Epilog (Finale)

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Seit Stunden beobachtete ich nun, wie die kleine Nadel die Farbe unter meine Haut injizierte. Kohlrabenschwarz war sie und stand damit in Kontrast zu meinem hellen Teint. Viel fehlte nicht mehr, noch ein paar geschickte Handgriffe Embrys und das Tattoo der Quileute-Wölfe würde an meiner rechten Schulter prangen. Dann war auch ich ein vollwertiges Mitglied ihres Stammes. Es mochte ein kleines Detail sein, jedoch eines, das eben gefehlt hatte und das ich hatte dringend nachholen wollen.

„Sehr schön“, sagte Embry, legte sein Werkzeug weg und wusch noch einmal obligatorisch mit einem getränkten Tuch über das Tattoo. Schon jetzt sah es aus, als hätte ich es mir vor einer Ewigkeit stechen lassen. Ein weiterer Vorteil den das Leben als Gestaltwandler mit sich brachte: man konnte sich Tattoos stechen lassen, ohne sie wochenlang zupflastern oder Angst vor Entzündungen haben zu müssen. Die Wunde verschloss sich Sekunden nach dem Stich, die Farbe jedoch blieb unter der Haut.

Ich betrachtete das kleine Kunstwerk im Spiegel. „Danke, Embry.“

„Gern geschehen, Ani“, antwortete er, stand auf und begann, seine Tattoomaschine zu säubern. „Ist Dr. Carlisle eigentlich noch in Italien?“

Ich schüttelte den Kopf. „Er ist Anfang der Woche nach Irland geflogen, wegen der Entbindung.“

„Achso. Und was ist mit dir?“

„Mein Flug geht heute Abend.“

Embry nickte. „Muss seltsam sein.“

Ich sah ihn fragend an. „Bald Vater zu werden?“

Nun war er es, der den Kopf schüttelte und dabei lachte. „Nein, nein. Ich meinte eher, dass ihr zuvor ein so volles Haus hattet und jetzt... na ja... nicht mehr.“

„Ich habe die Einsamkeit ohnehin immer vorgezogen. Aber selbst wenn nicht, so schlimm, wie es sich anhört, ist es nicht.“

Embry lächelte mich warm an.

Seit wir die Volturi zerschlagen hatten, fühlte es sich an, als hätte sich die ganze Welt gedreht. Es war zur gleichen Zeit erleichternd und beschwerend. Letzteres war der großen Verantwortung geschuldet, die wir uns in jenem Augenblick aufgebunden hatten, in dem wir uns dazu entschlossen, ihre Aufgaben zu übernehmen. Nun war ein Großteil meiner Familie sehr oft in Italien. Es war, als hätten wir einen Zweitwohnsitz. Ich war kaum dort. Die meiste Zeit hielt ich mich in Sangreals Nähe auf und nach Volterra zurückzukehren war das Letzte, was sie wollte. Carlisle hingegen war ziemlich häufig dort, um Marcus zu unterstützen. Da sie keinen Zirkel mehr hatten, war Aurora nun fester Bestandteil der neuen Garde. Ihre Gabe half ihnen, die Vergangenheit eventueller Straftäter und Besucher herauszufinden. Für ihre Zukunft hingegen, war Alice zuständig. Wann immer sie dort war, half Jasper ihr, aufgebrachte Gemüter zu beruhigen. Bisher hatte sich niemand getraut, 'den neuen Wächtern', wie sie allerorts umgangssprachlich genannt wurden, nicht zu gehorchen. Das war aber sicherlich auch Benjamins Hilfe zu verdanken, der sich gemeinsam mit Tia und Alexandria seinem ursprünglichen Zirkel endgültig losgesagt hatte und Carlisle in Italien zur Seite stand.

Es war nicht mehr so wie früher, ja, aber es war nicht schlechter, nur anders. Wir würden immer die Cullens bleiben und wir besuchten einander, sooft es eben ging.

Das galt auch für Rosalie und Emmett, die die Ankündigung, die sie auf ihrer Hochzeit machten, in die Tat umgesetzt hatten und zu einer Weltreise aufgebrochen waren. Wann immer sie anriefen, befanden sie sich nie am selben Ort, an dem sie beim letzten Telefonat gewesen waren.

Ihr nächster Besuch würde aber wahrscheinlich nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Rose ließ es sich nicht nehmen, das Baby zu sehen. Das war nämlich inzwischen über sieben Monate im Bauch und laut Carlisle würde es nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Einen genauen Zeitpunkt konnte er aber, genau wie zuvor bei der Schwangerschaft meiner Großmutter und später meiner Mutter, nicht nennen.

Blood Moon - Biss in alle Ewigkeit (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt