Eiszeit

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Ich bin gestern – nach einem desaströsen Gesprächsversuch mit meinem Vater – hier in Aspen angekommen und war so wütend auf alles und jeden, dass ich auf einen direkten Besuch bei Elena verzichtet habe. Ein Mord würde mir im Moment nicht helfen und noch immer habe ich keine befriedigende Antwort auf die Frage, ob es mein Kind war, das abgetrieben wurde. Und irgendwie ist es gerade Elenas Abtreibung, die mich an einer Sache zweifeln lässt, an die ich immer geglaubt habe – nämlich dass Anas Kind nicht von mir war.

Selbst wenn sie damals mit Hyde geschlafen hat – sie hat zeitgleich auch mit mir das Bett geteilt. Und dieser spezielle Dämon sorgt dafür, dass meine Laune im Keller ist, vor allem, weil meine Exfrau nicht aufzufinden ist. Wenn sie Kontakt zu Stacy Lincoln hätte, würde ich es wissen. Diese Frau kann keinen Schritt machen, ohne dass ich davon erfahre. Noch nie war es mir so unmöglich, meinen Gegner auf Augenhöhe zu bekämpfen.

Taylor schweigt grimmig und hat in den letzten Tagen immer schlechtere Laune, manchmal starrt er ungewöhnlich lange und abgelenkt auf einen Punkt, aber ich wage nicht, zu fragen, was ihn beschäftigt. Zum einen, weil ich keine Zeit mehr für weitere Probleme habe, zum anderen, weil er wirklich ... besorgt und wütend wirkt. Seit er sich mit Luke geprügelt hatte, ist er so. Irgendetwas muss Sawyer ihm an den Kopf geworfen haben, das Taylor ziemlich aufwühlt. Obwohl ich gern wissen würde, was ihn beschäftigt, ziehe ich es noch vor, mich nicht in seine Angelegenheiten einzumischen.

Wir haben in meinem Haus Quartier bezogen und ich hatte den ganzen Abend gearbeitet, nur unterbrochen von einem Anruf von Grace. Ich verschweige ihr den Besuch bei Carrick, der mich eiskalt daran erinnert hat, dass er zum einen zwar mein Vater, aber zum anderen ein Mensch ist, der sein Privatleben nicht durch mich analysiert wünscht. Er war beherrscht und hat mich angesehen, als wäre ich Schuld an der Tatsache, dass er im Hotel lebt und eine Geliebte hat.

Eigentlich hat er mich aus seiner Suite geworfen, natürlich in seiner korrekt-höflichen Art.

Die Worte „Christian, du gehst besser, bevor wir beide Dinge sagen, die wir bereuen könnten" hatten so geklungen, als würde er nichts bereuen, was er mir an den Kopf werfen wollte. Außerdem schien er wohl zu wissen, woher mein Veilchen stammt, das langsam einen lila-gelben Ton annimmt – zumindest hat er kein Wort darüber verloren und Mia ist sein Liebling.

Mia – alleine bei dem Gedanken an meine Schwester knurre ich leise auf. Sie fährt auf der Yacht von Stacy Lincoln irgendwo in der Karibik umher – deutlicher konnte sie ihre Prioritäten und ihre Loyalität ja gar nicht bekunden! Kein Wunder, dass sie mich aus ihrem Haus werfen wollte, wenn sie dabei war, mich und unsere Mutter für einen Luxusurlaub zu verraten. Obwohl ich im Herzen weiß, dass diese Einschätzung falsch ist, ist es die einzig logische Erklärung, warum Mia Grace so brüskiert. Aus diesem Grund werde ich auch meiner Mutter bei der Gala ihrer Wohltätigkeitsorganisation zur Seite stehen müssen. Schlimm genug, dass Elena auch dort sein wird, Grace hat ihr nie verziehen, was sie mit mir gemacht hat, obwohl ich meine Freundschaft zu Elena wieder aufgenommen hatte.

Jetzt wird sich herausstellen, ob das ein Fehler war – zumindest die mir zugespielten Informationen decken sich laut Welch mit einigen der Daten, die er herausfinden konnte. Elena war offensichtlich nicht von Linc so zugerichtet worden, und auch die Abtreibung hat Welch bestätigt.

Ich habe auf ein Frühstück verzichtet und gehe zum Wagen, Taylor wartet wie abgesprochen pünktlich um acht Uhr vor dem Haus.

Er fährt mich die drei Kilometer zu Elenas Domizil. Es ist noch ruhig, die Saison hat noch nicht begonnen und ich frage mich, was Elena hier tut. Warum ist sie in Aspen, wenn doch in Seattle ihre Salons den Bach herunter gehen?

50 Shades of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt