Reise nach Washington

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Carrick kommt am Dienstagvormittag mit den Vertragsunterlagen und ich nicke ihm knapp zu, als er eintritt. Miranda hat ihn angekündigt und ich sitze in Businessoutfit in meiner Festung, damit er nicht hinter meine Fassade sehen kann. Er hat es sich nicht verdient, die Ana zu sehen, die ich wirklich bin und ich habe auch Angst davor. Ich bin zu verletzlich ohne meine Rüstung.

„Guten Morgen", begrüßt er mich und er sieht nicht glücklich aus, während er den Vertrag aus seiner Aktentasche holt und ihn mit mir durchgeht.

Immerhin hat er als Anwalt alles richtig gemacht, ich habe nur zwei kleine Änderungswünsche. Ich bitte ihn ruhig, den Vertrag dem Besitzer des „Le Chateaus" zu senden und den Verkauf zügig abzuwickeln.

„Warum tust du das? Was hast du mit Mia vor?", fragt er leise, als wir am Ende der Besprechung sind und ich kann sehen, dass er sich Sorgen um seine Tochter macht.

„Keine Angst, ich werde deiner Tochter nichts tun. Mia ist ein Opfer, wie ich. Allerdings hat auch sie alles geglaubt, was Hyde ihr aufgetischt hat. Nur, dass sie in einer Extremsituation war. Ihr nicht."

Er zuckt zusammen und ich kann sehen, wie eine leichte Röte über sein Gesicht zieht.

„Carrick, für dich mag es lange her sein, für mich ist es jeden Tag ein Teil meines Lebens. Ich bin vorbestraft und dein Sohn hat nach der Verhandlung vier Jahre lang nichts unversucht gelassen, mir einen halbwegs vernünftigen Neustart zu verbauen."

Sein Kopf fährt hoch und er sieht mich entsetzt an.

„Ihr hattet Kontakt?", fragt er verblüfft und ich schüttle den Kopf.

„Christian hatte Kontakt mit jedem meiner Vermieter, Arbeitgeber oder allen Personen, die in irgendeiner Weise Auswirkung auf mein Leben und das von Ted hatten. Mit mir selbst hat er keinen Kontakt gesucht, aber er war sehr daran interessiert, dass ich immer wusste, wer dafür sorgte, wenn ich wieder eine Wohnung oder einen Job verlor. Er war wohl der Meinung, dass eine verurteilte Frau keine zweite Chance verdiente. Dass ich zudem unschuldig war, hat bis heute keinen interessiert. Wenn Linc mich nicht aufgesucht hätte, würde ich heute noch von der Hand in den Mund leben und niemals hätte ich für Ted so gut sorgen können. Dein Enkel wäre ohne Lincoln in Armut aufgewachsen, weil der eigene Vater die Mutter fertig gemacht hat."

Carrick sieht mich total entsetzt an und ist kalkweiß. Offensichtlich hat ihm Christian diesen Teil nie erzählt oder mit seiner Familie geteilt. Carricks Blick spricht Bände, damit hatte er wohl nicht gerechnet.

„Ich fliege für ein paar Tage geschäftlich nach Washington, weil ich Verträge für den Regierungsauftrag unterschreiben muss, und würde es begrüßen, wenn du mich begleiten könntest. Übermorgen kommt der Jet und ich würde am Vormittag starten."

Mein Ex-Schwiegervater ist von dem abrupten Themenwechsel wohl überrascht und er blinzelt.

„Wenn es notwendig ist ...", sagt er defensiv und ich nicke nur.

Trotz allem, in erster Linie ist er mein Anwalt, und seine Abwesenheit wird für einige Verwirrung sorgen. Und ich würde nie auf die Idee kommen, ohne einen Anwalt Verträge zu unterschreiben. Nach der Übergabe der Fotos und der Gewissheit, dass einer von Christians Männern Carrick überwacht, könnte dieser Ausflug interessante Folgen haben.

„Ana, bitte, egal was du tun willst, Mia hat mit allem nichts zu tun."

Ich werfe ihm einen Blick zu, der deutlich signalisiert, dass ich darüber nicht reden möchte und Carrick schafft es tatsächlich nicht, mir lange in die Augen zu sehen.

„Auf Wiedersehen, Carrick. Teil mir mit, wenn der Verkauf abgeschlossen ist, ansonsten sehen wir uns Donnerstag am Sea-Tec, die Uhrzeit teile ich deiner Sekretärin mit."

50 Shades of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt