Kapitel 10

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Dieser Junge machte mich verrückt.
Er war zu sexy, das war unfair.
"J-Ja.", stotterte ich.
Wirklich sehr überzeugend.
Ich konnte nicht mal ein Wort gescheit sagen.
Um das alles ein wenig zu überspielen, trank ich langsam meine Cola, in der Hoffnung, ein wenig runterzukommen und meine Coolness wiederzufinden.

Wie willst du etwas wiederfinden, was du nie hattest?
Disst mich jetzt schon meine innere Stimme?

Während ich so an meinem Getänk schlürfte, blickte ich aus dem Fenster und beobachtete die vorbeifahrenden Autos, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Oberschenkel spürte, die langsam hoch und runter fuhr.
Meine Augen weiteten sich und ich verschluckte mich heftig.
Mein Kopf fühlte sich so an, als würde er gleich platzen und ich war wahrscheinlich rot wie eine Tomate.
Und was machte Jayden?

Er lachte mich eiskalt aus.

"Jayden.",warnte ich ihn.
"Madison."
Gott, mein Name klang himmlisch, wenn er ihn aussprach.
Er versuchte eine ernste Miene aufzusetzten, was ihm aber nicht wirklich gelang.
Was machte ich nur?
Das war Jayden Parker.
Ich war ein Nobody.
Und jetzt saß ich hier mit ihm um drei Uhr morgens in McDonalds und lachte mit ihm.

Als wir beide fertig mit Essen waren, fuhr er mich nach Hause.
Ich stieg ab und wir beide zogen unsere Helme ab.
"Danke", ich sah ihm aufrichtig in die Augen, "für alles."
Er verstand, dass ich damit nicht nur die Fahrt meinte und nickte nur.

"Gute Nacht, Madison."

Jetzt war ich die, die nickte.
Es war eine merkwürdige Situation für uns beide. Diese Nacht hatte uns in einer gewissen Weise ein wenig zusammen gebracht.

"Nacht.", murmelte ich in Gedanken versunken.
Gerade als ich mich umdrehen wollte, ergriff er nochmal mein Handgelenk und zog mich nochmal zu ihm.

Geschockt keuchte ich.

"Kriege ich keinen Gute-Nacht-Kuss?", schmollte er.
Oh mein Gott.

Wie konnte ein Mensch so schnell von unwiderstehlich sexy auf zuckersüß schalten?
Mit dem Zeigefinger deutete er auf seine Wange.
Mädels.
Wann kriegte ich nochmal die Chance, Jayden Parker einen Kuss auf die Wange zu verpassen?
Ich dachte: nie.
Außerdem würde Lexy ausrasten.

Also tat ich es.
Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und wollte ihm ein kleines Küsschen auf die Wange geben.
Doch nicht mit Jayden.
Im letzten Moment drehte er seinen Kopf und schon landeten seine butterweichen Lippen auf meinen.

Wie vom Blitz getroffen schubste ich ihn an seiner Brust weg von mir und brachte schnell Abstand zwischen uns.
"Oh mein Gott. Spinnst du?", meine Fingerspitzen fuhren über meine Lippen, die immernoch kribbelten.
Lachend holte er die Verschlüsse aus seinem Helm, bereit ihn anzuziehen.

"Schlaf gut Madison. Und träum von mir." Er schenkte mir noch grinsend ein Zwinkern, bevor er den Helm überzog, den Motor startete und mit so einem heulendem Motor wegfuhr, dass bestimmt die ganze Nachbarschaft aufgewacht war.

Vollkommen weg vom Fenster sperrte ich unser Haus auf, zog meine Schuhe aus und ging hoch in mein Zimmer.
Ich hatte nicht einmal geblinzelt.
War das gerade wirklich passiert?
Vor meinem inneren Auge ließ ich die letzten Minuten nochmal ablaufen und konnte es immernoch nicht glauben.

Er hatte mich geküsst.

Für manche mag das nichts Besonderes sein, doch für mich schon.
Es war nicht irgendein unbedeutender Kuss.

Er war mein Erster.

Bei der Erinnerung fühlte ich wieder dieses Kribbeln. Der Kuss war nicht länger als eine Sekunde, doch lang genug, um dieses unbekannte Gefühl auf meinen Lippen zu spüren.
Ein wenig enttäuscht war ich schon. Wie wahrscheinlich jedes Mädchen träumte ich von einem perfekten ersten Kuss. Vielleicht im Regen, bei einem romantischen Spaziergang in einem Park voller blühender Blumen oder unter dem Sternenhimmel.
Zärtlich und liebvoll sollte er sein.

Was erhielt ich stattdessen?

Ein kurzes Aufeinanderpressen der Lippen in einer Nacht, in der mich mein Bruder alleine bei irgendwelchen Kriminellen gelassen hat, ich einer Vergewaltigung entkommen bin und mit dem Aufreißer der Schule um drei Uhr morgens bei McDonalds war.
Ich konnte nicht mal sagen, dass es eine wundervolle Nacht voller strahlend heller Sterne war, denn der Himmel war bedeckt von dunkelgrauen Wolken.

Noch immer starr wie eine Statue saß ich in meinem Eulen-Pyjama auf meinem Bett, als meine Tür aufgerissen und ein total aufgelöster Adam reingestürmt kam. Er überrumpelte mich mit einer Bären-Umarmung.

"Maddy, es tut mir so unendlich leid. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich war so wütend und ich habe dich geschubst, sodass du hingefallen bist und dann habe ich dich alleine dort gelassen. Es tut mir so leid. Geht's dir gut? Wie bist du nach Hause gekommen? Ich habe dich tausend mal angerufen und bin wieder zurückgefahren, aber du warst nicht mehr da. Du-"

Ich unterbrach seinen Redeschwall, indem ich meine Hand auf seinen Mund legte und "psshht" sagte.
Seine Augen waren mit Reue und Sorge gefüllt.
"Mir geht es gut, Adam."
Er seufzte erleichtert in meine Halsbeuge und ich streichelte seine Haare.

"Wie bist du nach Hause gekommen? ", fragte er erneut.
Ich war psychisch noch nicht bereit, ihm die Wahrheit zu sagen, denn ich wusste, dass er ausrasten würde. Nach dem Vorfall vorhin traute ich ihm alles zu und wenn ich ihm jetzt sagte, dass Jayden mich nach Hause gefahren hat, würde das nicht gut enden. Dass wir noch bei McDonalds  waren, durfte ich nicht mal ansatzweise erwähnen, er würde jetzt noch zu Jayden fahren und ihn eigenhändig köpfen.

"Lass uns später reden, ja? Ich will einfach nur schlafen."

Flehend sah ich in seine Augen, er nickte verständnisvoll und verließ dann mein Zimmer, aber nicht ohne mir noch einen Kuss auf die Stirn zu geben.

Als ich wieder alleine war, kuschelte ich mich in mein Bett. Ich liebte meinen Bruder überalles und er mich auch, deswegen war ich nicht nachtragend, weil ich Streit zwischen uns beiden nicht aushielt. Spätestens am nächsten Tag würden wir so tun, als wäre nichts geschehen.
Mit einem letzten Gedanken an Jayden fiel ich in die Traumwelt:

Jayden Parker hat mir meinen ersten Kuss gestohlen.

Badboy's BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt