[Renesmee] Um Leben und Tod (Teil 2)

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[Kapitel aus Renesmees Sicht, das Lied, das ich beim schreiben gehört habe, ist wie immer als YouTube-Video neben dem Kapitel verfügabr. Viel Spaß! Und die Kommentare bitte nicht vergessen. Darüber freue ich mich doch immer so! ;)]

Ungläubig starrte ich auf die Scherben zu Sangreals Füßen und als sie wieder zusammenklappte, wäre es mir sicher ähnlich ergangen, hätte man mich nicht festgehalten. Ich wünschte, ich könnte wenigstens eine Hand bewegen, um mich zu kneifen.

Oh, was gäbe ich nur darum, jetzt mit rasendem Herzen neben Jake aufzuwachen und festzustellen, dass ich das alles nur geträumt hatte. Ich wollte die Augen aufschlagen und meine Kinder schlummernd neben mir liegen sehen. Gesund, mit kleinen schlagenden Herzen, mit Träumen und Wünschen und einer Zukunft voller endloser Möglichkeiten.

Es fühlte sich so an, als hätte es die letzten dreißig Jahre nie gegeben, als wäre die Zeit viel zu schnell verstrichen. Für Sterbliche war es gut ein Drittel des Lebens, warum also fühlte es sich für mich so schrecklich kurz an? Waren wirklich drei Jahrzehnte vergangen, seit ich mit der fliederfarbenen Decke in Carlisles Zimmer gelegen und meinen Kindern ihre Namen gegeben hatte?

Ich wollte die Zeit zurückdrehen. Ich wollte aufwachen aus diesem schrecklichen Albtraum, doch ich stand hier. Es war kein Traum. Mein Schmerz war real, meine Angst war es und mein Verlust würde es ebenso sein, wenn ich meine beiden Kinder auch noch verlieren würde, nachdem ich bereits eins durch Caius' Hand verloren hatte.

Momentan sah es zumindest so aus, als hätte wenigstens meine Tochter eine reelle Chance, diese Nacht zu überleben und ich wollte, dass sie sie nicht verschwendete.

„Mariella, geh“, sagte ich erneut zu ihr, doch mein Kind kniete noch immer vor ihrem Bruder, starrte auf den Waldboden, die Scherben fixierend, und rührte sich nicht.

„Hör auf Mum, Mariella, geh“, pflichtete mein Sohn mir bei.

Als sie seine Stimme hörte, obgleich er sehr leise gesprochen hatte, wanderten ihre Augen langsam zu ihm, dann schüttelte sie den Kopf und weinte.

„Wie kann ich jetzt noch gehen? Wie kann ich weiterleben, mit dem Wissen, dass ich dich umgebracht habe? Wie?!“

Anthonys Augen weiteten sich. Er rutschte etwas näher an seine Schwester heran und nahm ihr Gesicht in seine mit Spuren von Blut und Schlamm beschmutzten Hände. „Mariella, was redest du denn da? Das stimmt nicht und das weißt du genau. Du hast mir nichts getan. Im Gegenteil, du wolltest mir helfen.“

Sie nickte zaghaft und schluckte. „Ja, das wollte ich.“ Aus ihrer Stimme konnte ich deutlich heraushören, wie sehr sie von ihrer eigenen Tat enttäuscht war.

„Und das kannst du“, fuhr er fort und sah ihr tief in die Augen. „Indem du jetzt gehst.“

„Aber-“

„Kein Aber“, unterbrach er sie. „Ich möchte, dass du jetzt aufstehst, diesen Ort verlässt und dich nicht mehr umdrehst.“

Mariella sah ihn traurig an, während sich ihre Tränen mit dem herabfallenden Regenwasser vermischten.

„Hast du mich verstanden?“

Sie nickte erst zaghaft, dann bestimmter.

„Gut“, sagte er und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.

Anthony nahm seine Hände langsam von ihr, dann nickte er ihr zu. „Geh.“

Meine Tochter stand zögernd und mit zittrigen Beinen vom schlammigen Boden auf und ließ ihren Bruder dabei keine Sekunde aus den Augen. Wahrscheinlich war ihr noch nie in ihrem Leben ein Schritt so schwer gefallen wie dieser eine, den sie sich jetzt von ihm entfernte. Die schokoladenbraunen Augen, die sie über mich von meiner Mutter geerbt hatte, überflogen die Volturi um uns herum argwöhnisch, während sie weiter voranging. Erst als sie ein paar Meter Abstand zwischen sich und sie gebracht hatte, rannte Mariella plötzlich los.

Blood Moon - Biss in alle Ewigkeit (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt