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Völlig überrumpelt blieb Felipe am Waldrand zurück. Sein Verstand war wie vernebelt, er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Tayanara. Was für ein wunderschöner Name. So plötzlich wie sie aufgetaucht war, war sie nun auch wieder verschwunden. Er hätte sie gerne gefragt, ob sie wieder kommen würde. Er hätte sie gern so vieles gefragt. Wo kam sie her? Lebte sie im Wald? Ganz alleine?

Aber sie hatte ihn unterbrochen. Sie war sehr distanziert, als ob er eine Gefahr darstellen würde. Plötzlich wurde ihm klar, dass es wahrscheinlich genauso war. Er war ein fremder Mann, der ihr folgte. Trotzdem ließ sie ihn für den Rest des Tages nicht mehr los.

Aber die Arbeit rief. Die Pause war vorbei.

Einer der Bagger hatte einen neuen Stapel Bäume abgeladen, den es zu zersägen galt. Jeder einzelne Baum tat ihm im Herzen weh. Nur solange er an etwas anderes dachte und abgelenkt war, ging es.

Die anderen Männer stellten sich rechts und links von ihm auf, einige bestiegen wieder ihre Bagger und weiter ging die Arbeit. Sie sägten und schwitzten.

"Hey, ich hab gestern gehört, dass wir bald fertig sind hier. Der alte Drecksack hat jetzt wohl genug Holz für seine Blockhütte in den Alpen." Die anderen Männer lachten über die grobe Ausdrucksweise und über "den alten Drecksack", und Felipe lachte mit, aber vor Erleichterung. Hatte das dann endlich ein Ende?

"Ach was, das ist ein riesen Geschäft. Der wär ja blöd, wenn er jetzt aufhören würde. ", sagte ein anderer und spuckte auf den staubigen Boden. Felipe wandte sich angewidert ab.

Er blickte auf, in den Wald, und plötzlich meinte er, etwas Helles zwischen all dem Grün zu entdecken. War sie das etwa? War sie zurückgekommen? Wegen ihm?

Ohne Kontrolle darüber zu haben, hob er die Hand, um zu winken. Genauso schnell wie sie erschienen war, war sie wieder verschwunden. Die Blätter bewegten sich im leichten Wind und es sah aus, als wäre nie jemand da gewesen.

Eine kleine Stimme der Vernunft flüsterte in seinem Kopf, dass, sollte sie tatsächlich im Wald leben, er und die anderen Männer sehr seltsam aussahen und es nur die reine Neugierde war, die sie zurückgetrieben hatte. Er verdrängte diese Stimme. Er wollte aus irgendeinem Grund glauben, dass sie nur wegen ihm geblieben war.

"Jo, Felipe, winkst du jemandem?" Er starrte seine Hand an, die bewegungslos in der Luft hing.

"Ähm...nein, sorry." Schnell wischte er sich damit über die Stirn, um ihr eine Aufgabe zu geben. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Vielleicht saß sie immer noch auf diesem Baum und beobachtete ihn. Dann musste er sie noch einmal aus der Nähe sehen. Noch einmal mit ihr sprechen. Das letzte Gespräch hatte viel zu abrupt geendet.

"Jungs, ich geh schnell pissen." Er stellte seine Säge an den Rand und ging auf den Waldrand zu, den Blick in die Bäume gerichtet.

"Haha, willst du etwa von den Bäumen runter pinkeln?", schrie Santiago ihm hinterher. Felipe schüttelte den Kopf und zeigte ihm den Mittelfinger. Die anderen Männer lachten. Felipe stellte sich an den Rand, direkt vor den Baum, wo ihr Kopf hervorgeschaut hatte. Scheinbar desinteressiert ließ er seinen Blick dann nach oben schweifen. Dort saß aber niemand mehr. Enttäuscht knöpfte er die Hose auf.

Sie war fort. Oder war sie überhaupt je da gewesen?

»»»«««

Na Mädchen, hast du schön gesammelt?", ertönte eine Stimme, sobald Tayanara einen Fuß in ihr Dorf setzte. Kari kam gelassen auf sie zu.

"Ähm... ja. Nein. Na ja. Es war heute nicht so viel zu finden, da waren die Vögel ganz schön am Werk", stotterte Tayanara und versuchte, eine Ausrede zu erfinden. Mit den Händen versuchte sie, ihr fast leeres Noken auf dem Rücken zu verdecken.

Amazona GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt