Vater und Sohn

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Dieses Kapitelchen hat Wattpad "geschluckt" - ergo war es gar nicht veröffentlicht. Obwohl es jetzt schon zu spät ist, reiche ich es nach - und entschuldige mich für das Fehlerchen.

Ich warte auf die Nachricht meines Vaters, nachdem ich ihm eine ziemlich heftige Email geschrieben habe. Ich weiß gar nichts, aber ich hoffe, mit einem Bluff Wahrheiten zu bekommen. Ich denke, eine Unterstellung, er hätte eine Affäre mit der Frau, die er fast so sehr verteufelt, wie ich, wird ihm zusetzen.

Ich habe ihm meinen Besuch in seiner Kanzlei angekündigt und seine Sekretärin hat mir versichert, dass er nach einem Gerichtstermin gegen Mittag im Haus sein wird. Er wird nicht wagen, mich zu versetzen, vor allem, nachdem ich meinen unhaltbaren Vorwurf geäußert habe.

Mein Vater ist im Grunde seines Wesens ein integrer Familienmensch. Darauf baue ich. Und wenn ich Recht habe, und Anastasia und Stacy ein und dieselbe Person sind, bin ich Ted einen großen Schritt näher. Allerdings hat Stacy Lincoln die gleichen Möglichkeiten wie ich, sie ist reich. Allerdings ist sie auch eine verurteilte Kriminelle.

Ich werde alles dafür tun, um ihr – sollte sie Ana sein – meinen Sohn wegzunehmen. Sie hat ihn mir vorenthalten, und auch wenn mir eine kleine, leise Stimme mitteilt, dass sie gar keine Wahl hatte, hatte ich ein Recht, von Ted zu erfahren.

Allerdings habe ich Welch gebeten, die Unterlagen von damals nochmal akribisch durchzugehen. Und zwar nicht, um vorhandene Beweise zu bestätigen, sondern um zu prüfen, ob es Gegenbeweise gibt oder Unstimmigkeiten zu finden. Irgendetwas ist faul, und ich weiß nicht, was. Ich hoffe fast, mein Gefühl trügt mich, denn wenn irgendetwas an Anas Verurteilung unsauber war ... habe ich versagt. Und Fehler gemacht, die ich jetzt noch gar nicht überdenken will.

Aber die Staatsanwaltschaft hätte sie nie verurteilt, wenn es Zweifel gegeben hätte. Und auch Hyde und Elisabeth Morgan haben ihre Aussagen getrennt voneinander untermauert. Lächerlich zu denken, das alles hätte nur stattgefunden, um Ana in die Pfanne zu hauen. Wieso auch? Was hätten sie davon? Okay, Hyde würde ich es zutrauen, zum Glück ist der Mistkerl tot, aber Elisabeth Morgan? Welch soll trotzdem versuchen, sie zu finden. Und zwar mit Hochdruck, ich bin für diese Art der Überprüfung Jahre zu spät. Ein Versäumnis, das ich zu korrigieren gedenke, und das schwer auf mir lastet. Damals habe ich nur reagiert, stand unter Schock und offensichtlich habe ich dadurch nicht mit der gewohnten Effizienz gehandelt. Kein schöner Gedanke, aber ich habe auch viel verloren in dem Moment, als Ana mir am Telefon sagte, dass sie mich verlässt, da es ihr nur ums Geld gegangen wäre. Diese Aussage hat den Dämon in mir, der all mein Glück immer in Frage stellte, gefüttert.

Wenn wir uns geirrt haben – wenn Ana unschuldig war ... Oh, mein Gott ... Wenn ...

Der Gedanke ist immer präsent und macht mich wahnsinnig. Ich kann es fast nicht bewältigen, nur daran zu denken und an all die Dinge, die sie dann wegen Hyde und mir erleiden musste. Deshalb werde ich keine Aktionen mehr starten, bevor ich nicht Gewissheit habe. Keine Fehler mehr, auch wenn ich Carrick dafür ein wenig aus dem Konzept bringen muss. Aber es muss Gründe für sein Verhalten geben, und auch dafür, warum er Stacy Lincoln vor seine Familie und seine Frau stellt. Das sieht ihm nicht ähnlich, und die einzige logische Alternative ist, dass er keine Wahl hat oder sich verpflichtet fühlt.

Ein Fehler – wenn sie unschuldig war – der nicht nur sie vernichtet hat. Ein Fehler, der beweist, wie wenig ich als Ehemann taugen würde, wie wenig ich ihr vertraut habe und das, obwohl sie die einzige Frau war, die ich je lieben konnte. Ich habe ihr einmal gesagt, dass ich gut darin bin, Menschen einzuschätzen. Aber wenn ich bei ihr versagt habe...

Ich wende mich von der Skyline Seattles ab und versuche, diese Gedanken zu unterdrücken. Wir haben uns nicht geirrt. Wir hatten jede Menge Beweise gesichtet, ihre Reaktion auf meine Anschuldigungen, das Telefonat, ihr Schuldeingeständnis. Kein Mensch würde seine Schuld eingestehen, wenn er etwas nicht getan hat – und Ana war immer eine Kämpferin. Sie hat mit mir so viel durchgestanden und nie aufgegeben.

50 Shades of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt