Neunundzwanzig Blüten

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Verzweifelt rannte Yui in den nahe liegenden Wald- ohne jegliches Gespür für das klanglose Vergehen der Zeit. Der Wind wütete um sie, dennoch hielten die Bäume jegliche Naturgewalt von ihr fern. Es war beinahe so, als ob Yui selbst Teil der Natur war- es war so, als ob das Reich der Natur sie schützen wollte, wie eine Mutter das eigene Kind. Die abertausende Eichen floßen in ihre Sicht und verschwammen, sodass sie nur grünbraune Flecken erkennen konnte, als sie immer weiter rannte. Da sie eine Gestalt der Nacht war, spürte sie derartige Gefühle wie Erschöpfung nicht mehr. Sie war auf ewig verdammt worden, ab 18 nicht mehr zu altern. Sie musste sich von Blut ernähren- und das Schlimmste; sie hatte all ihre menschlichen Erinnerungen, ihre Weitsicht und sogar ihre eigene Persönlichkeit aufgeben müssen. Yui war nichts weiter als eine Opferbraut, die zufälligerweise am falschen Ort, zur falschen Zeit war. Sie war ein Vampir, was sie nicht mehr ändern konnte. Sie hatte es schon längst eingesehen, trotzdem klammerte sie sich oftmals an der Hoffnung, dass alles nur ein schlechter Traum wäre. Sie musste nur aufwachen und somit würde sie sich wieder in ihrem alten, zugleich bescheidenen Zimmer wiederfinden...

Als Yui eine Lichtung erreichte, welche aus einem von Tulpen übersähtem Feld bestand, hörte sie endlich auf zu rennen und ließ sich auf die Knie fallen. Unter ihr sträubte sich das feuchte, unordentliche grüne Gras und fing ihr Gewicht teilweise ab. Was denke ich mir überhaupt... Yui starrte gen der untergehenden Sonne, binnen die immer kühler werdende Brise ihre Haare sanft durchfuhr. Ich habe mit meinem Verhalten nicht nur Shu verletzt, sondern auch Ayato. Er konnte unmöglich wissen, dass ich alles über ihn vergessen hatte... Yui fluchte laut, als sie bemerkte, dass sie ihre Jacke vergessen hatte. Der kalte Wind kitzelte die nackte Haut ihrer Arme und bereitete ihr Schauder, welche ihren ganzen zerbrechlichen Körper durchströmten.
Nach einer Weile szeufte Yui und ließ sich ins kühle Nass fallen, das sie voller Freude zu empfangen schien. Die hochgewachsenen Tulpen schirmten sie zwar nun vom Wind ab, aber die Wassertröpfchen, die auf den einzelnen Blättern lagen, durchdrangen ihre dünne Kleidung ohne weiteres. ,,Wie ich wohl sterben werde..." fragte sich Yui laut. Einzelne Sterne begannen ganz langsam zu erscheinen, nachdem die Sonne den Himmel bereits allein zurückgelassen hatte. Das Vampirmädchen streckte ihre Hand zögerlich nach oben und weitete sie Richtung der Sterne aus. ,,Vielleicht werde ich dann zu den ewig glühenden Sternen gehören, die jede Nacht dem Mond Gesellschaft leisten. Lächerlich wenn ich bedenke, dass ich jetzt schon indirekt dem Mond meine Anwesenheit schenke. Ich gehöre bereits zur Nacht..." Sie ballte ihre Hand zur Faust, sodass sich ihre Fingernägel in ihre zarte Haut bohrten. ,,Wieso werde ich überhaupt sterben? Wieso kann das einfach so beschlossen werden, als wäre ich überhaupt nichts mehr Wert?" Geschlagen von ihren eigenen Emotionen ließ sie ihre Hand fallen, und somit befreite sie die Sterne, die sie in ihrer winzigen Faust gehalten hielt- oder eher gesagt ihre Hoffnungen. Ihre Augenlider wurden immer und immer schwerer, mit jeden Atemzug, den sie nahm, um ihre Stimmbänder zu erfrischen. ,,Ich wünschte, ich müsste es nicht länger herauszögern..." Ein weiterer Szeufer entkam ihrerseits, was sie nur noch verzweifelter werden ließ. ,,Wenn ich nur wüsste, wie ich Papa kontaktieren-..." mitten im Satz brach sie ab, genau wie ihr winziges Herz, als sie einsehen musste, dass es nichts bringen würde. ,,Ich bin ein Vampir, ich kann nie wieder wie ein Mensch leben..." Yui beendete ihren Monolog, als sie ihr Gesicht in ihre Hände grub. Sie versuchte die Tränen aufzuhalten, die langsam zu sprießen begannen.

Stampf... Sie hielt ihr Atem an, als sie das Nähern einer Person vernahm. Hoffentlich übersah sie diese, hoffentlich spürte diese nicht ihre Anwesenheit. Das Gras rauschte nicht weit entfernt von ihr, was ihr ein merkwürdiges Gefühl verlieh. Ihr ganzer Körper wollte, dass sie aufstand und floh. Ihre Sinne flehten sie beinahe an, genau dies zu tun. Doch ihre Glieder wollten sich kein Stück rühren. Angst fraß sich tief in ihre Knochen ein- jedoch konnte sie keinen triftigen Grund dafür finden. Irgend Etwas verriet ihr, dass etwas Schlechtes passieren würde. Die Schritte hörten genau neben ihr Ohr auf. Klopf, klopf, klopf... Der rhythmische Herzschlag von Yui fing rasend an, immer rapider zu werden, genau wie ihr Atmen. Sie konnte sich kaum überwinden, ihre geschlossenen Augen zu öffnen und der Bedrohung ins Gesicht zu blicken, doch dann tat sie es..

Vampire Bride ~ Diabolik LoversWo Geschichten leben. Entdecke jetzt