sympathisch aus, was mir die Sache erschwerte. Wieder einmal grübelte ich nach dem Grund, weshalb ich den Auftrag bekam. Was haben die Menschen gemacht, damit man ihnen den Tod wünschte?
Ich konnte dagegen nichts machen. Der Auftrag wurde mir zugeteilt und ich musste ihn erfüllen. Ende. Ich ging auf „News" und dort fand ich nur Sachen, die mir die ganze Sache noch mehr erschweren würde:
Ed Sheeran: Endlich hat er den Führerschein;
Ed Sheeran rettete bankrotte Freundin mit einem Song;
Ed Sheeran macht sich für Kate Middeltons Kinderhilfsorganisation stark;
Ed Sheeran eröffnet Altersheim;
Ed Sheeran spendet seine Unterhosen;
Ed Sheeran ist der neue König von Spotify.
Je mehr Artikel ich sah, desto größer wurden meine Zweifel und ich seufzte. „Bist du ein Fan von ihm?", unterbrach mich eine Stimme und ich sprang kampfbereit auf, weshalb der Stuhl umfiel.
Als ich sah, dass es nur der Typ von vorhin war, ließ ich meine Arme sinken und atmete durch. „Hat dich nicht zu interessieren.", brummte ich, „Hau endlich ab."
„Ist ja schon gut.", er hob abwehrend die Hände, „Ich wollte dir nur helfen." Wieso will mir eigentlich jeder helfen? Sehe ich so hilflos aus? „Aber nur mal so unter uns, du verpasst eine einzigartige Chance.", flüsterte er auf einmal und wandte sich um, um zu gehen, während ich bei einzigartig hellhörig wurde. „He, warte. Was für eine einzigartige Chance?", erkundigte ich mich und sah ihn neugierig an. „Insider Infos, aber vorhin wolltest du meine Hilfe nicht.", er zuckte mit den Schultern.
„Ich habe es nicht so gemeint.", nie würde mir ein ehrliches „Tut mir leid" über die Lippen kommen, „Wärst du so freundlich und würdest deine Zeit für mich opfern?" „Wenn man mich so lieb fragt, dann natürlich. Also...", er setzte sich hin und fing an zu erzählen, doch es wirkte so, als hätte er nur gewartet, bis ich ihn dazu auffordere. Er hat definitiv viel zu viel Freiheit.
„Irgendwie bist du ganz nett.", stellte der Unbekannte fest, nachdem er mit seiner Erzählung fertig war. Zu meinem Pech enthielt die Erzählung fast nur positive Sachen und die Negativen waren immer noch zu positiv. Wie schaffte eine männliche Person nur? Es war zum Haare raufen. Keiner war perfekt, doch überall wo man sich umhört, hört man nur perfekte Taten von Edward.
Wahrscheinlich hat er am meisten Dreck am Stecken, da von den Leuten meistens nur gutes erzählt wurde. „Ehm, ich würde mal sagen danke?", brachte ich verwirrt heraus und zwinge mich zu einem gequältem Grinsen. Besser als gar nichts. „Nimm das ruhig als Kompliment an.", grinste er und pikste mir in die Wange, „An deinem Lächeln arbeiten wir noch. Das sieht ja jede blinde Kuh, dass du gequält guckst."
Ich war etwas verwundert, dass er mich als nett bezeichnet. Schließlich habe ich fast nichts in seiner Gegenwart gesagt außer, wenn ich etwas wissen wollte. Wahrscheinlich war ich die Einzige, die sich erbarmt und ihm zugehört hat, jedoch tat ich dies aus einem bestimmten Grund: Ich brauchte diese Informationen. Zwar suchte ich jeden Menschen vorher im Internet, um dort auf eventuelle Lücken in seiner Perfektion zu stießen, dennoch war ich bei dem Auftrag noch gezwungener, da mir ja ein Stück meines Blattes fehlte.
„Was sagst du dazu? Das klingt doch gut oder? Dieses Angebot ist einmalig und jeder Fan würde das gerne mal machen.", er stupste mich an der linken Schulter an, riss mich somit aus meinen Überlegungen und mein linker Arm zuckte. Ich schaffte es zum Glück ihn noch rechtzeitig unter Kontrolle zu halten, sodass er nicht ausscherte, um sich zu verteidigen, obwohl keine erkennbare Gefahr lauerte.
„Komm schon, das wird lustig. Okay nicht unbedingt, aber du würdest endlich dein Idol kennen lernen? Wie ich dir schon erzählt habe, hat er nichts gegen Fans und liebt sie abgöttisch. Gut, manchmal sind Fans nervig, weil man selbst schlecht gelaunt ist, aber im Großen und Ganzen...und hey, vielleicht siehst du ihn dann betrunken. Das wäre noch lustiger. Oder..." „Bevor du weiter redest, was zur Hölle meinst du?", unterbrach ich ihn genervt.
Leute, die so viel auf einmal erzählen, wurden mit der Zeit anstrengend. Auf jeden Fall konnte ich solche nicht gebrauchen. Wahrscheinlich würde ich die eher umbringen, als meinem Auftrag, was suboptimal wäre. „Ich hatte dich gefragt, ob du Lust hättest bei Ed zu kellnern?", wiederholte er, „Also habe ich die ganze Zeit Selbstgespräche geführt?" „Ehm nein, hast du nicht. Ich habe dich nur nicht ganz verstanden. Bin nicht von hier.", log ich und setzte mein gequältes Lächeln auf, „Gerne würde ich kellnern. So eine Möglichkeit bietet sich nie so einfach." ..., um etwas herauszufinden.
Er strahlte mich an und fing wieder an über irgendetwas zu reden. Ich hingegen setzte mein interessiertes Gesicht auf und nickte zwischendurch. „Hast du da denn Zeit? Du müsstest einmal vorher hin, damit sie dir alles sagen können und du üben kannst.", wollte er wissen und sah mich aufgeregt an. „Wie war nochmal die Uhrzeit?", erkundigte ich mich vorsichtig. „In zwei Tagen um 16 Uhr. Achja und zieh hohe, bequeme Schuhe an. Oder zumindest Elegantere als deine Sneakers, auch wenn die am Bequemsten sind.", sagte er und sah zwischendurch auf meine Schuhe.
Wer ein Problem mit meinen Schuhen hatte, der hat auch eins mit mir. Ich liebe einfach getragene abgewetzte Schuhe. Natürlich nur von mir und ich hasse es, mir neue zu kaufen, obwohl sie irgendwann auch so aussehen werden. „Ich habe aber keine hohen Bequemen glaube ich...", murmelte ich kleinlaut und überlegte, wie ich am Besten schnell an Geld kommen könnte, um mir einigermaßen gute Schuhe leisten zu können.
Ich besaß zwar Geld, doch nicht so viel, dass mal eben ein Schuh für einmal anziehen drin war. Vielleicht sollte ich es dem auf Rechnung stellen, der mir den Auftrag gegeben hat. „Kein Problem. Ich bezahl dir welche. Wenn du fertig bist, können wir los.", er stand auf und grinste mich an, während meine Augen immer größer wurde. „Du willst mir Schuhe kaufen?", fragte ich ungläubig nach, „Das könnte ich nicht annehmen." Ich klaute zwar auch, aber dass er freiwillig für mich so etwas machen würde, ist unvorstellbar. „Klar, warum nicht?", er zuckte mit den Schultern.
„Wo ist der Haken?", erkundigte ich mich und zog meine Augenbrauen hoch. „Da gibt es keinen Haken.", gab er zu und ich musterte ihn. Besonders die Augen, die einfach sehr viel über einen Menschen aussagen. Trotzdem konnte ich nichts finden. „Damit ich das jetzt richtig verstehe: Du möchtest mir Schuhe kaufen, damit ich bei Ed kellnern kann?", hakte ich nach und er nickte, „Wieso zur Hölle machst du das?" „Weil ich nett sein möchte und mir das bisschen nicht weh tut.", antwortete er und sah mich mit einem unsicheren Blick an.
„Macht es dir wirklich nichts aus? Also tut es dir nicht weh?", mich plagte ein schlechtes Gewissen, obwohl das rein theoretisch unlogisch war. Schließlich habe ich schon mehrere Menschen umgebracht und bei so etwas bekomme ich ein schlechtes Gewissen und traue mich kaum, das Angebot anzunehmen?
„In Gewissermaßen schon, aber wenn es nicht für dich in Ordnung ist, kannst du meine Freundin fragen, ob ein paar Schuhe mir etwas ausmachen. Du kannst es natürlich auch so sehen, dass ich dir die Schuhe als Vorgeschenk gebe, damit du kellnerst.", erklärte er und ich musste sagen, dass es plausibel klang. „Nur wenn es wirklich in Ordnung ist.", gab ich nach, seufzte und stand auf. „Klar.", freute er sich und zog mich nach draußen. Vorher hatte ich natürlich noch daran gedacht, den Computer auszustellen.
Das Sachverzeichnis musste nicht gelöscht werden, da schließlich jeder nach Ed Sheeran News suchen könnte.
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The Order (Adventskalender 2015)
Teen Fiction„Du wirst diesen Auftrag erfüllen, haben wir uns da verstanden?" Stumm nickte ich vorsichtig und atmete erleichtert auf, nachdem er das Messer von meinem Hals genommen hatte. Ich weiß, dass ich keine Angst zeigen sollte, doch das war nicht so einfac...