Verbündete (Teil 2: [Mariella] Wieder und wieder)

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Dieses Kapitel beinhaltet die ersten zwei, von meinen Lesern in einem Wettbewerb eingesendeten, Charaktere. Ich sage bewusst keine Namen und hoffe einfach mal, dass die glücklichen "Gewinner" ihre Charaktere wieder erkennen. Ich habe nämlich keine Änderungen, weder in Aussehen, noch Herkunft vorgenommen. In diesem Sinne: viel Spaß beim Lesen. ;)

„Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“, fragte die freundliche Flugbegleiterin. 
Ich schüttelte den Kopf, woraufhin sie sich mit einem Lächeln umdrehte und wieder ging. Die langweiligen Magazine, die in einer Halterung an der Seitenwand des Fliegers lagen, hatte ich alle schon gelesen, aber ich hatte keine Lust, mir neue bringen zu lassen und noch mehr unsinniges Zeug zu lesen. Seth war schon vor zwei Stunden eingeschlafen. Alles was ich von ihm hörte, war sein leiser Atem.
Alice hatte schlechtes Wetter sowohl an unserem Abflug- als auch an unserem Ankunftsort vorhergesehen und für diese Reise daher keinen Privatflieger gebucht.
Und nun saßen wir also hier, umringt von Menschen, in der Business Class. Es war eher selten, dass wir auf diese Weise reisten. Geld war ja, abgesehen von Zeit, jenes Gut, von dem wir garantiert am Meisten besaßen.
Gelangweilt stützte ich meinen Kopf mit meinem Arm ab. Ich wäre jetzt viel lieber Zuhause und hätte meinem Bruder ein Tier gejagt. Hoffentlich ließ Sangreal ihn nicht verhungern – oder noch schlimmer: selbst jagen. Er beteuerte zwar immer wieder, dass es ihm gut ginge und auch Carlisle hatte mir versichert, dass er auf dem Weg der Besserung war, doch ich konnte meine Sorge einfach nicht abstellen. Diese zwei schrecklichen Wochen, in denen ich fürchten musste, noch einen Bruder zu verlieren, hatten sich einfach zu sehr in mein Gedächtnis gebrannt. Wir waren nie getrennt gewesen. Es hatte nie einen von uns ohne die anderen Beiden gegeben. Wir gehörten einfach zusammen. Und die Leere, die Will hinterlassen hatte, würde sich niemals wieder füllen. Es war, als hätte ich ein riesiges Loch in meiner Seele davongetragen – und ja, ich war mir sicher, dass wir alle eine hatten, Vampir, Werwolf oder Mensch. Noch ein weiteres Loch, und ich würde auseinander brechen...
Ich warf einen kurzen Blick zu den Sitzen, auf der uns gegenüberliegenden Seite des Mittelganges. Alice und Jasper hatten einen Laptop ausgepackt und studierten eine Karte nach der Anderen auf dem kleinen Bildschirm. Ich bereute es noch immer, dass ich mich dazu breitschlagen lassen hatte, die beiden zu begleiten. Wozu war das denn gut? Wir waren ihnen ohnehin keine große Hilfe und die letzten beiden Male, hatten sie die Nomaden auch so gefunden. Wobei konnten ein Halbvampir und ein Werwolf ihnen schon nützlich sein. Im Gegenteil, wahrscheinlich schreckte Alice's und Jaspers Umgang mit Mischwesen wie uns, die anderen Vampire sogar ab. Meines Wissens nach, waren Nomaden die wildeste Lebensform aller Vampire. Sie lebten allein, maximal als Paar, hatten keinen festen Wohnsitz und waren in der Regel auf Menschenblut fixiert. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sich auch nur einer von ihnen uns tatsächlich anschließen würde, wenn er wüsste, dass es definitiv zum Kampf kommen würde. Als Zeuge daneben stehen war ja eine Sache, in eine Schlacht zu ziehen, war jedoch eine ganz Andere.
Ich seufzte. Und im selben Augenblick leuchtete das kleine Lämpchen über unseren Köpfen, welches uns signalisierte, dass wir uns für die Landung anschnallen sollten. Ich sah hinüber zu Seth, der noch immer seelenruhig schlummerte und legte ihm den Gurt um, damit er wenigstens noch ein paar Minuten länger schlafen konnte...


***

Die erste Station unserer Reise war Kanada. Alice wollte hier die nordamerikanischen Nomaden aufspüren. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass Kanada zu den größten Staaten der Erde gehörte.
Aber Alice wäre nicht Alice, wenn sie keinen Plan für dieses schier unmögliche Vorhaben hätte.
„Es ist Sommer und so unmöglich es auch klingen mag: hier fällt in diesem Monat am meisten Regen. In dieser Zeit halten sich Vampire gerne mal in den Städten auf, anstatt in der Einöde rundherum“, erklärte sie.
„Es ist also sehr wahrscheinlich das Mary und Randall sich an ihren Lieblingsorten aufhalten“, fügte Jasper hinzu.
„Moment“, warf Seth ein. „Ich dachte sie sind Nomaden?“
„Das Eine schließt das Andere doch nicht aus“, antwortete Alice lächelnd. „Nur weil sie keine feste Bleibe haben, heißt es doch nicht, dass sie keine bevorzugten Orte haben?“
„Mhm...“, murmelte mein Freund und schien offensichtlich überzeugt von dem zu sein, was Jasper und Alice ihm erzählten.
„Glücklicherweise...“, fügte Jasper leise hinzu, „Haben sich die beiden kennengelernt, als sie zu uns reisten, um Zeuge für Renesmees Unschuld zu sein und ziehen seitdem gemeinsam durch Kanada. Im Gegensatz zu damals, müssen wir sie also nicht mehr einzeln suchen.“
Ich schluckte. Für mich war das kein wahnsinnig großer Trost. Zwei Vampire hier zu finden schien für mich immer noch utopisch – und wenn dann würde es Monate dauern. Viel zu lang.

Als wir es uns wenige Tage später nach einem weiteren Tag des erfolglosen Suchens in unserem inzwischen dritten Hotelzimmer im Bett gemütlich gemacht hatten, teilte ich Seth meine Bedenken mit.
„Ach komm schon, Süße“, sagte Seth und strich mir über den Oberarm, „Versuch doch die Reise zu genießen, anstatt dauernd mit dem Kopf wo anders zu sein.“
Ich runzelte die Stirn. „Ich bin im hier und jetzt!“
„Du bist in Acworth“, sagte Seth und traf damit mitten ins Schwarze.
Ich seufzte und drehte mich von ihm weg, so dass ich nun auf dem Rücken lag und geradeaus Richtung Fernseher schaute.
„Wohin hat sich meine liebe Mariella denn verkrochen, die akzeptierte, dass ihr Bruder ein eigenes Leben führte und gern unabhängig war?“
„Das tue ich“, protestierte ich. „Das tue ich! Mehr noch, ich wünschte es wäre wieder so wie damals. Als er wochenlang nicht nach Hause kam und dann plötzlich wieder da war. Als ich genau wusste, dass er wieder kommen würde, wenn er ging. Und als ich genau wusste, dass Will uns zum nächsten Familienfest besuchen würde und ich Ani noch daran erinnern konnte, pünktlich zu sein, damit Will seine ganze Familie um sich haben konnte, wo er sie doch so selten sah.“ Während ich sprach, füllten meine Augen sich mit Tränen, aber ich konnte trotzdem nicht aufhören. „Jetzt weiß ich nur, dass Will nie wieder zu einem Familienfest kommen wird und dass Ani sich ewig selbst dafür hassen wird. Und ich kann nicht mal richtig schlafen, weil ich Angst habe, dass ihm irgendwas passiert.“
„Scht... scht...“, flüsterte Seth, zog mich an seine Brust und drückte mich.
„Was Will angeht, hast du leider Recht. Aber alles Andere wird vergehen. Und wenn wir erst mal das alles hier hinter uns gelassen haben, dann hast du etwas neues wunderbares worüber du dich freuen kannst. In den letzten Monaten ist wirklich viel Scheiße passiert, aber du musst dir immer vor Augen halten, dass es auch immer lichte Momente geben wird.“
Ich sah traurig zu ihm empor und zog die Nase hoch. „Lichte Momente?“
„Na ja, unser kleines Rudel hat ein neues Mitglied und Jake und Anthony stehen nicht mehr auf Kriegsfuß. Das hast du dir doch immer so gewünscht.“
Da hatte er natürlich recht. Aber inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, ob die Geschehnisse, die hinter uns lagen und alles was noch kommen würde, das wirklich Wert gewesen waren. Ich konnte nicht sagen, ob ich, würde man mich vor die Wahl stellen, nicht lieber den „Reset“-Knopf drücken und damit in Kauf nehmen würde, dass die Fehde zwischen meinem Bruder und meinem Vater kein Ende fand.
Ich nickte Seth zur Antwort nur stumm zu und kuschelte mich wieder an seine Brust. Als er die Arme um mich schlang und seinen Kopf sanft auf meinem bettete, sank ich in einen traumlosen Schlaf...

Blood Moon - Biss in alle Ewigkeit (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt