50 Shades of Desire

Eine Entscheidung

„Stacy?", murmelt er leise und ich höre, wie sehr es ihn anstrengt.

„Ja, Linc?", frage ich und nehme auf dem Krankenhausbett direkt neben ihm Platz.

„Es ist soweit. Du musst eine Entscheidung treffen. Nimmst du mein Angebot an?"

Seufzend nicke ich. Wir sind für unsere Umwelt seit vier Jahren ein Paar, ich lebe beim ihm und jetzt will er seine letzte Schuld begleichen. Leider ist das mit einer Bedingung verbunden, die für mich zwar reizvoll, aber auch mit Risiken behaftet ist. Rache an Elena Lincoln. Und meine Rückkehr nach Seattle. Rache an der Frau, die unser beider Leben zerstört hat. Unser Leben und so viele weitere, auf so vielfältige Weise.

Linc sieht mich an, seine klugen, traurigen grünen Augen liegen tief in den Höhlen und er atmet schwer. Trotz allem, er hat mich zerstört. Und dann gerettet. Immerhin hatte er den Anstand, seinen Kollateralschaden, bei dem ich die Leidtragende war, weitgehend zu bereinigen. Und er hat nur die Rolle gespielt, die ihm seine Exfrau zugedacht hatte.

„Ja, ich werde dich heiraten. Und ich werde Elena vernichten", murmle ich und es fällt mir schwer.

Ich kann es, rede ich mir ein. Elena ist nicht das Problem. Christian wird es sein. Er weiß ja nicht, wo ich bin. Ich weiß, dass er mich sucht, seitdem ich vor vier Jahren dank Lincoln untertauchen konnte. Aus seiner Sicht habe ich seinen Hass vielleicht verdient, aber es schmerzt noch immer.

Also werde ich einen Mann heiraten, der in ein paar Tagen sterben wird, hier in Washington. Und dann werde ich den in vier Jahren erkämpften Erfahrungsschatz nutzen, um zumindest Lincs Exfrau zu vernichten. Nicht, weil sie Christians Exdomina ist. Sie war diejenige, die meine Verurteilung möglich machte, die der Presse falsche Informationen zuspielte und falsche Beweise an die Polizei weitergegeben hat.

Dazu hat sie ihren damals im Wahlkampf befindlichen Exmann erpresst, so dass Linc sich genötigt sah, die Kaution für Hyde zu stellen. Er hat seine politische Karriere auf meiner vernichteten Existenz aufgebaut. Deshalb will er mich auch heiraten und mir seine Firma vererben, wenn er stirbt. Er will seinen Fehler, der nur seinem politischen Ehrgeiz geschuldet war, wieder gut machen. Elena hatte genug Material gegen ihn in der Hand, um seinen Wahlkampf zu torpedieren. Und Linc hat genug Material gesammelt, um mich jetzt in die Lage zu versetzen, mich zu rehabilitieren und Elena zu vernichten. Er hat eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was ich tun soll.

Linc nickt mir zu, ich bin fürs Erste entlassen. Als ich gehe, ruft er mir noch heiser hinterher, dass er mich über den Termin informieren wird. Effizient wie immer, selbst an der Schwelle des Todes, trotzdem weiß ich, wie schwer es ihm immer noch fällt, zu vergessen, was er mit seinem Eingehen auf Elenas Forderungen damals angerichtet hat. Ich habe ihn schätzen und mögen gelernt, auch wenn er ein schwieriger und komplexer Mensch ist, der seine Fehler nicht gern zugibt.

Und ich gehöre deutlich unter die Kategorie Fehler, die er wieder gutmachen möchte. Ob er dadurch die Vergebung erhält, die er sich jetzt, kurz vor seinem Tod, so verzweifelt wünscht, weiß ich nicht.

Ich möchte daran glauben, mein Hass auf ihn ist verschwunden. Vier Jahre bin ich nun an seiner Seite, und er hat viel für mich getan. Ich bin nicht länger die vorbestrafte Anastasia Grey, sondern Miss Stacy Lambert, seine Stabschefin und Medienberaterin. Da ich in Washington lebe und Linc hier als Senator einiges an Einfluss hat, war eine Namensänderung kein Problem. Ich konnte nicht mehr Anastasia Steele sein, die ihren Vater und ihre Mutter verletzt hat. Ray und Carla habe ich seit meiner Verurteilung nicht mehr gesehen, die einzige kleine Feigheit, die ich mir gestattet habe. Sie müssen so sehr verletzt und enttäuscht von mir gewesen sein, die Beweislast war erdrückend. Der Schmerz in Rays Augen, als der Richter die Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft bestätigt hat, war Beweis genug, dass er es nicht verstand. Und außerdem hätte Christian mich über Ray immer wieder aufgespürt, wenn ich Kontakt gehalten hätte. Dieses Risiko konnte ich ebenfalls nicht eingehen.