"Das hast du nicht wirklich zu ihm gesagt, oder?", fragt mich Rosalia lachend und ich schäme mich in Grund und Boden. Eigentlich wollte ich mein merkwürdiges Verhalten von gestern nur für mich behalten aber ich habe noch so viel darüber nachgedacht, sodass ich nicht anders konnte. Jetzt bereue ich es wieder ein wenig.
"Du versüßt mir den Morgen mit deiner witzig, komischen Art!"
"Das freut mich gar nicht, Rosa."
"Ich dachte immer, dass du viel zu viel nachdenkst und dir sowas nie im Leben passieren könnte aber anscheinend schaltest du das aus, wenn du verknallt bist."
Ich seufze. Ich bin nicht in Nathaniel verknallt. Das wäre mir sowieso viel zu kompliziert, da er bereits eine Anwärterin hat: Melody. Sie ist Klassensprecherin und assistiert Nathaniel öfters im Schülersprecherraum, dabei schmachtet sie ihn nebenbei heimlich an, wenn er gerade nicht hinsieht. Sie ist so ziemlich die Einzige, die in irgendeiner Weise eine Verbindung zu ihm hat. Ich persönlich finde sie ganz nett aber würde sie nicht unbedingt zu meinen Freunden zählen, als Feindin würde ich sie auch ungern gewinnen. Ich schätze sie als etwas unberechenbar ein, wenn es um ihren Traumprinzen geht.
Angekommen an meinem Spind, legt Rosalia ihre Hand auf meiner linken Schulter ab und versucht mich aufzumuntern: "Hey, das kann doch jedem mal passieren. Er wird sich schon nicht viel dabei gedacht haben, womöglich hat er es jetzt sogar schon wieder vergessen. Ich meine, so viel wie er an einem Tag neues erlernt, da ist sicher nicht viel Platz für die Worte einer etwas zerstreuten Lisa."
Ich hole mein Geschichtsbuch raus und sehe sie an. Ich stimme ihr mit einem Nicken zu. Sie weiß, was zu sagen ist, damit es einem besser geht.
Nachdem ich meinen Spind wieder verschlossen habe, gehen wir in die Klasse und setzen uns auf unsere Plätze.
Ich bemerke direkt, dass Nathaniel und Melody noch nicht da sind, was aber auch nicht gerade unauffällig ist, wenn sie genau gegenüber von Rosalia und mir sitzen.
Die Schulglocke ertönt und gleichzeitig kommen Alexy, Armin, Castiel, Amber, Charlotte, Li, Melody und Nathaniel in den Klassenraum. Nur Alexy und Armin begrüßen uns, der Rest geht stumm weiter zu seinen Plätzen. Unsicher darüber, ob ich Nathaniel vielleicht begrüßen sollte, sehe ich ihn kurz an und unsere Blicke treffen sich. Aus irgendeinem Grund verspüre ich ab diesem Augenblick schlagartig Druck und entscheide mich, einfach wieder wegzuschauen. Immerhin kann ich so nichts unüberlegtes tun.
Mr. Faraize betritt den Raum und begrüßt uns: "Guten Morgen, Schüler!"
Noch völlig neben der Spur von der üblichen Müdigkeit begrüßen ihn nur eine Handvoll von Schülern zurück. Er zieht eine Schnute, womöglich sieht er bereits voraus, dass diese Geschichtsstunde nicht sehr belebt von Mitarbeit sein wird.
"Fangen wir an. Wer kann mir etwas über den ersten Weltkrieg erzählen?"
Sofort erhebt sich meine Hand in die Höhe, um meine Vorsätze für das neue Schuljahr in die Tat umzusetzen.
"Bitte, Lisa."
"Der erste Weltkrieg ging von 1914 bis 1918. Dabei sind circa 17 Millionen Menschenleben ums Leben gekommen."
"Ja, das ist richtig aber kannst du auch noch etwas tiefer ins Detail gehen?"
"Okay ..." Ich überlege für ein paar Sekunden und fahre fort: "Er begann am 28. Juni 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien und endete am 11. November 1918 mit ..."
Ich gerate ins Grübeln.
"Mit ... Mit ... "
Das darf doch nicht wahr sein! Es will mir einfach nicht einfallen. Mit aller Anstrengung versuche ich mich zu erinnern, da hebt sich auch schon Nathaniels Hand.
"Nathaniel! Vielleicht kannst du ihr ja auf die Sprünge helfen."
"Ja, das kann ich. Der erste Weltkrieg endete am 11. November 1918 mit dem Waffenstillstand von Compiègne, der einen Sieg aus der Triple-Entente hervorgegangenen Koalition bedeutete. Des weiteren beteiligten sich 40 Staaten am umfassendsten Krieg der Geschichte und dabei standen insgesamt annähernd 70 Millionen Menschen unter Waffen."
"Danke, Nathaniel. Das reicht fürs Erste, sonst nimmst du mir noch den Unterrichtsstoff für diese Stunde vorweg", lacht Mr. Faraize und Nathaniel stimmt mit ein. Und wo ist der Dank für meinen Beitrag? Anscheinend nicht vorhanden, weil Nathaniel es besser gemacht hat, als ich. Hätte ich mir denken können, dass sobald ich ins Stocken gerate, er mich mit seinem Wissen in den Schatten stellt. Genervt stütze ich mit dem Arm meinen Kopf auf dem Tisch. Meine Motivation ist gerade ein Stück zurückgegangen. Nathaniel ist für mich eine starke Konkurrenz im Unterricht. Um das zu ändern, müsste ich es ihm gleich tun: Lernen, lernen, lernen. Leichter gesagt als getan.
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Der unnahbare Schülersprecher? | Sweet Amoris - Nathaniel FF [ABGESCHLOSSEN]
FanfictionLisa ist bereits seit einem Jahr auf dem Gymnasium Sweet Amoris. Sie hat sich eingelebt, neue und alte Bekanntschaften gemacht und gibt ihr bestes, gute Noten zu schreiben und somit einen erfolgreichen Abschluss zu erlangen. Doch im neuen Schuljahr...