50 Shades of Desire

Vernehmung

Alek sieht mich besorgt an.

„Warum willst du da mit?", fragt er und ich seufze.

„Weil ich es hören muss. Hören will. Alek, so wie du dich wehren musstest, muss ich es auch. Und bisher ist alles nur Papierkram und schriftliches Zeug. Ich will jemanden sagen hören, dass ich unschuldig bin."

Er nickt und steht auf, er muss zum Dreh. Ich warte auf Carrick, der mich abholen wird, um zu dem Hotel zu fahren, in dem der Richter und Elisabeth Morgan in einem Konferenzraum auf uns warten werden.

Zum Glück ist heute Teds Skiausflug vorbei – egal was kommt, heute Abend höre ich meinen Liebling wieder. Die von ihm gesendete Postkarte, mit seiner kindlich, krakeligen Schrift und den Worten ‚ich hab mir noch nichts gebrochen' reicht nicht aus, um mich auch nur im Ansatz zufrieden zu stellen. Aber es ist auch wichtig, dass er Zeit alleine hat. Bald werde ich ihn wieder zurück haben und er kann mir alles erzählen. Melinda ist schon auf der Suche nach einer geeigneten Schule, und mittlerweile fiebere ich dem Tag von Teds Rückkehr insgeheim mehr entgegen, als dem Tag der Verhandlung meines Wiederaufnahmeverfahrens.

Trotzdem muss ich zugeben, ich bin nervös. Das letzte Mal habe ich Elisabeth gesehen, als sie mich in dem Van hinter der Bank abgeholt hat. Sie hat Hyde geholfen und wohl dazu beigetragen, dass ich verurteilt wurde.

„Viel Erfolg", wünsche ich Alek und er beugt sich vor.

„Dir auch", murmelt er und gibt mir einen sanften Kuss auf die Wange.
Es tut gut, jemand in meiner Nähe zu wissen, aber er fängt an, mich zu verwirren. Sein Blick ruht manchmal zu intensiv auf mir, seine Berührungen, so unverfänglich sie meist sind, dauern einen Herzschlag zu lange, und die Ähnlichkeit mit Christian, die nur zwar nur oberflächlich ist, macht es mir nicht leichter.

Obwohl ich gerne wieder jemanden in meinem Leben hätte, fürchte ich, trotz allem, meine Ansprüche zu hoch zu setzen. Niemals wieder hat mich der Blick eines Mannes so in die Knie gezwungen, wie der von Christian. Ich fühle mich sogar noch verheiratet, was albern ist. Aber mich mit weniger als ich schon hatte, zufrieden zu geben, bin ich auch nicht bereit. Außerdem traue ich niemandem mehr, und ohne Vertrauen ist jede Beziehung zum Scheitern verurteilt. Trotz allem, Alek weckt in mir Bedürfnisse, die ich mir lange nicht eingestanden habe.

Als er weg ist, gehe ich zum Spiegel und prüfe mein Outfit. Ich sehe gefasst aus, aber ich habe – zum ersten Mal seit Jahren – bewusst ein Outfit gewählt, das mich als Ana ausweist. Sawyer kocht deswegen, auf Sparflamme, aber es ist mir wichtig, Elisabeth als Anastasia gegenüber zu treten. Ich will mich wehren, als die Frau, die ich immer noch bin. Die Bluse ist schlicht, die Jeans sitzt eng und ist leger, die Converse Sneaker sind bequem.

Sawyer kommt herein und starrt mich böse an.

„Luke, hör auf. Ich muss das tun", versuche ich, ihn zu beschwichtigen.

Meine Haare sind offen und ich weiß, wie ich aussehe. Hier steht nicht Stacy Lincoln.

„Ein Foto von einem von Christians Überwachern von dir in dem Aufzug und wir sind geliefert. Entweder du ziehst wenigstens eine Sonnenbrille und ein Basecap auf, oder ich packe dich in den Kofferraum."

Ich nicke, das ist ein akzeptabler Kompromiss. Der Kofferraum klingt nicht sehr bequem. Als es klingelt, sieht Luke nach, aber es ist wirklich Carrick, der von Luke auf das Grundstück gelassen wird.

Wir begrüßen uns und er sieht ebenfalls ein wenig nervös aus. Auch er kennt alles nur aus Akten, eidesstattlichen Versicherungen und der Papierspur aus Überweisungen, Mails und Spekulationen, die Linc zusammengetragen hat. Hydes Versicherung – egal wie beeidet sie sein mag – ist letztlich auch nur die Aussage eines Toten, die ohne Beweise nur ein Indiz ist. Elisabeth ist diejenige, auf die es ankommt. Kein Gericht der Welt wird sich einem lebenden Zeugen verschließen, der alles bestätigen kann, was wir vorlegen. Carrick ist zwar sicher, dass die Unterlagen aussagekräftig sind, aber ich will keinen Freispruch aus Mangel an Beweisen oder aus Zweifel an meiner Schuld. Ich will unschuldig und entlastet aus dieser Sache herauskommen. Für mich und Ted.