2012
-1239-
Manchmal passiert etwas, mit dem du nie gerechnet hättest.
Und das Jay in unser Leben trat war eines davon.
Alec würde sich nachts manchmal aus dem Haus schleichen. Er sagte er wäre bereits 17 und wollte sich nicht alles gefallen lassen, was Felipe sagte.
Er war schon immer jemand der sich ungern an die Regeln hielt.
Es war mitten in der Nacht als Alec leise zu mir ins Zimmer tappte.
'Xavier du musst mir helfen.' Flüsterte er mit Panik in seiner sonst eher festen Stimme. Verschlafen, stand ich auf.
Ich wollte ihn nicht enttäuschen.
Nicht, nachdem ich es schon zu oft getan hatte.
Es war mir damals ein Rätsel warum Alec ausgerechnet mich um Hilfe gebeten hatte und nicht Caleb.
Vielleicht weil sie an dem Tag gestritten hatten.
Oder vielleicht, weil Caleb nie wirklich Geheimnisse für sich behalten konnte.
Wir liefen leise raus und als wir aus dem Haus waren fing Alec an zu rennen.
Und erst da fiel mir auf, dass er kein T-Shirt anhatte.
Ich rannte ihm fragend hinter her.
Die Müdigkeit war verflogen und nichts als Verwirrung blieb zurück.
Wir rannten durch die Straßen, unsere festen Schritte hallten auf dem Beton als wir in eine kleine Abzweigung bogen. Die einzelne Laterne tauchte die Gosse in ein gelbliches Licht.
Mir war nicht wohl bei der Sache und ich blickte mich immer mal wieder um. Alec lief weiter rein und hielt schließlich hinter dem Müllcontainer an. 'Komm her.' Seine Stimme schnitt in die unheimliche Stille, die uns umgab. Unsicher lief ich zu ihm und mir stockte der Atem, als ich den Jungen hinter dem Müllcontainer sah.
Alecs Shirt war um sein Bein gewickelt und in ein tiefes rot getaucht.
Das Gesicht des Jungen war durch das viele Blut kaum zu erkennen.
'Hilf mir ihn hochzuheben.' Kam es von Alec der sich bereits vor ihn gekniet hatte.
Wir trugen ihn zu uns Nachhause und setzten ihn in Alecs Bad ab.
Ich stand hilflos da und wusste nicht was ich tun sollte als Alec ihm vorsichtig die Klamotten abstreifte.
Er bat mich ihm den erste-Hilfekasten zu holen während er das getrocknete Blut wegwusch.
Der Kasten war in der kleinen Abstellkammer, neben der Küche.
Ich versuchte so leise wie möglich die Stufen runterzusteigen, jedoch knirschten sie bei jeder Bewegung.
In der Kammer angekommen, musste ich zwischen den ganzen anderen Sachen herumwühlen.
Eilig schob ich alles zur Seite, bis ich Felipes Stimme hinter mir hörte. 'Was machst du?' Fragte er mich erschöpft. Als er den erste Hilfekasten in meiner Hand sah, war die Erschöpfung wie weggeblasen.
Er folgte mir hoch ins Badezimmer und als er den Jungen sah, nahm er mir ohne zu zögern den Kasten aus der Hand und versorgte ihn.
'Wo habt ihr ihn gefunden?' Fragte Felipe an Alec gewandt, während er den Messerschnitt an seinem Bein desinfizierte.
Also erklärte Alec wie er aus dem Haus geschlichen war, um Luft zu holen und als er an der Gosse vorbeikam, hörte er wie ein Mann auf den Jungen einschlug. Er war wohl hochalkoholisiert und bevor Alec eingreifen konnte hatte er ein Messer gezückt.
Zum Glück konnte er aber schlimmeres verhindern. Stolz erzählte er, wie er den Mann überwältigt und verjagt hatte.
Nachdem die Wunden des Jungen versorgt und der Schnitt an seinem Oberschenkel vernäht war, legten wir ihn in Alecs Bett.
Uns blieb nichts übrig als mein Bett zu teilen und als wir nebeneinanderlagen, sagte Alec was, dass mir bis heute unglaublich viel bedeutete. 'Danke, ohne dich hätte ich es nicht geschafft, ihn herzubringen.'
Ein Lächeln zierte mein Gesicht bis ich schließlich einschlief.2012
-1240-
Der Morgen danach, veränderte nicht nur das Leben des Jungen, sondern unseres auch.
Sein Name war Jay.
Der Mann, der ihn so zugerichtet hatte, war sein Stiefvater, bei dem er aufgewachsen war.
Als Felipe davon hörte, stand die Entscheidung fest.
Wir würden ihn bei uns aufnehmen.
Lorena kaufte Sachen für ihn ein und wir richteten sein neues Zimmer her.
Ich hätte niemals damit gerechnet.
Niemals daran gedacht, einen neuen Bruder zu bekommen.
Doch genau das hatte ich.
Unsere Familie hatte einen Neuzugang und jeder nahm ihn mit offenen Armen auf.
Heute noch denke ich darüber nach, was gewesen wäre, wenn Alec sich nicht rausgeschlichen und ihn gefunden hätte.
Was wäre passiert, wenn er nicht früh genug eingegriffen hätte?
Eines stand fest, Alec hatte ihm das Leben gerettet.'"Jolene?!" Schrie Aaron in die Wohnung und ich legte das Buch schnell zur Seite.
"Ja, hier!" Gab ich zurück und wischte einzelne Tränen weg.
Oh Gott, diese Bücher machten mich emotional fertig.
Es war ein Wunder, dass ich überhaupt noch Tränen produzieren konnte.
Aaron trat ein und sein Gesichtsausdruck, ähnelte dem, einer besorgten Mutter."Alles okey?" fragte er und setzte sich neben mich.
"Klar." Antwortete ich nur schwach. Nichts war okey.
Ich hatte Xavier mittlerweile seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Die einzigen Leute mit denen ich noch redete waren Aaron und Grace.
Ich wusste nicht wirklich was ich machen sollte. Natürlich, liebte ich Xavier und ich würde unsere Beziehung nicht einfach über den Haufen werfen, vor allem nicht nachdem er sich mir geöffnet hatte. Aber ich musste mich einfach an den Gedanken gewöhnen, dass sie nicht wirklich die waren, für die ich sie anfangs hielt.
Es war einfach so surreal. Die ganze Gang-Sache, der Drogen Handel und die Morde.
Es war wie Xavier geschrieben hatte, etwas mit dem ich niemals gerechnet hätte.
Trotzdem wusste ich bereits, was ich tun würde, wenn ich die Bücher fertiggelesen hatte.
Nämlich, mich in einen Bus setzen und Xavier zurückholen.
Ich litt ja jetzt schon an der Xavier-Entzugs Krankheit.
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Mute. |✔
Humor♧Das 3. Buch der Monteiro-Reihe.♧ 》18.03.16 #1 in Jugendliteratur《 》11.01.17 #1 in Humor《 Xavier Monteiro war stumm. Und das seit zehn Jahren. Sein Kopf steckte immer in dem schwarzen Buch, in welches er ununterbrochen schrieb. Aber keiner wusste...