Tiefe Schwärze umhüllte mich. Die Luft aus meinen Lungen strömend, lag ich im Nichts.
Einzelne Luftblässchen bahnten sich den Weg durch mein Mund, um anschließend vor meinen Augen empor zu steigen- an die Oberfläche des Wassers. Nach und nach zersprangen sie, sie verschwanden, sie starben, ohne jegliche Spur von ihrer Existenz zu hinterlassen. Meine bereits schweren Augenlider wurden immer träger, bis sie schließlich zufielen. Ich hörte nichts. Absolute Stille, die jedem einen kalten Schauder den Rücken runtergejagen würde- ironischerweise war dies unmöglich, denn jeder besaß ein stätig klopfendes Herz in sich. Jeder verfügte über ein Instrument, das dessen Tempo von Largo zu Presto wechseln konnte. Es bestimmte die Höhen und Tiefen, den Rhytmus und die Dynamik des Liedes des Lebens. Jeder ergötzte sich an dieser Musik der Emotionen. Jeder außer mir.
Ein leises, kaum hörbares Wimmern riss mich augenblicklich zurück in die Realität. Dann war stille. So plötzlich wie ich es auch vernommen hatte, war es schon wieder erloschen. Schlagartig bewegte ich meinen Körper, der unter dem Wasser verweilt hatte. Zuerst meine Fingerspitzen, dann meine Hände und schließlich meine Arme. Ich hatte das Zeitgefühl schon längst verloren, ich trieb Ewigkeiten in der Leere. Nichtdestotrotz bewegten sich meine Glieder, als würden sie vor Adrenalin strotzen. Nach wenigen Bewegungen hatte ich es schon geschafft, an die Oberfläche zu gelangen. Das Wasser rieselte von meinem feuerroten Haar ab und wurde wieder eins mit dem großen Nass, in dem ich mich befand. Ich atmete tief ein, um meine Stimmbänder mit Luft zu erfüllen. Anschließend atmete ich wieder aus und öffnete meine Augen. Es war nachts- perfekt. Der Wind um mich herum säuselte leise, was untypisch für einen Herbsttag war. Herbst. Nicht mehr lange und der Ball der Vampire würde stattfinden.
Es war ein Ball, in dem Vampire und Dämonen zusammenkamen- mehr wusste ich nicht. Noch war es mir nicht erlaubt gewesen teilzunehmen, ebenso wie Subaru, Raito und Kanato. Allein Reiji und Shu hatten diesen bereits besucht, nichtdestotrotz war es ihnen untersagt, darüber zu sprechen, was dort passierte. All das, was mir bis zu diesem Moment bekannt war, war, dass Yui voraussichtlich wegen eines Rituales sterben würde. Das Ritual sollte die Einleitung einer Apokalypse darstellen, jedoch war mir dies zu verwirrend, zu vage, um es verstehen zu können. Trotzdem war ich mir dessen bewusst, dass Reiji und Shu von etwas Essentiellem wussten und es meiner Wenigkeit verschwiegen. Nicht mehr lange. Wiederholte ich in meinem Kopf.
Erneut vernahm ich ein Schluchzen, welches nicht gerade weit von mir war. Langsam näherte ich mich meinem Ziel, wie ein Tiger, der hin und her lief, bis er zuschnappen konnte. Wenige Meter vor mir hockte ein kleiner Bündel- ein Mädchen, das ihr Gesicht in ihre Knie vergrub, auf einer hölzernen Bank mit Aussicht auf das Gewässer, in dem ich gewesen war. Jetzt, wo ich mich kurz musterte, bemerkte ich nebenbei, dass ich klitschnass war. ,,Ayato?" Ein verheultes Gesicht blickte mich fragend an, nachdem sie ihren Kopf gehoben hatte, da sie meine Anwesenheit verspürte. Ohne irgendwas zu sagen, ließ ich mich neben ihr auf die Bank plumpsen und blickte nach vorn. Ich hielt es kaum aus, ihre platinblonden Haare zu sehen, ohne durch sie fahren zu wollen. Ich hielt es kaum aus, ihre großen Augen zu auf mich ruhen zu spüren, ohne in diese für alle Ewigkeit zu versinken. Ich hielt es kaum aus, ihre zartrosanen, wonnevollen Lippen zu sehen, ohne mich sofort auf ihnen zu stürzen und ihnen all das Blut auszusaugen. Wieso hielt ich mich denn überhaupt nun zurück? Ich konnte doch einfach wie immer ihr köstliches, süßliches Blut an mich nehmen und sie zu der Meinen zu machen. Ich hasste es, dass sie mich ohne jegliches vergessen hatte. Ich verabscheute meine Gefühle zu ihr. Etwas in mir wollte mehr als nur ihr Blut zu trinken. Ein kleiner Teil meiner Wenigkeit sehnte sich zutiefst nach ihr. Doch so kontrovers es sich auch anhören mag, ich fühlte mich lebendig, aufgrund dieses kleinen Teiles in mir, das mir doch so gerne einen Strich durch die Rechnung zog.
,,Was hast du gemacht?" Yui sah mich mit ihrem unschuldigen Blick an, was ich aus meinen Augenwinkel erkennen konnte. Auf meine Kleidung zeigend, ergänzte sie schließlich ihre Frage. ,,Ich war offensichtlicherweise baden-" Abrupt brach ich meinen Satz ab, Yuis Gesicht anblickend. Tränen kullerten weiterhin ihre Wangen runter. Deren Ursprung schien kein Ende zu haben, denn immer und immer mehr folgten den Tränen, die ihnen zuvorkamen.
Mein Körper schien sich plötzlich von allein zu bewegen, denn irgendwas in mir zwang mich dazu, sie in meinen Armen zu schließen.
,,Ayato?" Verblüfft über mein Handeln weitete sie ihre roten Augen, um Überraschung auszudrücken. Nichtdestotrotz war ihre Verwundung nicht so groß wie meine- wieso tat ich das überhaupt? Was geschah mit mir?
Ich hatte mir selbst versprochen, sie zu vergessen, nicht länger irgendwelche Gefühle für sie zu haben. Also wieso- wieso pochte mein Herz auf einmal, wieso wollte ich nicht, dass sie weinte, dass sie sich traurig fühlte? Wieso konnte ich sie nicht einfach aus meinem Herzen verbannen? Zitternd atmete ich aus. Ich hatte Angst vor mir selbst, da ich nicht mehr die Person war, die ich geglaubt habe zu sein...~~~~~~
Plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung nahm Ayato sie in die Arme, weshalb er Yui vollkommen aus den Konzept brachte. ,,Ayato?" Rasch wischte sie sich die Tränen weg mit ihrer rechten Hand und wollte ihn von sich schieben, als er auf einmal anfing zu zittern. Das Motiv ihres Unwohlsein waren ihre verwirrte Gefühle, dessen Ursache die Sakamaki mit ihren Spielchen waren. Ayato hingegen hatte keinen Grund, sich nicht gut zu fühlen. Andauernd war er am Lächeln und am Scherzen- er war eine frohe Persönlichkeit, dessen Stimmung kaum getrübt werden konnte. Zumindestens dachte Yui das. ,,Ist dir kalt?" Mit einem vagen Versuch aus dieser unangenehmen Lage zu kommen, klopfte sie leicht auf seinen Rücken, binnen sie in der zwanghaften Umarmung gefangen war. Doch er antwortete nicht verbal. Nein, seine Reaktion war das Wegschieben ihrer Haare und das Entblößen ihres Halses. ,,Untersteh dich!" Yuis Stirn runzelte sich wütend. Dachte er denn etwa an nichts anderes, als Blut trinken? Voller Wucht stieß sie ihn weg von sich und schaffte es, aus seiner Reichweite zu gelangen. Doch allein ein Blick reichte, um festzustellen, dass irgendwas mit Ayato nicht stimmte. Sein hämisches Standard Schlag-mich-lächeln wurde durch eine trübe Miene ersetzt, die Yui den Atem zu rauben drohte. Ayato sah nicht mehr wie Ayato aus und schien ebenso eine andere Person zu sein...
Wenige Wimpernschläge später, schien sich doch noch was zu tun. Ayato machte Anstalten, etwas zu sagen, was man anhand der Bewegungen seiner Mundwinkel determinieren konnte. ,,Yui, bitte verschwinde einfach..." mit trauriger Stimme murmelte er, jedoch hörbar genug, dass ein Vampir es hätte klar und deutlich hören können. Seine Worte versetzen Yuis Herz einen tiefen, schmerzhaften Stich. Als hätte er einen unsichtbaren Pfahl durch ihr Herz gerammt. ,,Ich kann einfach nicht mehr- bitte. Bevor du gekommen bist, war alles besser." Er richtete seinen Blick langsam auf Yui. Seine smaragdgrünen Augen stachen durch die feuerroten Strähnen durch, die sein Kopf schmückten. ,,Ich konnte jederzeit meinen Spaß haben, ohne jämmerliche Gefühle wie Reue oder Mitleid- ich war ein echter, stolzer Vampir. Doch du..." In wenigen Sekunden hatte er die Distanz zwischen sich und Yui gebrochen und hatte nun seine linke Hand um Yuis Hals. ,,Du hast irgendwas mit Ore-sama angestellt. Ich kann nur noch an dich, dich, dich und wieder dich denken." Yui schluckte hörbar, während sich seine Hand immer enger um ihre Kehle schnürrte. ,,Weißt du wie es sich anfühlt, wenn du deine eigenen Gedanken nicht mehr kontrollieren kannst?" Mit einem mörderischen Funkeln in seinen Augen blickte er in ihre und leckte sich zugleich über die Lippen. ,,Ich nehme an, dein mickriges Gehirn kennt sich so gut aus und weiß was Liebe ist. Denn genau diese Krankheit habe ich. Du hast mich angesteckt und es liegt auch an dir, mich zu heilen." Der Druck seiner Hand auf Yuis Luftröhre ließ nach, stattdessen entstand einer auf ihre Lippen, da er sich dazu entschlossen hatte, von deren süßen Nektar zu kosten. Ayato schloss seine von langen wimperngekrönten Augen und schlang seine Arme um Yuis Taille. ,,Du weißt nicht, was Liebe bedeutet..." leise fluchte Yui, bevor sie sich letzendlich Ayatos wonnevollen Kuss hingab. Das stätige Hämmern ihres Herzens, das eigentlich nicht klopfen konnte, ertönte in ihren Ohren und wollte nicht leiser werden, egal wie stark sie versuchte, es zu unterdrücken. Hoffentlich hört er es nicht, sagte sich Yui innerlich in Gedanken...
Fortsetzung folgt~
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Vampire Bride ~ Diabolik Lovers
Romance||Alternative zur Zweiten Anime Staffel || || Setzt am Ende der ersten Staffel an. || Tiefe Schwärze umhüllte mich. Die Luft aus meinen Lungen strömend, lag ich im Nichts. Einzelne Luftblässchen bahnten sich den Weg durch mein Mund, um anschließend...