Vater und Sohn (Teil 2)

12.3K 241 24
                                    

Die erste Hürde war also nun geschafft. Nun war ich unterwegs zu Catrionas Haus, das sich recht außerhalb der Stadt befand. Die Äcker waren noch immer so farblos wie an jenem Tag, als ich das Haus zum ersten Mal gesehen hatte. Es wirkte noch immer etwas seltsam. Durch die hölzerne Fassade hatte es irgendwie Ranch-Charakter und es sah auch etwas krumm aus, trotzdem wirkte es so, als könne es allen Unwettern hier trotzen und stünde schon seit Ewigkeiten hier. Und wenn ich daran dachte, was Cat mir bei unserer letzten Begegnung erzählt hatte, dann lag ich damit vielleicht nicht mal falsch.

Etwas zögerlich drückte mein Finger auf die Türklingel. Danach begann ich innerlich zu hoffen, dass Cat an die Tür gehen würde und nicht ihr Vater. Ich hatte ihn noch nie gesehen, aber wenn ich Cats Geschichten glauben schenkte, dann war er wohl kein guter Umgang für mich. Vor meinem geistigen Auge stellte ich mir ihn immer vor wie einen bulligen Wikinger, mit dichtem Bart und rotem langen Haar. Und Muskeln. Und zwar nicht zu wenig.

„Tony“, sagte Cat tonlos, als sie plötzlich vor mir stand und mich aus meinen Gedanken riss.

„Hi“, sagte ich nur. Ich wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte, also beließ ich es erst mal dabei.

„Was willst du nach so langer Zeit?“, flüsterte sie fast. Wahrscheinlich war ihr Vater hinten im Haus, aber irgendwie bezweifelte ich, dass da Flüstern half. „Hast du deine Welttournee abgebrochen?“

„Was?“, fragte ich ungläubig.

„Du hast dich hier nicht mehr blicken lassen. Ich war sogar mal bei dir zu Hause, aber mir wurde gesagt, du seist nicht da und man wisse nicht mal, wann du wieder kommst. Hast du dich von deiner Familie losgerissen, um ungehindert Menschen zu töten?“

„Nein“, sagte ich entschlossen. „Ich habe in den letzten Monaten mehr als einen Fehler begangen und wenn ich könnte, würde ich alles rückgängig machen, aber das kann ich nicht. Ich kann nur die Zukunft besser machen, und dafür brauche ich deine Hilfe!“

Cats blaue Augen wanderten von oben nach unten und musterten mich. „Du siehst irgendwie anders aus“, sagte sie dann, meine Antwort ignorierend. „Irgendwie müde. Ist das bei Vampiren, die kein Blut trinken, so?“

„Das hat nichts damit zu tun“, flüsterte ich nun ebenfalls.

„Na ja, ist ja schön, dass du vom Blut losgekommen zu sein scheinst, aber bitte geh jetzt.“

Sie wollte die Tür wieder schließen, doch ich stemmte blitzschnell meinen Arm dagegen und hielt sie auf, so wie es Janes Begleiter in meinem Traum mit Mariella gemacht hatte.

„Ich mag vielleicht schwach sein“, sagte ich mit einem Anflug von Wut. „Aber ich bin immer noch stark genug, um deine Tür aus den Angeln zu heben.“

„Das würde ich dir aber nicht raten“, sagte sie. Ihr Gesicht war jetzt ganz nah an meinem.

„Ich brauche wirklich deine Hilfe, Cat.“

Ihre Augen huschten hin und her. Sie sagte nichts.

„Du sagtest, deine Art sei das Gegenstück zu den Vampiren. Heißt das, ihr könnt sie töten?“

Catriona nickte.

„Cat, ich will den größten und mächtigsten, bekannten Vampir-Zirkel der Welt auslöschen. Und dazu brauche ich deine Hilfe und die deines Vaters.“

Cat starrte mich einen Moment nur an. Was ich gerade gesagt hatte, schien ein wenig die Größenordnung, die sie erwartet hatte, zu übersteigen. „Ich kann dir nicht helfen“, sagte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. „Und mein Vater wird dir nicht helfen.“

Blood Moon - Biss in alle Ewigkeit (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt