Zurück nach Seattle

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Als ich am anderen Morgen aufwache, kommt mir der Vortag wie etwas vor, was nicht passiert sein kann.

Liegen wirklich mein Ex-Schwiegervater und meine Ex-Schwägerin nur Meter von mir entfernt in ihren Betten? Wenn mir das einer vor Wochen gesagt hätte – ich hätte ihn einen guten Psychologen empfohlen. Und es fühlt sich gar nicht mal übel an, dass es Menschen gibt, die mir glauben, auch ohne dass es ein offizielles Urteil gibt.

Es ist nach vier Uhr und ich quäle mich aus dem Bett. Es klopft leise und ich schnappe mir meinen Morgenmantel. Nur Luke ist ebenfalls immer so früh wach und als ich leise Herein sage, kommt er tatsächlich ins Zimmer. Er ist auch der Einzige, der mich hier drin stören darf – vor ihm habe ich keine Geheimnisse. Na ja, bis auf das Ende meines Rachefeldzuges, aber das würde er sonst nicht zulassen. Und mein Geschenk, welches Seline mit mir vorbereitet, als Dank für seine Hilfe und Loyalität.

„Die halbe Familie Grey im Haus, Ana? Seit wann laden die Schafe die Wölfe zum Übernachten ein?", brummt er und ich höre deutlich seine tiefe Abneigung und Missbilligung für diese Situation.

Also zucke ich nur mit den Schultern und setze mich aufs Bett.

„Wie viel hast du mitbekommen?", frage ich und er zieht eine Augenbraue hoch.

Lincs Haus ist an eine Überwachungszentrale angeschlossen – sowohl im Wohnzimmer als auch im Arbeitszimmer werden alle Gespräche aufgezeichnet. Nur die Privaträume sind tabu.

Linc hatte gern nach Besprechungen alles greifbar, da war er noch paranoider als Christian. Eine Angewohnheit, die man mit Montgomery als Freund und als Senator in Washington wohl annimmt. Ich habe diese Sache noch nicht geändert und Luke hat die Bänder des Abends wohl angehört.

„Deine Ex-Schwägerin wird ihren Bruder nicht lange anlügen können, das wissen wir beide. Sie geht seit der Sache mit Hyde immer noch zwei Mal die Woche zum Psychologen. Ich glaube nicht, dass es ihr überhaupt möglich ist, Christian anzulügen."

Luke macht seine Hausaufgaben immer und es gefällt auch mir nicht, dass ich Mia einweihen musste, aber es war notwendig.

„Luke, wir müssen Vertrauen haben."

Er schnaubt, und wirft mir einen Blick zu, der voller Güte ist.

„Dir hat auch keiner Vertrauen entgegengebracht, Ana, und trotzdem schaffst du es immer noch, es anderen Menschen zu gewähren. Ich werde auf jeden Fall ein Auge auf Mia haben. Wenn sie in Urlaub will, darf ich einen Vorschlag machen?"

Ich nicke und er grinst.

„Du hast Lincs Yacht zwar zum Verkauf stehen, aber noch ist sie in deinem Besitz, und die Crew ist noch acht Wochen auf deiner Lohnliste. Biete es Mia an, dann kommt Christian nicht an sie heran, falls sie von ihrer neuen Chefin Urlaub bekommt", er zwinkert mir grinsend zu, „... dann haben wir ein wenig Kontrolle in diese Situation gebracht, und Mia hat einen Luxusurlaub, der ihr vielleicht gut tut."

Der Vorschlag ist gut, und da ich Mias neue Chefin bin, sehe ich da kein Problem. Noch etwas, was ich beichten muss. Ich hoffe, sie versteht meine Beweggründe.

Ich stehe auf und nicke Luke zu.

„Lass uns etwas frühstücken und sag den Piloten Bescheid, dass sie ab neun Uhr auf Stand-by sein sollen, damit wir zurückfliegen können. Ich denke, wenn ich Mia überreden kann, dem Plan zuzustimmen, sollte sie gleich in Urlaub aufbrechen, zur Not soll ihr Mann nachkommen. Das würde jedes Risiko minimieren, dass Christian sie ausfragt."

Wir gehen aus dem Schlafzimmer und laufen im Flur Mia über den Weg. Luke, der nur eine Jogginghose und ein T-Shirt trägt, ich im Morgenmantel – und Mia sieht uns stirnrunzelnd an. Dann schüttelt sie den Kopf, nur leicht, und ich muss auflachen.

50 Shades of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt