Maskerade

1.7K 63 9
                                    

Ich warte neben dem Wagen, während Grace einsteigt. Sie sieht gut aus, aber in ihrem Gesicht kann man deutlich die Spuren der letzten Wochen sehen, den Kummer und die Verzweiflung. Trotz allem hat sie sich für die Gala in Schale geworfen, aber auch auf eine Maskerade verzichtet, lediglich eine grüne Maske in ihrer Hand deutet darauf hin, wo wir hinfahren. Ihr hellgrünes Kleid ist elegant und sie ist immer noch eine attraktive Frau, aber die Tatsache, dass ihr Mann sich einer Jüngeren zugewandt hat, ist ihr deutlich anzumerken. Das sanfte, stets gütige Lächeln wirkt gezwungen und aufgesetzt.

Sie begrüßt mich und ich gebe ihr einen sanften Kuss auf die Wange, als ich neben ihr auf dem Rücksitz Platz genommen habe. Dann nehme ich ihre Hand und drücke sie leicht. Elliot hat in den letzten Tagen nach ihr gesehen und ist latent wütend, weil wir ihr nicht helfen können. Carrick hat auch ihn nicht sprechen wollen, im Gegenteil, er kapselt sich von uns ab.

„Hast du was von Mia gehört?", fragt sie und der bittere Unterton in ihrer Stimme tut mir in der Seele weh.

Der Anruf bei Carrick, um ihm vom neuen Mann an Stacy Lincolns Seite zu erzählen, war ein absoluter Reinfall, er wurde erneut wütend und befahl mir, mich aus seinen Angelegenheiten heraus zu halten. Und diese Hexe hat wirklich vor, heute mit ihrem jungen Liebhaber zu erscheinen – das konnte ich in Erfahrung bringen. Ich versuche, die letzten Tage zu verdrängen, aber es gelingt mir nicht.

Ich habe ein Kind. Und keine Ahnung, wo es sich befindet. Ob es dem Jungen gut geht oder was er gerade erleiden muss. Und ich kann Grace diese Information jetzt nicht auch noch zumuten. Welch versucht, über Schulanmeldungen oder Adoptionsagenturen etwas herauszufinden, aber er musste nicht sagen, was wir alle wissen: Nur Anastasia kann uns zu Ted führen.

Und von ihr fehlt jede Spur. Mit dem Wissen um mein Kind kann ich nur schwer umgehen, weil es Zweifel streut, an Dingen, denen ich mir absolut sicher war. Wenn ich mich in diesem Punkt geirrt habe, in welchen Punkten dann noch?

Flynn, mit dem ich darüber gesprochen habe, mahnt mich zur Vernunft – und hält es für falsch, die Mutter weiterhin zu kriminalisieren. Mein Plan, mir Ted zu holen, wenn ich die Beiden finden sollte, gefällt ihm nicht. Aber darüber gibt es keinen Verhandlungsspielraum. Ein Kind bei einer Betrügerin und Ehebrecherin zu lassen, mein Kind bei meiner verlogenen Exfrau zu lassen, ist indiskutabel. Kein Richter der Welt wird mir da Steine in den Weg legen. Nicht bei meinem Vermögen und der Vorgeschichte der Mutter.

Ich versuche, den Gedanken abzuschütteln, aber seit ich weiß, dass ich einen Sohn habe, gelingt es mir nicht, ruhig zu bleiben.

Alexander Walter habe ich auch noch nicht allein erwischt, Stacy Lincoln scheint ihn vollkommen zu vereinnahmen. Seit gestern laufen Fernsehspots mit ihm, und Elena hat mich wütend angerufen, als sie es gesehen hat. Leider wird sie heute Abend auch anwesend sein. Offensichtlich hat sie sich, laut Welch, zu sehr übernommen, ihr Haus in Seattle ist auch schon Eigentum der Bank, und bis auf die Filiale in Stacy Lincolns Bürohaus sind alle anderen mittlerweile geschlossen.

Zudem habe ich gestern erfahren, wem sie die horrende Erpressungssumme bezahlt hat und das ist etwas, was ich nicht verstehe. Was hat Elisabeth Morgan, die mit Hyde gemeinsame Sache gemacht hat, mit Elena zu tun? Ging es wirklich nur um den Schutz unserer Privatsache und Vorlieben? Und warum hat sie mich nicht mit einbezogen? Es ist durchaus möglich, dass Ana da mit drin hängt, sie hat ja auch damals mit Elisabeth Morgen gemeinsame Sache gemacht. Jetzt versucht Welch, Elisabeth zu finden. Wenn diese über meine privaten Aktivitäten Bescheid weiß, warum hat sie dann nicht versucht, mich zu erpressen? Ich habe mehr Geld als Elena.

Elisabeth könnte uns zu Ana führen – und somit zu meinem Sohn. Ich werde Elena gegenüber nichts sagen, weil ich ihr nicht traue. Sie könnte unabsichtlich jemanden warnen. Oder absichtlich, wirft eine kleine, sarkastische Stimme in meinem Kopf ein. Elena sitzt ziemlich in der Tinte, seit sie die Steuernachforderung erhalten hat. Und ich werde ihr nicht noch mehr Geld in den Rachen werfen. Durch die Erpressung hat sie gezeigt, dass sie damit weder umgehen kann, noch mein Vertrauen verdient hat. Trotzdem fühle ich mich noch für sie verantwortlich. Sie hat mir auch geholfen, und das Startkapital für meine Firma habe ich von ihr bekommen.

50 Shades of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt