„Hey Lisa warte mal.", hörte ich wen rufen und lachte leise.
Schafften Männer es nicht einmal etwas richtig zu machen? Es muss doch schlimm für sie sein immer der Frau nachzurennen. Plötzlich berührte mich was an meiner Schulter und ich wirbelte in Kampfbereitschaft herum.
„Oh ähm hey.", antwortete ich und ließ meine Arme langsam sinken. „Bei dir muss man ja echt aufpassen.", grinste der Typ, der mir den Job verschafft hat, „Hast du mich nicht gehört, wie ich dich gerufen habe?" „Ich habe mich irgendwie nicht angesprochen gefühlt.", gestand ich ihm und war vermutlich das erste Mal zu ihm ehrlich.
„Ist ja auch nicht weiter schlimm. Hast du den Job bekommen?", selbst im Dunkeln sah ich, wie seine Augen aufleuchteten. „Glücklicherweise ja.", nickte ich und versuchte meine Mundwinkel hochzuziehen. „Echt? Das ist ja so toll.", freute er sich und umarmte mich sogleich, jedoch ließ ich es einfach über mich ergehen.
„Ja ich freue mich auch schon.", log ich und war froh, als er aufhörte, mich zu umarmen. „Haben wir deine Schuhe wenigstens nicht umsonst gekauft richtig?", neckte er mich und ich nickte einfach nur. Ich sollte keine Schuldgefühle haben. Wenn ich klaute, hatte ich auch schließlich nie welche. In einer Art schon, aber nicht so heftige wie gerade eben.
„Hallo? Erde an Lisa. Ich habe dich gefragt, ob ich dich nach Hause bringen soll.", er wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht. „Ehm nein brauchst du nicht. Ich komme alleine klar.", schlug ich sein Angebot aus und er sah mich mit großen Augen an.
„Aber es ist dunkel und du bist alleine.", stammelte er, doch ich zuckte mit den Schultern, „Nein. Ich werde dich nach Hause bringen." „Wie ich vorhin schon gesagt habe, ich komme alleine zu Recht.", antwortete ich schnippisch.
„Lisa, an deiner Stelle würde ich lieber nachgeben. Ich kann verdammt dickköpfig sein, wenn ich etwas möchte.", warnte er mich und sah mich dabei eindringlich an. „Du hast noch nie erlebt, wie dickköpfig sein kann.", murmelte ich so leise, dass er es nicht verstehen konnte. „Was hast du gesagt?", wollte er wissen, doch ich winkte ab.
„Ich sagte du hast nervig vergessen.", brummte ich und überlegte gleichzeitig, wie ich ihn loswerden konnte. Er durfte mich nicht nach Hause bringen. Denn dann wüsste er, wo ich wohnte. Er würde über mich verfügen und nein. Es ging einfach nicht.
Niemand sollte wissen, wo ich ab und zu mal wohne oder eher gesagt schlafe. Auch nicht er.
„Na was ist, kommst du?", holte er mich aus meinen Gedanken und sah mich fragend an. „Sieh mal dahinten.", sagte ich auf einmal etwas lauter und zeigte in meine entgegensetzte Richtung. Zu meinem Glück sah er tatsächlich hin und das verschaffte mir einen kleinen Vorsprung, weshalb ich sofort los sprintete.
„Weglaufen ist keine Lösung Lisa.", rief er mir hinterher, doch ich lief weiter. Ich war mir dessen bewusst, dass es keine Lösung war, doch auf der Schnelle ist mir keine andere Fluchtmöglichkeit eingefallen.
Als ich einen Blick nach hinten wagte, wurden meine Augen immer größer. Er rannte mir doch tatsächlich nach. Verdammt. Ich legte noch etwas zu, doch immer, wenn ich nach hinten sah, konnte ich ihn noch erkennen. Er hatte echt eine gute Kondition.
Ich lief um eine Ecke und sah mich im Laufen suchend um, wo ich als Nächstes ein Versteck finde. Irgendwann müsste er doch aufgeben. Schnell lief ich in eine Seitengasse und sprang wieder einmal meine geliebte Feuerleiter hoch. Kaum berührte ich mit der einen Hand eine Sprosse, war die Andere schon bei der Nächsten.
„Lisa wo bist du?", nahm ich wahr und hörte schnell auf weiter nach oben zu wollen. Ich war schon hoch genug, er würde mich nicht sehen. Wenn ich jetzt weiter klettern würde, dann würde er mich hören und somit hätte ich mich selber verraten.
Ich blieb mucksmäuschenstill, während er noch ein paar Male mich rief, doch mir machte diese Stille nichts aus. Daran war ich gewöhnt. Nur normalerweise würde ich vor Angst noch schneller atmen und bei jedem Geräusch zusammen zucken.
Ich hörte, wie er unten fluchte und dann sah ich ihm im Licht der Straßenlaterne, was mich erleichtert aufatmen ließ. Er hatte endlich aufgegeben.
Wieso war es ihm so wichtig, mich nach hause zu bringen? Darauf würde ich wohl wahrscheinlich nie eine Antwort wissen und er machte sich wahrscheinlich jetzt auf den Weg nach Hause.
Erleichtert kletterte ich die Feuerleiter weiter hoch und kam auf einem Dach an.
Dort gönnte ich mir eine kurze Pause und sah auf mein Handy, welches wirklich schon älter war, doch ein Neues konnte ich mir nicht leisten und es würde zu schnell kaputt gehen. Außerdem war ich mit diesem äußerst zufrieden.
Ich öffnete die Nachricht, wo eine Adresse angegeben war und „Bericht". Mehr war nicht vor zu finden und ich seufzte. So lief es jedes Mal ab.
Ich holte tief Luft und machte mich dann zu der Adresse auf. Ein paar Häuser vorher wurde ich langsamer und auch leiser. Ganz leise hörte ich Stimmen, aber ich konnte nicht hören, was sie sagten.
Ich näherte mich dem Ziel und versteckte mich hinter einem dicken Baum. Vorsichtig lugte mein Kopf und ich sah zwei Menschen. Der Eine hielt ihm ein Messer an dem Hals, während der Andere vermutlich um sein Leben wimmerte. Die letzten Worte waren zwischen ihnen, bis es still geworden war.
Der Angreifer stand auf und vom Gang her erkannte ich ihn. Zuvor hatte ich nur seinen Rücken betrachtet. Er war etwas neuer in der Branche und musste noch in alles eingeweiht werden. Ich nickte ihm zu, als sein Blick meinem traf und er nickte zurück. Damit war alles gesagt.
Danach verschwand er und ließ den Menschen dort liegen, welcher sich noch ca. eine Stunde quälen würde. Früher hätte ich Mitleid gehabt, doch heute war das schon Tagesordnung bei mir. Jetzt war ich außerdem ein ganz anderer Mensch und hatte so etwas schon oft miterlebt.
Erst als ich mir sicher war, dass der Neue wirklich weg war, verschwand ich ebenfalls und suchte nach einem Ort, wo ich schlafen konnte. Zumindest ein Versuch war nötig, obwohl ich wusste, dass dies wieder einmal schief gehen würde.
Denn ich war wieder einmal Zeugin eines Mordes geworden.
DU LIEST GERADE
The Order (Adventskalender 2015)
Fiksi Remaja„Du wirst diesen Auftrag erfüllen, haben wir uns da verstanden?" Stumm nickte ich vorsichtig und atmete erleichtert auf, nachdem er das Messer von meinem Hals genommen hatte. Ich weiß, dass ich keine Angst zeigen sollte, doch das war nicht so einfac...