,,Hört sofort auf!''
Ein rothaariger Junge, an dem sich keiner erinnern oder es gar können würde, schrie sich regelrecht die Seele aus dem Leibe. Er verfügte über eine makellose, beinahe porzellanartige Haut, die nun von einer roten Flüssigkeit verunreinigt wurde. Sein Gesicht wurde von tiefem Entsetzen überschattet. Der schneeweiße Kragen seines Anzuges wurde vom Wind zum Zittern gebracht, ebenso wie die Flammen, die auf einem Podest, das in Mitten einer großen Wiese stand, brannten. Es war ein Scheiterhaufen, welcher der dunklen Nacht ohne Sterne ein Licht schenkte. Es war ein Scheiterhaufen, der die Überreste eines blonden Mädchens verbrennen sollte. Ein Mädchen, das dem Rothaarigen mehr als die Welt selbst bedeutete.
Wie eine leblose Puppe hing sie in den Armen zweier maskierter Vampire, die sich auf jenem Podest befanden. Ihr Kopf taumelte schlaf in der Luft, bedeckt von ihren langen Haaren, die sich nach dem Boden sehnten. Jedes Mal, sobald sie kurz davor war, den Vampiren zu entgleiten und herunterzufallen, rafften sie diese wieder auf. Mehrere violette Bisse, Blutergüsse und Kratzer gaben sich zu erkennen, sobald ihr Haar ihren kleinen Hals freigab, von dem eine Kette hing, die einen Rubintropfen an sich befestigt hatte. Diese war ein Geschenk gewesen, das ihr Ayato zu ihrem Geburtstag gegeben hatte, doch nun würde sie diese nicht länger brauchen. ,,Meine Wenigkeit befiehlt es euch, sie loszulassen!'' Erneuter Protest entsprang seinen zitternden Lippen, denn er wusste genau, dass keiner auf ihn hören würde. Er konnte nicht mehr tun, als mitanzusehen, wie die Vampire das langsam aufwachende Mädchen erneut peinigten und versuchten den letzten Tropfen ihres Blutes auszusaugen, ehe sich die Prozedur wiederholte - immer wieder aufs Neuste, Ayato quälend, bis sie letztendlich starb.
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Noch immer im Halbschlaf spürte das junge Mädchen, wie sich jemand neben ihr unruhig hin und her bewegte, die Bettwäsche ihres Himmelbettes zu sich ziehend. Sie weigerte sich vehement aufzustehen, doch die Person, die sich ohne Vorwarnung in ihr Bett geschlichen hatte, beließ es nicht dabei. Sie hörte ein Schluchzen, das ihr regelrecht die Seele zerriss. Sein Atem war unregelmäßig, sein Brustkorb vibrierte nicht länger normal. Einzelne Fäden aus Mondschein fielen durch den Spalt, den ihre violetten Gardinen zwischen sich hinterließen, in den Raum und erleuchteten diesen so weit, dass Yui gerade so einzelne Silhouetten erkennen konnte. Der hölzerne Schrank, den sie jede Nacht öffnete, um passende Kleidung zu finden, wirkte nun wie ein großes Portal aus Dunkelheit auf sie, durch das unheimliche Kreaturen in den Raum gelangen konnten. Die Schuluniform, die sie an einen Stuhl angebracht hatte, verlieh dem Stuhl Schultern und somit auch irgendwie eine Art Menschlichkeit, die beängstigend schien. Yui hatte noch nie das Dunkle gemocht, und die Tatsache, dass sie nun lernen musste, in ihr zu leben, falls man es so sagen konnte, bereitete ihr wirkliche Angst. Sie war ein Vampir, ein Jäger der Nacht – oder zumindest etwas, das dem ähnlich sah.
Erneut spürte sie, wie sich Ayato, der sich seit ihrem Erwachen jede einzelne Nacht neben sie legte, bewegte. Komori Yui konnte nicht weiter zulassen, dass er litt, weshalb sie ihre Hand nach ihm ausstreckte, um ihn wachzurütteln. ,,Bitte...'' flüsterte er urplötzlich mit einer Traurigkeit, die sie hätte dem Mond, der nie die Sonne treffen durfte, zugeschrieben. Doch Ayato schien immer noch, in einem Strom der Qual gefangen zu sein. Erneut versuchte sie es, ihn zu wecken, jedoch nicht wie vorhin. Mit Bedacht ließ sie ihre Finger durch seine roten Haaren wandern, welche sich so weich wie Seide anfühlten. Anfangs hatte sie sich erst gar nicht getraut, ihn überhaupt von sich aus anzufassen. Es war viel zu viel zwischen ihnen geschehen, er hatte sie so oft verletzt, sie ausgenutzt und das ein oder andere Mal sogar beinahe getötet. Nichtsdestotrotz änderte es nichts daran, dass er ihr Leben gerettet hatte, auch wenn sie dafür ihre Menschlichkeit aufgeben musste.
Das laute Stöhnen war bereits erloschen, sodass anschließend eine Stille hereinbrechen konnte, die auf sie beängstigend wirkte. Nach einer Weile legte sie sich wieder zurück schlafen, fluchend, dass er ihre ganze Decke in Anspruch genommen hatte und dass sie bald wieder aufstehen musste. Ihr Schlafrhythmus war gänzlich durch den Wind dank der Sakamaki. Aber auch diesen musste sie nun übernehmen, denn sie wusste nicht, ob sie die Sonne überhaupt wieder spüren durfte. Der Gedanke daran, dass sie nicht mehr diejenige war, die sie vor wenigen Tagen noch gewesen war, bereitete ihr höllische Angst.
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Vampire Bride ~ Diabolik Lovers
Romance||Alternative zur Zweiten Anime Staffel || || Setzt am Ende der ersten Staffel an. || Tiefe Schwärze umhüllte mich. Die Luft aus meinen Lungen strömend, lag ich im Nichts. Einzelne Luftblässchen bahnten sich den Weg durch mein Mund, um anschließend...